Wetter. Im 58. Lebensjahr: Timothy Vincent aus Wetter hat einen Betrieb als Steinbildhauer und neuerdings auch ein abgeschlossenes Studium.

Ausbildung. Den Meister machen. Einen Betrieb führen. Timothy Vincent war das nie genug. Er sieht sich in einer besonderen Verantwortung. Als Mensch und auch als Handwerker. Es geht um viel. Eigentlich um alles. „Die Menschheit muss ihre Lebensgrundlage erhalten“, sagt er über die Aufgabe in Gegenwart und Zukunft. Ein paar Semester an der Wilhelm Büchner Hochschule in Darmstadt sollen ihn dabei noch stärker machen.

Expertise mit wissenschaftlichem Gewicht

Vor über 20 Jahren hat Timothy Vincent sein Steinmetzunternehmen gegründet. Nachhaltigkeit war ihm von Anfang an wichtig. Unter welchen Bedingungen wurden die Natursteine gewonnen, wie lassen sich alte Grabsteine aufarbeiten? Mit Gleichgesinnten rief Vincent den Verein „Handwerk mit Verantwortung“ ins Leben und wurde immer mehr zum Redner und Vortragenden. Nun hat seine Expertise auch wissenschaftliches Gewicht.

Lang ist es her, dass der heute 57-Jährige an der FH in Dortmund Werkstoffkunde studiert hat. Sein Wissenshunger war damit offenkundig nicht gestillt. Später belegte er an der Fernuni Kurse in Neuerer Deutscher Literatur, Geschichte und Philosophie, „aus Interesse“, wie Timothy Vincent sagt. Einen Abschluss hatte er dabei nicht vor Augen. Anders jetzt beim Nachhaltigkeitsmanagement. Das Studienangebot ist neu. Der Wetteraner gehört zum Gründungsjahrgang.

Das iPad als treuester Begleiter im Studium

Die weitere Entwicklung des Klimas, der Verlust an Arten, der Umgang mit den Ressourcen - Timothy Vincent wollte seine Kenntnisse darüber auf akademische Füße stellen. Das ist ihm gelungen. Auf dem Bildschirm seines Tablet-PCs zeigt er den Masterabschluss, und das Tablet ist dabei mehr als eine zeitgemäße Präsentationsform: Sein Fernstudium an der Hochschule in Darmstadt war papierlos. „Das iPad war während der Studienzeit sein treuester Begleiter“, so steht es in einer Würdigung für Timothy Vincent, den Träger 2024 des Sonderpreises „Nachhaltigkeit und Verantwortung.“

Verliehen hat den Preis ein Hochschulverband, dem die Wilhelm Büchner Hochschule angehört. Ein Geldregen ist mit der Auszeichnung nicht verbunden. „Das ist rein ehrenhalber“, sagt Timothy Vincent. Aber es ist noch mal eine Verstärkung für das Gefühl, das bereits sein Fachstudium mit sich gebracht hat: Dass er sich vor über einem Jahrzehnt auf den richtigen Weg gemacht hat, mit seinem umfassenden Bemühen um Nachhaltigkeit.

Papierlose Technik kommt zum Einsatz: Steinbildhauer Timothy Vincent (links) mit Sohn und Geselle Jeremias Vincent.
Papierlose Technik kommt zum Einsatz: Steinbildhauer Timothy Vincent (links) mit Sohn und Geselle Jeremias Vincent. © WP | Privat

Die Berufung ist ihm unterdessen gleich doppelt zum Beruf geworden. Seit ein paar Monaten hat Timothy Vincent neben seinem Steinmetzbetrieb in Wetter die Teilzeitstelle als „Koordinator für integriertes kommunales Nachhaltigkeitsmanagement“ bei der Stadtverwaltung in Herdecke. Vor zwei Jahren hatte er sich schon mal für diesen Job interessiert. Damals fehlte ihm der nötige Nachweis einer Fachkompetenz. Sein Masterdiplom heute weist ihn als Nachhaltigkeitsexperten überzeugend aus.

Betrieb in Wetter und Aufgabe im Herdecker Rathaus lassen sich nebeneinander erledigen. Dabei hilft, dass Vincent in der Steinbildhauerei bisher Unterstützung von einer Gesellin in Teilzeit hatte und in wenigen Tagen stattdessen sein Sohn Jeremias als Geselle in Vollzeit übernimmt. Diese Unterstützung ist aber auch deshalb wichtig, weil es Timothy Vincent nicht reicht, beruflich auf zwei Beinen zu stehen. Als dritte Säule baut er gerade auch noch ein Beratungsunternehmen auf. Den ersten Kunden, der sich in Sachen Nachhaltigkeit coachen lassen will, gibt es bereits.

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Mag der Klimaschutz bei den Bürgern und Wählern aktuell gerade nicht Konjunktur haben, für den Nachhaltigkeitsexperten Vincent steht fest: „Die Katastrophe ist da.“ Jeden einzelnen Verbraucher sieht er in der Verantwortung, mit den Ressourcen dieser Erde sorgsam um zu gehen. Er weiß aber auch, dass diese Eigenverantwortung ihre Grenzen hat und daneben ein Systemwechsel nötig wäre. Die Beispiele liegen für ihn buchstäblich auf der Straße. Gerade erst sei bei den Haushaltsbeschlüssen der Bundesregierung das Dienstwagenprivileg unangetastet geblieben. Gleichzeitig zeichne sich ab: Das umweltfreundliche Deutschlandticket wird teurer.