Herdecke. Weniger Kunden, weniger Läden: Zwei Unternehmerinnen trauen sich und wollen Kunden die Nachteile des Onlineshoppings ins Bewusstsein rufen.

Zwei Frauen, zwei Geschäfte und ein gemeinsames Ziel: Marion Ambrosius-Schumacher vom Kindermodeladen Minimaxi und Alicia Hausmann vom Cake Decoration Shop möchten wieder ein neues Bewusstsein für den stationären Handel schaffen, denn so wie jetzt kann es auf Dauer nicht mehr weitergehen.

Gestiegene Preise

Gestiegene Preise für Lebensmittel, Mieten und Energie. Da bleibt vielen Kunden nicht mehr so viel Geld in den Portemonnaies wie früher. Die Folge: Die Kundenfrequenz sinkt, der Umsatz geht zurück, und die Händler bleiben auf ihren Waren sitzen. Diese logische Konsequenz kann sich jeder denken. Doch dahinter steckt noch eine viel größere Problematik, wie die beiden Unternehmerinnen erklären. „Eigentlich reicht es nicht, den Umsatz nur zu halten“, weiß Ambrosius-Schumacher. „Denn auch bei uns laufen die Kosten weg“, fügt sie erklärend hinzu. Hausmann nickt bestätigend. „GEZ, Berufsgenossenschaft, Handelskammerbeiträge, gestiegene Lohn- und Versandkosten - selbst die Entsorgung ist teurer geworden“, zählt sie exemplarisch auf. Hinzu kommen natürlich auch bei den Läden die Mietkosten, Strom und Wasser, nicht zu vergessen die Preise für die Waren, die sie bei den Händlern bestellen. „Eigentlich müsste ich die Preise noch mehr anheben, aber dann kauft keiner mehr“, so Hausmann.

Das Kindermodengeschäft Minimaxi liegt an der Herdecker Hauptstraße schräg gegenüber dem Zugang zu Cake Decoration Shop.
Das Kindermodengeschäft Minimaxi liegt an der Herdecker Hauptstraße schräg gegenüber dem Zugang zu Cake Decoration Shop. © WP | Klaus Görzel

Und genau dort liegt vielfach das Problem, wie die Händlerinnen berichten. Das Geld sitzt bei vielen nicht mehr so locker. Dass sie sich insbesondere im Internet nach günstigeren Angeboten umsehen, bemerkt vor allem Hausmann in ihrem Shop. „Einige Kunden schauen sich auf den Onlineportalen wie Temu und Shein nach Billigprodukten aus China um. Klar sind die Preise da günstiger, aber die Ware wird nicht geprüft, kann Schadstoffe enthalten, und die Firmen zahlen hier keine Steuern“, zählt Hausmann nur einige Nachteile des Online-Konsums auf. Das soll keineswegs ein Vorwurf an die Kunden sein, betont sie. Die könne sie sogar gut verstehen. „Die Menschen haben nun mal weniger Geld zur Verfügung. Ich habe auch oft am Ende des Monats Kunden hier, die ihren Einkauf auf den nächsten Monat verschieben“, berichtet sie.

Viele tolle Stammkunden

Auch Ambrosius-Schumacher nimmt ihre Kunden in Schutz. „Ich habe viele tolle Stammkunden, die immer zu mir kommen. Doch es gibt auch andere, die beispielsweise aus Bequemlichkeit im Internet bestellen“, weiß sie. Selbst einen Online-Handel aufzuziehen, rentiert sich für sie nicht. Das weiß sie aus Erfahrung, denn sie hat es ausprobiert. „Der Aufwand steht in keinem Verhältnis, wenn ich meine 6000 Artikel bei wechselndem Sortiment alle abfotografiere, hochlade, beschreibe, bepreise und verschicke. Da müsste ich mit dem Online-Shop mindestens so viel Geld verdienen wie mit meinem Laden hier. Das lohnt sich einfach nicht“, so die Unternehmerin. „Am Ende bleibt nach der ganzen Arbeit nichts übrig“, pflichtet ihr Hausmann bei.

Sortiment angepasst

Ambrosius-Schumacher ist dazu übergegangen, ihr Sortiment auch dementsprechend anzupassen. „Ich schaue, was wird gekauft und was nicht. Ich habe Kleidung für Neugeborene bis hin zum Teenager für Jungen und Mädchen. Dementsprechend biete ich 40 Größen an“, erklärt sie. Ladenhüter, die sich nicht abverkaufen lassen, seien da fehl am Platz. Außerdem bemühe sie sich, nachhaltig zu kaufen. Grundsätzlich sei Nachhaltigkeit ein Thema, das beim Onlinehandel in den Hintergrund rücke. „Bei uns werden im Laden Papiertüten vorgeschrieben. Die Onlinebestellungen kommen aber in Plastik“, nennt sie nur ein Beispiel.

Online-Handel nicht verteufeln

„Manchmal denke ich mir, dass so ein Angestelltenverhältnis wesentlich einfacher wäre. Man hätte Urlaub, wäre abgesichert, hätte ein festes Gehalt“, meint Hausmann traurig. „Aber wir sind halt alle Idealisten“, stellt Ambrosius-Schumacher nüchtern fest. Denn keiner „macht sich die Taschen voll“. Wichtig ist aber auch zu sagen, dass sie den Online-Handel nicht verteufeln will. „Natürlich kaufe ich auch hin und wieder was im Internet, wenn ich es hier nicht bekomme“, erklärt sie. Ihr und Alicia Hausmann kommt es aber darauf an, den Menschen den stationären Handel wieder ins Bewusstsein zu rufen. „Während der Pandemie sind die Menschen ganz bewusst zu mir gekommen. Sie sind bewusst in die Geschäfte gegangen, weil es den Läden nicht gut ging. Doch das ist jetzt wieder eingebrochen. Deshalb wollen wir das Bewusstsein wieder in Erinnerung rufen“, erläutert sie und erntet zustimmendes Nicken von ihrer Kollegin gegenüber.