Herdecke. Steigende Nachfrage, sinkendes Angebot: Folgen des Ukraine-Krieges fordern den Verein. Mehr als 60 Geflüchtete sind auf die Hilfe angewiesen.
Vor den Türen der ehemaligen Bäckerei Hegener herrscht ein reges Getümmel – die Menschen reden und lachen. Die Szenerie spielt sich nicht etwa bei einer Runde Kaffee und Kuchen ab, sondern vor dem Herdecker Brotkorb. Zwischen den Essensausgaben unterhalten sich die Besucher, tauschen sich aus und das in unterschiedlichen Sprachen. Bei genauerem Hinschauen fällt auf, dass die Leute ihre Telefone zwischen einander hin und her reichen – sie nutzen eine Übersetzerfunktion auf dem Handy. Vor dem Ladenlokal „Am Sonnenstein 25“ reihen sich ukrainische Geflüchtete ein. Einzelpersonen, Mütter mit Kindern – sie werden von der Stadt mithilfe von Gutscheinen für den Hilfsverein unterstützt und können so ihren Familien etwas zu Essen auf den Tisch stellen. Der Brotkorb steht für Hilfsbereitschaft und Unterstützung der Bedürftigen, doch er hat aktuell mit den Folgen des Krieges zu kämpfen. Es sind mehr Personen auf die Lebensmittel angewiesen, allerdings erschweren die steigenden Preise und fehlende Ware die Arbeit.
Folgen der Hamsterkäufe
„Wir haben seit über drei Wochen kein Zucker, Mehl oder Öl mehr“, erzählt Irmingard Schewe-Gerigk, die Gründerin des lokalen Brotkorbs. „Wir holen die Lebensmittel aus den Supermärkten und wenn diese keine oder nur wenig Ware haben, bleibt selbstverständlich auch weniger für gemeinnützige Organisationen übrig“, fügt die Ehrenvorsitzende hinzu. Gerade jetzt seien aber mehr Lebensmittel von Nöten, um die zusätzlichen Familien zu versorgen. Rund 60 Ukrainische Geflüchtete kommen jeden Mittwoch zu der ehemaligen Bäckerei und holen ihr Essen – zuhause hätten sie allerdings noch Verwandtschaft, sie seien teilweise sogar zu acht. Der erhöhte Bedarf muss abgedeckt werden, das weiß auch Schewe-Gerigk und ist dementsprechend dankbar, dass so viele Herdecker Hilfsbereitschaft zeigen und eigenständig Spenden zum Sonnstein bringen. „Sie kommen mit mehreren gefüllten Taschen und bringen Konserven und andere Lebensmittel. Die meisten haben gehört, dass wir zurzeit mehr Personen als sonst versorgen müssen. Alle wollen ihren Beitrag leisten, um Ukrainer zu unterstützen“, erzählt Schewe-Gerigk. Immer mehr Tafeln melden sich in den Medien zu Wort, sagen die Lage spitze sich weiter zu. In Herdecke sei die Situation noch gelassener, aber das könne sich auch schnell ändern. „Wir sind rund um noch ganz zu frieden, wie sich die Situation in den nächsten Wochen entwickelt, können wir allerdings noch nicht abschätzen. Die Hoffnung besteht, dass der Brotkorb weiterhin gute Lebensmittel herausgeben kann“, so die Ehrenvorsitzende des Vereins.
Technischer Helfer
Neben der erhöhten Nachfrage kommt ebenfalls die Sprachbarriere hinzu, doch im Zeitalter der Technik spielt das keine bestimmende Rolle mehr. „Der Google-Übersetzer klappt super, das hatten wir davor noch nicht. Die Leute kommen selbst herein und haben bereits das Handy parat. Wir sind alle überrascht, wie reibungslos das funktioniert“, betont Schewe-Gerigk. Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel, so auch bei der Kommunikation zwischen den beiden Parteien. Die Geflüchteten hätten immer wieder nach einer bestimmten Sache gefragt, doch weder der Übersetzer noch die Bitte „say it in English“ (dt.: Bitte, sagen Sie es auf Englisch) haben geholfen. Des Rätsels Lösung: Es handelt sich um Buchweizen. Das Getreide sei dort scheinbar eine gängige und beliebte Speise. „So lernt man dazu, das ist auch für uns eine Weiterbildung“, sagt Schewe-Gerigk und ergänzt final: „Wir überlegen Buchweizen zu kaufen, da die Nachfrage so hoch ist.“ Das würde den von Leid geplagten Familien zumindest eine kleine Freude bereiten.
Infos zu der Spendenaktion des Herdecker Brotkorbs e.V.
Ein-Teil-mehr-Aktion: Am Samstag, 9. April, bittet der Verein von 10 bis 13 Uhr Kunden der lokalen Supermärkte ein Teil mehr zu kaufen und dieses zu spenden.
An der Aktion beteiligen sich folgende Lebensmittelhändler: Rewe Symalla in Ende, Edeka Grubendorfer im Quartier Ruhraue und Rewe im Mühlencenter.