Herdecke. Das neue Parteibüro der Grünen in Herdecke liegt in der Fußgängerzone. Die Empörung darüber bei anderen Parteien und Bürgern ist groß.

Erst weiß, dann schwarz: Zwei Mal wurde das Parteibüro der Grünen in Herdecke mit Farbe beschmiert. Erst im Zusammenhang mit dem Ärger wegen des Umzugs in die Fußgängerzone wurde die zweite Attacke öffentlich. Auch sonst haben die Parteien in Herdecke nicht gleich die Öffentlichkeit gesucht, wenn sie politischer Hass getroffen hat. So gab’s Schmierereien ebenso am Büro der Linken. Ratsherr Vladimir Munk wusste, was zu tun war: „Wegwischen und weitermachen mit der politischen Arbeit.“

CDU-Stadtverbandschefin Doris Voeste erinnert sich an Drohbriefe. „Man sollte uns alle aufhängen“, war darin zu lesen. Es hat aber auch schon körperliche Attacken gegeben. „Es wurde geschubst, getreten, geboxt“, berichtet Voeste von einem Vorfall vor der Geschäftsstelle. Die Polizei musste kommen, ein Rettungswagen ebenso. Die Gewalttat ist mittlerweile aufgeklärt, eine Verhandlung steht aus. „Ein wirksamer Weg“, sagt Voeste über die Einschaltung der Behörden. Groß an die Glocke gehängt hatte sie die Vorfälle bislang nicht.

Kritik an Einzug reißt nicht ab

Seit dem Umzug der Grünen in die Arkaden hat sich das geändert. Linke und CDU wollen sagen: Wir sind zwar auch Opfer von Sachbeschädigung oder Gewalt geworden – einen Einzug in der Fußgängerzone aber begründen wir damit nicht. Seit die Grünen sich hier kürzlich angesiedelt haben, reißt die Kritik nicht ab. Gleich mehrfach sei sie von Bürgern angesprochen worden, berichtet Doris Voeste vom Unverständnis für diesen Ortswechsel. Für sie ist klar: In die Fußgängerzone gehören Geschäfte oder auch Dienstleiter, jedenfalls Betriebe, die Gewerbesteuer zahlen und Arbeitsplätze geben. Nicht aber Parteien.

Darüber gibt es eine Absprache im Ältestenrat. Die Selbstverpflichtung zum Verzicht auf Parteibüros in der Fußgängerzone ist aber schon Jahrzehnte alt. Die Grünen haben sie vor ihrem Umzug nicht gekannt, erklärt Grünen Fraktionschef Andreas Disselnkötter auf Nachfrage. Die aktuell Aktiven seien noch nicht lange genug dabei. Nico Fischer, erst seit dieser Ratsperiode für Die Partei im Rat, dagegen kennt sie schon. „Wir wollten auch in die Rathausarkaden“, berichtet er von einer Anfrage vor etwa anderthalb Jahren. Damalige Auskunft der Stadt: Das ginge nicht.

CDU kritisiert „Werbeschachzug“ der Grünen

Diesmal hat die Stadt auf Nachfrage der Interessenten zumindest mündlich erklärt, dass eine Nutzung des leer stehenden Ladens in den Arkaden als Parteibüro zulässig sei, bestätigt das Rathaus auf Nachfrage. Allerdings sei ein formeller Antrag nötig, und der sei nicht eingegangen. Auf einen solchen Antrag seien die Grünen allerdings auch nicht hingewiesen worden, so Grünen-Mitvorsitzende Kirsten Deggim. Um diese rechtliche Frage geht es den Kritikern des Umzugs aber nicht. Sie erinnern an den Geist der Selbstverpflichtung und sehen in der Platzierung des Büros in der Fußgängerzone ein Jahr vor der nächsten Kommunalwahl einen „Werbeschachzug“, so CDU-Stadtverbandsvize Torben Holzhauer.

Reste des schwarzen Lacks sind immer noch zu erkennen: Kirsten Deggim und Peter Michael Stahlberg vor dem bisherigen Parteibüro der Grünen in Herdecke.
Reste des schwarzen Lacks sind immer noch zu erkennen: Kirsten Deggim und Peter Michael Stahlberg vor dem bisherigen Parteibüro der Grünen in Herdecke. © WP | Klaus Görzel

Dieter Kempka sieht das nicht anders. Er stellt fest: „Die Grünen verschaffen sich eine Bühne für den Wahlkampf.“ Kempka war lange für die Partei Die Linke im Rat und vertritt neuerdings das Bündnis Sahra Wagenknecht. Parteibüros in der Fußgängerzone sollten nicht sein. Kempka: „Wir Politiker treffen uns ohnehin eine Etage höher im Ratssaal“, der ebenfalls in den Arkaden angesiedelt ist. Wie Vladimir Munk oder Doris Voeste hält er die zweite Reihe für den angemesseneren Ort für ein Parteibüro.

Auch interessant

Nico Fischer zeigt Verständnis für den Auszug der Grünen, nicht aber für deren Einzug in den Arkaden. Und Vladimir Munk hat den Eindruck, „dass hier ein Unrecht dazu dienen soll, ein anderes zu rechtfertigen.“ Die Kritik der Grünen, nach dem Farbanschlag auf ihr Parteibüro habe es an Solidarität beim Aktionsbündnis „Herdecke steht auf“ und anderen Parteien gefehlt, weist er von sich. Dann hätten die Grünen die anderen Parteien von sich aus frühzeitig über den Anschlag informieren sollen. Auch Torben Holzhauer erklärt: „Wir verneinen alle jedwede Form von Gewalt, gerade auch gegen andere Parteien.“

+++ Hier gibt es mehr aus Wetter und aus Herdecke +++

Holzhauer wünscht sich, dass die Parteien einen Weg finden, konstruktiv weiterzumachen. Eine Gelegenheit gibt es in der nächsten Sitzung des Ältestenrates. Dieter Kempka möchte dann erreichen, dass die Selbstverpflichtung zur parteipolitischen Enthaltsamkeit in der Fußgängerzone erneuert wird.