Herdecke. Dana Deußer (31) wollte als Ausbilderin vieles besser machen. Das scheint der Friseurmeisterin aus Herdecke gelungen zu sein.
Meister fallen nicht vom Himmel. Nicht einmal ausgezeichnete Azubis. Aber es lässt sich viel dafür tun. Dana Deußer weiß offenkundig, was: Sie ist wie ihre Mutter Heike Friseurmeisterin. Zwei Auszubildende hat sie im gemeinsamen Betrieb am Kirchender Dorfweg bereits begleitet. Beide sind von der Kreishandwerkerschaft ausgezeichnet worden. Eine zufällige Häufung von Talenten? Da gibt es vielleicht doch noch eine bessere Erklärung.
Beispielsweise Dana Deußlers Lust an der Ausbildung. Schon auf ihrem Weg zur Meisterprüfung hat sie das gespürt. Eine Unterweisungsmappe gehörte zu den Aufgaben. Auch einen praktischen Teil gab es. Ein Prüfer spielte einen Lehrling, Dana Deußer die Ausbilderin. „Das hat mir riesigen Spaß gemacht“, erinnert sie sich und spricht von ihrem Interesse an Pädagogik, Psychologie oder Kommunikation. „Ich wollte das umsetzen am Menschen.“
Chemie muss stimmen
Bei Bianca, ihrer ersten Auszubildenden, hat Dana Deußer dann gemerkt, wie viel Herzblut in drei Jahren Ausbildung fließen kann. „Bianca ist meine Erstgeborene“ sagt sie mit leichter Bewegung in der Stimme. Eine „Erstgeborene“, die es auch vor den strengen Testern der Handwerkerschaft zu etwas gebracht hat. Wöchentliche Übungsstunden sind der Prüfung vorausgegangen, manchmal bis Mitternacht. Eine Pizza vom Lieblingsitaliener gab es auch. Ansonsten wurde gearbeitet, bis Bianca vor allem bei Kurzhaarschnitten nicht schlechter abschnitt als die Chefin selbst.
Besonders der Lernwille ihrer Auszubildenden hat Dana Deußer beeindruckt. Eine große Entwicklung habe diese in den drei Jahren Lehrzeitzeit durchgemacht, persönlich und im Fach. Die Chemie zwischen den beiden Meisterinnen und der Nachwuchskraft stimmte von Anfang an. „Das muss auch so sein in so einem kleinen Betrieb“, sagt Dana Deußer. Nach weniger schönen Erfahrungen in der eigenen Ausbildungszeit war für sie klar: „Ich will das anders machen. Auf Augenhöhe.“
Bester Azubi, bester Ausbildungsbetrieb
Viele kleine Schritte haben zu dem großen Erfolg geführt. „Bianca hätte hier alt werden können“, sagt Heike Deußer (56). Aus gesundheitlichen Gründen aber musste sie aussteigen. Ein Bild im Salon zeugt noch von den hoffnungsvollen Zeiten davor: Bianca und Mutter und Tochter Deußer Kopf neben Kopf und natürlich alle die Haare frisch gemacht. Aus der Entlastung durch eine fertige Fachkraft wurde nichts. Bei Ahmet, dem Azubi Nummer 2, war das gar nicht erst das Ziel. Er möchte Maskenbildner werden, eine Friseurlehre ist das Sprungbrett dazu.
Auch für Ahmet hat Dana Deußer sich vor allem zeitlich ins Zeug gelegt. Seinen Einfallsreichtum, seine Kreativität hebt sie hervor. Im Juli gab‘s den Termin der Friseur-Innung Dortmund Hagen Lünen mit seiner Auszeichnung als bester Prüfungsteilnehmer. Die Würdigung für Innungsmitglied Friseur Deußer in Herdecke als „bester Ausbildungsbetrieb im Friseurhandwerk 2023/2024“ kam gleich hinterher. Da hatte der Ausbildungssieger seinen Ausbildungsbetrieb aber schon seit Monaten auf dem Weg zu seinem eigentlichen Berufsziel verlassen.
Es gibt ein Leben neben der Arbeit
Seitdem hat der Friseurbetrieb im Herzen von Kirchende nicht nur an den Montagen geschlossen. Der Donnerstag ist als weiterer betriebsfreier Tag hinzu gekommen. Heike Deußer hat ausgerechnet, dass es mit einem Gehalt weniger auch so passen müsste. Über Nachfrage wollen die beiden Meisterinnen nicht klagen. Die Arbeitstage sind lang und anstrengend. Und der Markt für eine weitere Anstellung ist leer gefegt. Auf der Internetseite wird zwar Verstärkung fürs Team gesucht. „Aber Mitarbeiter sind einfach nicht zu bekommen“, stellt Heike Deußer fest.
Auszubildende auch nicht. Keine einzige Bewerbung hat es zuletzt gegeben. Dana Deußer macht das nicht traurig. Viel Zeit hat sie als Ausbilderin investiert. Noch einmal so viel Einsatzwille und Selbstbeschränkung ist für sie im Moment nicht vorstellbar. Schließlich gibt es auch noch ein Leben außerhalb des Salons, der mal Post, Rechtsanwaltskanzlei und Stoffgeschäft gewesen ist. Dana Deußer modelt und spielt Klavier. Für ein neuerliches Ziehkind ist aktuell keine Zeit.
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Das hat auch etwas mit dem Anspruch von Dana Deußer an sich als Ausbilderin zu tun. Als Auszubildende damals in Hohenlimburg hätte sie sich mehr Ansporn und Betreuung gewünscht. Und einen Azubi mehr nebenbei laufen lassen? „Unvorstellbar“, sagt sie. Entweder mache sie etwas ganz oder gar nicht. „Dann eben gar nicht.“ Vielleicht später noch mal? „Wenn der oder die Richtige kommt“, baut Heike Deußer eine Brücke. Die Tochter geht einen vorsichtigen Schritt darüber: „Vier Monate Probezeit sollten reichen zu zeigen, ob es klappt - fachlich und vor allem menschlich.“