Herdecke. Sie ist durchgestartet als Hoffnungsträgerin, jetzt gibt Julia Brunow auch den Vorsitz der CDU in Herdecke auf. Hier die Gründe

Im Juni ist Julia Brunow vom Vorsitz der CDU-Fraktion im Herdecker Rat zurückgetreten. Als Parteivorsitzende tritt die 28-Jährige nächste Woche nicht mehr an. Wie steht es um die Zukunftsfähigkeit der Partei, in Herdecke und im Land? Ein Gespräch.

Hatten Sie mit dem niederschmetternden Ausgang der Bundestagswahl für die CDU gerechnet?

Julia Brunow: Nein, auch wenn sich das in den Umfragen abgezeichnet hat. Man sah ja auch als Mitglied, dass nicht Themen besprochen wurden, sondern Personen und Konflikte.

Haben Sie mit dieser Wirkung von Armin Laschet gerechnet?

Ihm ist viel Unrecht getan worden. Ich fand den Wahlkampf – gegen ihn, muss man ja fast schon sagen – unmöglich. So geht man nicht mit Menschen um.

War der Wahlausgang „verdient“ für die CDU?

Es ist wichtig, dass wir uns jetzt wieder besinnen auf das, was uns als Partei ausmacht. Das haben wir definitiv verloren.

Was kann die CDU aus diesem Tief rausführen?

Wir müssen wieder mehr an die Sorgen bei den Menschen herankommen, aber auch an deren positive Erfahrungen. Wir haben uns davon entfernt, auch weil wir hier und da intern zu viel diskutiert haben.

Ist das begriffen worden?

Die Beteiligung der Mitglieder beim Partei-Vorsitz ist ein erster Schritt, Menschen stärker zu beteiligen. Ich hoffe auch, dass wir die Opposition nutzen, um wieder zuzuhören.

Alle Kandidaten, die im Gespräch sind, sind Männer - teils im Rentneralter. Wie jung und wie weiblich ist die CDU eigentlich?

Nicht jung genug. Weiblich ist sie schon. Wir machen Schritte, aber wir müssen noch viel tun. Ich bin allerdings gegen eine Quote, weil wir genug Parteikolleginnen haben, die unglaublich gut sind und hohe Ämter haben, die sie zu Recht haben. Wir müssen das nur mehr zeigen und insgesamt mehr Raum geben für Meinung. Das ist es, was fehlt.

Sie waren mit Mitte 20 Fraktionsvorsitzende und Parteivorsitzende. Beide Ämter haben sie abgegeben. Ist die CDU in Herdecke enttäuscht von Ihnen oder sind Sie enttäuscht von der Herdecker CDU?

Ich hoffe, weder noch. Ich trete nicht an, weil ich vielleicht eine andere Art habe als die, die jetzt mehrheitsfähig ist.

Wie würden Sie diese „andere Art“ bezeichnen: offener – auch für Gespräche mit anderen Parteien?

Offen für das Gespräch mit anderen Parteien ist der Rest auch. Ich war mehr auf einem parteipolitischen Weg, der auch Ziele für Menschen gedacht hat und auch ab und zu über die kommunale Ebene hinausdenkt. Das ist manchmal vielleicht zu weit gedacht.

Politik muss doch immer für Menschen gemacht werden – was gibt es denn außer Selbstbespiegelung und strategischem Handeln für eine Alternative dazu?

Schmutzige Wäsche will ich nicht waschen. Ich kann nur sagen, dass ich nicht Politik für Verwaltung mache, mir ist inhaltliches Arbeiten für die Menschen wichtig, und ich mache Politik auch nicht für mich. Ich hatte schnell viele Ämter, aber die sind mir angeboten worden. Mir ist es nicht um den Parteivorsitz gegangen und auch nicht um den Fraktionsvorsitz, sondern mir ging es darum, etwas zu bewegen. Ich brauche die Ämter nicht, um gute Politik machen zu können.

Bei welchen Themen wollen Sie das tun?

Wichtig ist mir der Mix aus Wirtschaft und Sozialpolitik. Wichtig wird beispielsweise auch Wohnen für junge Familien oder Pärchen.

Wie weit ist die Herdecker CDU mit einer Erneuerung vor Ort?

Ich hoffe, dass die Arbeit weiter zukunftsgerichtet sein wird. Wir müssen uns diesen Schuh auch auf kommunaler Ebene anziehen.

Welche Rolle spielt die Parteijugend dabei?

Es gibt weiter junge, aktive Menschen. Und ich würde mir wünschen, es wären noch mehr, die auch in die CDU drängen würden.

Warum ist die CDU Ihre Partei?

Ich habe immer gesagt: Man muss die Partei finden, mit der man die wenigsten Kompromisse machen muss. Nach wie vor empfinde ich die christlichen Werte als wichtig, wir müssen uns darauf wieder mehr besinnen. Christlich geht einher mit einer gewissen Form von Nächstenliebe und gegenseitiger Akzeptanz.

>>> Zur Person: Julia Brunow

Geboren wurde Julia Brunow 1993 in Witten, aufgewachsen ist sie in Herdecke.

Nach dem Abi an der FHS hat sie zunächst Lehramt studiert, hat dann aber zu einem Bachelor-Abschluss gewechselt.

Neben dem Studium arbeitet sie für einen Abgeordneten im Düsseldorfer Landtag.

Sie hat einen Sitz im Herdecker Rat, arbeitet im geschäftsführenden Kreisvorstand der CDU mit und ist in der CDA aktiv.