Wetter/Herdecke. Zu Fuß sind die Autoren Patrick Bierther und Kay Gropp durch das östliche Ruhrgebiet gegangen. Ihre Wege führten sie auch durch heimische Gefilden.
Das Wandern ist des Müllers Lust heißt es in dem bekannten Volkslied. Doch nicht nur Müller wandern gerne, sondern auch Patrick Bierther und Kay Gropp. Die beiden haben dazu sogar ein Buch geschrieben, das jüngst im Klartext-Verlag erschienen ist: „Wanderglück Industriekultur. Zu Fuß durchs östliche Ruhrgebiet“. Ihre Tour führte sie natürlich auch in heimische Gefilden. Herdecke beispielsweise bekommt ein ganzes Kapitel zugeschrieben.
160 Seiten
Auf 160 Seiten entführen die Autoren ihre Leser zu Ankerpunkten der Industriekultur im östlichen Ruhrgebiet: zur Hattinger Henrichshütte, zum Muttental als Wiege des Bergbaus in Witten, zur Dortmunder Kokerei Hansa, zum Schiffshebewerk in Waltrop, zur Lindenbrauerei in Unna und zu vielen weniger berühmten, aber ebenso besuchenswerten Zeugnissen der Industriekultur. Und zwischen produzierenden und stillgelegten Anlagen liegen gleichermaßen sehenswerte Grün- und Uferzüge. Und genau dort kommt Herdecke ins Spiel.
„Die Kraft des Wassers - Viel Energie in Herdecke“. Mit diesen Worten ist das Kapitel überschrieben und wer sich ein wenig auskennt, ahnt schon, worauf Autor Kay Gropp anspielt. Natürlich, das Pumpspeicherwerk am Hengsteysee. Gropp bezeichnet es als Ankerpunkt. Denn seine Route beginnt und endet am Parkplatz Bleichstein. Insgesamt 8,91 Kilometer ist er unterwegs und braucht dafür gut 3 Stunden. Sein Weg führt ihn über den Sonnenstein hinauf zur Teufelskanzel mit dem Blick über das Ruhrtal und letztlich über die Ruhrhöhen in „sanfter Neigung wieder hinunter ans Ufer des Hengsteysees“.
Die Touren im Überblick
Tour 1 „Creativer“ Strukturwandel mit Vorbildfunktion: Rund um Dorstens Zeche Fürst Leopold
Tour 2 Eine Mühle, eine Zeche und ein Stahlwerk: Von Hattingen nach Bochum und entlang der Ruhr zurück
Tour 3 Herzschlag aus Stahl: Kolossale Hinterlassenschaften des Bochumer Vereins
Tour 4 Schöner wohnen in Bochum und Herne: Siedlungstour rund um die Zeche Hannover
Tour 5 Kohlen unter den Sohlen, Edelstahl im Blick: Auf schattigen Wegen durchs Muttental in Witten
Tour 6 Am Kanal entlang: Vom Schiffshebewerk zur renaturierten Emscher
Tour 7 Die Kraft des Wassers: Viel Energie in Herdecke
Tour 8 Koks und Kohle: Von der Kokerei Hansa zur Siedlung Eving und zurück
Tour 9 Neues Leben am See: Quer durch Dortmund an der Emscher entlang
Tour 10 Vom Schloss der Arbeit zum Schloss des Adels: Rund um Dortmunds Zeche Zollern
Tour 11 Jugendstil und das Ei des Colani: Von Zeche zu Zeche durch Waltrop und Lünen
Tour 12 Große Fernsicht vom Großen Holz: Die Geschichte Bergkamens an einem Tag erleben
Tour 13 Brauerei und Bergbau: Unna südlich umrunden
Tour 14 Dem Strukturwandel bei der Arbeit zuschauen: Über Hamms Halden zum Hammerkopfturm
Zur Wegbeschaffenheit schreibt Gropp: „Etwa die Hälfte der Strecke verläuft über Asphalt, die andere Hälfte über losen Untergrund. Einige kurze Abschnitte, die zum oberen Stausee führen, sind steil, schmal und steinig. Es gibt eine Alternative, auf der man den See allerdings nicht sieht.“ Der Autor beschreibt im Buch beide Wege. Doch nicht nur die Routen sind aufgeführt. Die Leser dürfen ein stückweit mitwandern, denn Gropp erzählt auch, was er am Wegesrand sieht, ohne gleich zu detailliert zu werden. „Es gibt links und rechts Trampelpfade, die davon erzählen, dass hier auch mal Mountainbiker den Weg hektisch kreuzen könnten“, heißt es in einer Passage.
Zusatzinformationen
Touristen, die sich vielleicht nicht ganz so gut im Ruhrgebiet und mit der Industriekultur auskennen, bekommen außerdem wichtige Zusatzinformationen in Kästchen mit Bild am Rande der Wegbeschreibungen, beispielsweise über das Pumpspeicherkraftwerk oder das Laufwasserkraftwerk Stiftsmühle. Wer die Tour erfolgreich hinter sich gebracht hat, bekommt noch drei Einkehrtipps. Herdecker wissen, dass es die in ihrer Stadt gar nicht braucht. Schließlich ist die Stadt an den Ruhrseen quasi ein gastronomisches Schlaraffenland.
Die Autoren
Patrick Bierther wurde in Essen-Werden geboren, als dort Bergbau und Textilproduktion ihrem Ende entgegengingen. Er arbeitete auf zwei Zechen, freilich nicht als Berg-, sondern als Öffentlichkeitsarbeiter. Seine journalistische Ausbildung erhielt er bei Ruhrgebietszeitungen. Ein Studium in Berlin, mehr als 20 Bücher und viele, viele Artikel später wohnt er nun wieder an seinem Geburtsort – auch darin ist er ein typischer Ruhrgebietler.
Kay Gropp wurde ungefähr auf dem Höhepunkt der deutschen Kohleförderung in Essen geboren. Wanderungen in der Jugend mit den Eltern und später mit dem Alpenverein führten ihn auf einige Gipfel in den Bergen. Dass er dann Geschichte studierte, als Reporter für den WDR über das letzte Ausdrücken der Kokerei Zollverein berichtete und heute in einer alten Zechensiedlung wohnt, ist sicher Zufall. Aber Wandern und Industriegeschichte passen schon zu ihm.
Am Ende einer jeden Tour, Herdecke ist unter Tour 7 zu finden, gibt es eine Wanderkarte mit der eingezeichneten Route samt Start- und Zielpunkt, Bushaltestellen, Parkplätzen, Gastronomie, Aussichtspunkten und Hinweisen auf Familienfreundlichkeit, Industriekultur und Naturerlebnisse.
GPX-Dateien
Wer eher digital unterwegs ist, sich den Wanderführer aber zum Schmökern in der Hinterhand halten will, der ist mit dem Buch jedoch ebenfalls gut bedient, denn alle Touren sind auch als GPX-Daten beim Verlag erhältlich, wie es am Ende des Wanderführers heißt. Außerdem gibt es dort noch einen Hinweis, dass alle aufgeführten Zeiten reine Gehzeiten sind, es aber auf den vorgestellten Touren so viel zu entdecken gibt, dass Wanderer unbedingt mehr Zeit einplanen und sich Proviant einpacken sollten.
Der Wanderführer ist am 16. September im Klartext-Verlag erschienen und kostet 18,95 Euro. Er ist in allen Buchhandlungen unter der ISBN 978-3-8375-2578-6 erhältlich oder bestellbar.