Herdecke/Wetter. Auch viele Kätzchen landen zurzeit in der Einrichtung an der Wetterstraße. Warum gestiegene Tierarztkosten dabei eine Rolle spielen.
Dass die Hundezwinger im Tierheim Witten-Wetter-Herdecke voll besetzt sind, ist bekannt (wir berichteten). Doch zurzeit ist auch der Platz für Katzen in der Einrichtung an der Wetterstraße knapp. „Wir sind mit Katzen ziemlich voll“, sagt Leiterin Kirsten Simon. „Wir wissen gar nicht, wohin mit den Tieren“. Katzenbesitzer, die ihre Stubentiger abgeben müssen und auf das Tierheim hoffen, werden zurzeit vertröstet: „Abgabekatzen können wir gar keine mehr aufnehmen“, so Simon.
Viele Fundtiere mit Nachwuchs
Zurzeit sind es sehr viele Fundtiere, die ins Tierheim Witten-Wetter-Herdecke gebracht werden. Einige von ihnen mit Nachwuchs oder noch trächtig. „Wir haben extrem viele Kitten (Kätzchen, Anmerkung der Redaktion) hier“, erklärt Kirsten Simon. In der Nacht auf Montag hätte noch ein Tier geworfen. Wie viele Katzen zurzeit im Tierheim ein Zuhause auf Zeit gefunden haben, kann sie spontan gar nicht sagen. Sie hält kurz inne, überlegt. „Um die 20 Kitten haben wir mit Sicherheit, dazu kommen dann noch die erwachsenen Tiere.“ Vorrangig Weibchen seien darunter, auch viele Rassekatzen, die ins geschlechtsreife Alter gekommen seien.
„Es ist ein Drama für die Tierwelt.“
Dass Katzen aktuell Junge bekommen, ist nicht verwunderlich. „Es ist die Jahreszeit für Kitten“, weiß Kirsten Simon. Ungewöhnlich sei die hohe Zahl der Tiere, die mit Jungen draußen gefunden werden, allerdings schon. „In den vergangenen Jahren war es sehr ruhig“, sagt sie und verweist auf die Katzenschutzverordnung, nach der jede Katze, die Freigänger ist, gechipt und kastriert sein muss. Dafür, dass es „jetzt wieder losgeht“, wie Kirsten Simon sagt, und die Zahl der Katzen mit Kitten nach oben zu schnellen scheint, gibt es für sie eine mögliche Erklärung: „Das kann mit den gestiegenen Tierarztkosten zusammenhängen“, so Simon und betont: „Das ist aber nur eine Vermutung.“
Eine Vermutung, die sie allerdings auch durch Anrufe gestützt sieht, die das Tierheim immer wieder erreichen. „Es gibt viele Menschen, die anrufen und fragen, ob wir die medizinische Behandlung oder Kastrationen finanziell unterstützen“, kann sie berichten. Wenn sie das verneine, sei der Ärger auf der anderen Seite des Hörers durchaus auch mal groß. „Aber für eine solche finanzielle Unterstützung sind wir nicht da und auch nicht zuständig“, betont Kirsten Simon. „Auch unsere Tierarztkosten sind explodiert.“
Bärbel Hausmann ist Tierärztin mit einer Praxis in Herdecke. Sie beobachtet, „dass weniger Leute ihre Katzen kastrieren lassen.“ Für sie liegt der Grund dafür auf der Hand: „Das ist darin begründet, dass die Preise enorm erhöht worden sind“, sagt sie. Durch die im Herbst 2022 verabschiedete Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) seien die Kosten „sehr angezogen“– in allen Bereichen und damit auch bei Kastrationen von Kater und Katze. „Früher hat die Kastration von weiblichen Tieren bei mir 80 Euro gekostet“, erläutert Bärbel Hausmann, die wie alle Tierärzte gesetzlich verpflichtet ist, den Mindestsatz der Gebührenordnung nicht zu unterschreiten. Das macht sich bemerkbar. „Mittlerweile sind es 140 Euro“, gibt die Tierärztin ein aktuelles Kostenbeispiel.
Auf einen Blick: Gebührenordnung für Tierärzte
Die Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) gibt vor, wie viel ein Veterinär abrechnen kann.
Seit Herbst 2022 ist eine neue GOT gültig, die einen Anstieg der Kosten für Tierarztbesuche mit sich brachte.
Tierärzte sind verpflichtet, die Mindestsätze der Gebührenordnung nicht zu unterschreiten.
Pauschale Preise gibt es dennoch nicht, da die GOT für jede Leistung drei verschiedene Sätze vorsieht.
Sie erlebt immer wieder, dass die gestiegenen Preise viele Katzenbesitzer abschrecken. „Es gibt Anrufer, die fragen, was der Eingriff kostet. Es werden Termine gemacht und dann teilweise gar nicht wahrgenommen“, erzählt Bärbel Hausmann. Für sie erfolgt durch die neue Gebührenordnung eine „schlechtere Versorgung der Tiere“. Es sei „ein Kostentreiber“ entstanden, ist die Veterinärin überzeugt. „Und das auf Kosten der Tiergesundheit.“ Dabei ginge es nicht allein um das Thema Kastration, sondern um alle Bereiche. „Es ist ein Drama für die Tierwelt.“ Mittlerweile rät die Tierärztin auch dazu, eine Krankenversicherung für das Haustier abzuschließen. „Das habe ich früher nicht gemacht. Da habe ich gesagt, es reicht, eine Spardose anzulegen“, blickt sie zurück.
Kosten stark gestiegen
Höhere Preise fallen auch in einer weiteren Herdecker Tierpraxis an, die namentlich nicht genannt werden möchte. Dabei seien die Kosten für die Kastration einer Katze zudem höher als die eines Katers, wie eine Mitarbeiterin mitteilt. „Der Eingriff ist komplexer, bei einer Katze muss der Bauchraum eröffnet werden“, erklärt sie. Sie hat den Eindruck, dass die Praxis „recht viele Kastrationen“ habe. Aber bei den anfallenden Kosten müssten viele Katzenbesitzer „doch schlucken“, wie sie beobachtet.
Die Katzen und Kitten, die aktuell im Tierheim Witten-Wetter-Herdecke sind, müssen auch noch eine Weile dort bleiben. Viele Kätzchen sind noch zu klein, andere aktuell krank. „Meistens haben die Tiere schon einen Katzenschnupfen, wenn sie zu uns kommen“, erklärt Kirsten Simon, die aber auch eine gute Nachricht hat: „Die Tiere, die vermittlungsbereit waren, wurden schon abgeholt.“