Herdecke. Die Mitglieder der Partei fühlen sich bedroht: Immer wieder gab es Attacken auf das Büro der Grünen. Jetzt zieht die Vermieterin Konsequenzen.
Zweimal gab es Farbanschläge auf das Parteibüro der Grünen an der Uferstraße. Der jüngste liegt wenige Wochen zurück. Beim ersten Mal vor gut einem Jahr musste weißer Lack weggekratzt werden. Diesmal saß schwarzer Lack fest auf den beiden bodentiefen Fensterscheiben vor dem Büro und auf der Außentreppe zur Wohnung der Vermieterin. Die hat die Attacke am härtesten getroffen, zielte die Gewalt gegen Sachen doch auf ihr Eigentum. Aber auch die Mitglieder der Grünen sehen sich bedroht, schon wegen der Konsequenzen: Die Vermieterin hat das langjährige und gerade erst für mehrere tausend Euro renovierte Parteibüro fristlos gekündigt.
Mit Fräse gegen Lack
Zwei Tage hatten die Grünen Ende Juni an der Fassade zu tun. Mit einer Fräse rückten sie gegen die farbliche Hinterlassenschaft vor und mit einem Schaber, der sonst Rückstände von Ceran-Feldern kratzt. Die Scheiben sehen wieder okay aus, auf dem Fensterrahmen und dem Pflaster aber ist die dunkle Farbe noch zu sehen, neben den Schlieren in Weiß. Sie sind auch ein Jahr nach der ersten Farbattacke immer noch nicht vollständig weggewaschen. Auf einen Streit mit der Vermieterin wollten es die Grünen nicht ankommen lassen. Sie haben sich am oberen Ende der Fußgängerzone ein neues Quartier gesucht und damit Streit losgetreten, den sie so nicht erwartet hatten.
Handel oder Dienstleistung?
Für die Fußgängerzone gelten Vorgaben, die dem Handel Vorrang verschaffen sollen. Jüngst erst wurde das deutlich, als der Betrieb eines Frisörs im unteren Bereich der Hauptstraße von der Stadt still gelegt worden war. Im betreffenden Bereich war die Zulässigkeit von Dienstleistung erreicht. Der Frisör musste schließen. Im oberen Bereich der Fußgängerzone gelten allerdings längst schon Lockerungen. Die Ladenlokale in den Arkaden ließen sich einfach nicht an Händler vermieten. Von der Stadt kamen denn auch keine Bedenken, als die Grünen im Haus Nummer 39c einziehen wollten. Aus der CDU-Mittelstandsvereinigung und der SPD dagegen schon.
Kritik trifft hart
Diese Kritik hat Kirsten Deggim, Co-Vorsitzende der Herdecker Grünen, härter getroffen als die Attacke mit den Farbbeuteln. Als die Vertreter aus den anderen Parteien ihre Vorwürfe auf den Weg gebracht haben, wären die Beweggründe doch bekannt gewesen: „Zwei widerliche, politisch motivierte Farbbeutel-Anschläge auf das Büro und den Eingangsbereich.“ So fasst es Vorstandsmitglied Peter Michael Stahlberg in einem offenen Brief zusammen, den er am letzten Wochenende per Mail an andere Parteien im Rat und das Aktionsbündnis „Herdecke steht auf“ geschickt hat. Solidarisierung, Empörung oder Unterstützung hätte er erwartet. Stattdessen gebe es Polemik.
Seltsames Politikverständnis
Vor ein paar Monaten erst hatte das Aktionsbündnis eine breit aufgestellte Demonstration gegen rechten Extremismus auf die Beine gestellt. Damals schon war Grünen-Ratsmitglied Jassin El-Atmani ein seltsames Politikverständnis einiger Mitorganisatoren aufgefallen. Viele hätten sich erklärt oder unterschwellig von Parteipolitik distanziert, als wäre diese etwas Schlechtes. Ist es ehrbarer, sich im Sportverein für Mitbürger zu engagieren als in einer Partei, fragen sich die Grünen. Zugleich fürchtet Peter Michael Stahlberg schlimme Folgen der Selbstbezogenheit der übrigen Parteien: „Wenn wir noch mehr Bürger gegen die ‚etablierten‘ politischen Parteien aufbringen wollen, lasst uns so weiter machen.“
Fehlender Rückhalt
Motivierend sei der fehlende Rückhalt bei den übrigen Ratsparteien und dem Aktionsbündnis nicht, stellen Kirsten Deggim und ihr Mit-Parteivorsitzender Axel Störzner fest. Tiefschläge kennt Jassin El-Atmani aber auch von anderer Seite. Wiederholt hat er grünen-feindliche Aufkleber von der Abfalltonne geknibbelt. Und immer wieder seien die Sprüche neu aufgetaucht. Nicht nur auf Mülltonnen. Einer davon kommt bei Kirsten Deggim wie aus der Pistole geschossen: „Hängt die Grünen, solange es noch Bäume gibt.“ Lustig fand das bei den Grünen keiner. Ausgerechnet auf einem grünen Auto war der Aufkleber angebracht.
Staatsanwaltschaft ermittelt weiter
Der Herdecke Geschichtslehrer Willi Creutzenberg, Mitglied der SPD, hat den Autoaufkleber zur Anzeige gebracht. Im Mai war darüber auch in dieser Zeitung zu lesen. Damals ermittelte die Staatsanwaltschaft noch. Das ist auch weiterhin der Fall. Das Fahrzeug mit Wittener Kennzeichen sei auf jemanden zugelassen, der nicht der Nutzer ist, heißt es bei der Staatsanwaltschaft auf eine aktuelle Anfrage der Redaktion. Es müsse weiter geprüft werden, wer den Spruch auf das Autoheck geklebt habe. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat den Spruch bereits als volksverhetzend eingestuft.