Wetter. Seit Jahren schon gibt es Probleme mit dem Dach vom Anbau. Statt besser ist es zuletzt deutlich schlimmer geworden. Wände und Nerven liegen blank.
Gut, dass gerade noch Ferien sind. So können die Verwaltungskräfte, die sonst im Anbau des Amtsgerichts ihrer Arbeit nachgehen, wenigstens auf die Richterzimmer ausweichen. Was aber, wenn der Betrieb wieder normal läuft und schneller Ersatz für die vom Wasser unbrauchbar gemachten Räume nicht zu finden ist? „Ich habe auch keine Idee“, zuckt Till Deipenwisch, Direktor des Amtsgerichts, mit den Schultern. Seit Jahren schon sorgt das undichte Dach des Anbaus für Probleme. So schlimm wie nach den Regengüssen vor einem Monat aber war es noch nie.
Als hätte es die Putzkolonne vergessen, steht ein gelbes Warnschild „Rutschgefahr“ mitten im Flur. Rundherum gruppieren sich Eimer als Auffangbecken. In den Büros sind Möbel und Gerätschaften in die Mitte gerückt. Besonders hart hat es die Räume an der Stirnwand zur Bahnlinie hin getroffen. Der Putz ist abgeklopft. Auf Steinen und Fugen ist zu sehen, wo die Feuchtigkeit noch immer sitzt.
Im Stockwerk tiefer sieht die Behinderten-Toilette aus als befinde sie sich noch im Rohbau. Keine Deckenverkleidung, keine Verkleidung vor den Kästen, an denen sonst Waschbecken oder Kloschüsseln hängen. Provisorisch baumeln ein paar Leuchtteller in der Luft. Der Rückbau soll beim Lüften helfen, die Trockengeräte auch. Beim Blick auf die Wetter-App denkt der Amtsgerichtsdirektor nicht an einen Regenschirm für seinen Weg zum Auto. Bei der Vorhersage für diese Woche fragt er sich vielmehr: Schwappt es wieder aus den Leitungen? Werden die Feuchtigkeitsflecken an den Wänden noch größer?
Eine „sehr deutliche“ E-Mail
Verhandlungssäle sind von den Wasserschäden nicht betroffen. Sie liegen im Altbau. Büros, ein Sozialraum, Toiletten und Archivräume aber können kaum mehr genutzt werden. Ein knappes Dutzend Büros sind es auf zwei Etagen unter dem Flachdach, das seit Jahren Probleme macht. Neu sind die Undichtigkeiten also nicht, auch nicht für den Vermieter. Wie bei vielen anderen Behörden oder Einrichtungen auch ist es der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW. An diesen hat Till Deipenwisch zuletzt eine, wie er selbst sagt „sehr deutliche Email“ geschickt. Nach dem letzten großen Platsch von Ende Juni seien Not-Reparaturen angekündigt worden. Drei Wochen später sei eine Erinnerung nötig gewesen.
Beim Bau- und Liegenschaftsbetrieb liest sich das ein bisschen anders. Nach dem Wasserschaden im Juni habe der Betrieb „direkte Notmaßnahmen beauftragt sowie eine Leckageortung durch einen Gutachter veranlasst“, heißt es auf Nachfrage der Redaktion.
Auf Kosten des Steuerzahlers
Das Dach muss endlich saniert werden. Vielleicht ist auch eine andere Konstruktion nötig, sagt Till Deipenwisch. Zu dieser Erkenntnis scheint der Landesbetrieb mittlerweile auch gekommen zu sein.
Das Flachdach des Neubaus am Amtsgericht Wetter weise bauliche Mängel auf, die zu Undichtigkeiten und dem Eindringen von Wasser geführt hätten, heißt es erläuternd. Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb habe nach umfangreicher Prüfung festgestellt, „dass es sich hierbei um ein grundlegendes Problem im Flachdachaufbau handelt und deshalb bereits mit der Planung einer Grunderneuerung des Daches begonnen, die schnellstmöglich umgesetzt werden soll.“
Zu einer Mietminderung, von Till Deipenwisch ins Gespräch gebracht, will der Landesbetrieb nichts sagen. Vertragliche Details zu den Mietverhältnissen würden vertraulich behandelt. Auch auf die Frage, wie es nach so vielen Jahren der Problemmeldungen sein kann, dass nahezu der gesamte Flügel aktuell nicht nutzbar ist, gibt es keine Antwort. Dass so lange nichts grundlegendes unternommen worden ist gegen das Durchregnen im neuen Haus, zählt zu den Dingen, die Till Deipenwisch nicht versteht: Durch dieses Vorgehen werde Landeseigentum beschädigt, sagt er. Die Sanierung des Gebäudes im jetzigen Zustand komme den Steuerzahler doch viel teurer als wenn sich der Vermieter frühzeitig um Abhilfe bemüht hätte. Problemanzeigen gab es genug. Immer wieder Reparaturrechnungen bestimmt auch.
Gerichtsbarkeit mit langer Tradition
Die Gerichtsbarkeit in Wetter hat eine sehr lange Tradition. Burg Wetter und das Dorf verfügten seit 1355 über eine eigenständige Gerichtsbarkeit. Das Amtsgericht in seiner heutigen Form besteht bereits seit über 100 Jahren. Am 31. Januar 1914 wurde das Gerichtsgebäude eingeweiht. 2009-2011 erfolgte die Erweiterung des Gebäudes.Zuständig ist das Amtsgericht für Wetter und Herdecke mit insgesamt 50.000 Einwohnern.