Herdecke. Künstlerin Dagmar Dörken Vogt ist mit ihrem Atelierhaus von Wuppertal nach Herdecke gezogen. Sie lädt zur ersten Ausstellung vor Ort.
Noch bevor man einen einzigen Fuß in das neue Atelier von Dagmar Dörken Vogt setzt, wird deutlich: Hier wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Überlebensgroß und fast drei Zentner schwer ist die Bronze-Figur im Kopfstand, die neben dem Eingang steht und dazu einlädt, die Welt mit anderen Augen zu sehen. Einmal über die Schwelle getreten, fällt genau das nicht schwer: Raum und Licht, Werkzeug und Material, vor allem aber die Kunstwerke sprengen gewohnte Dimensionen.
Von Wuppertal an die Ruhr
Alles hier ist hell, offen, großzügig. Riesengroße Fensterfronten zu allen Seiten erwecken den Eindruck, als hätte dieses 300 Quadratmeter große Atelier überhaupt keine Wände. Im Erdgeschoss des Neubaus an der Ruhrstraße 6 hat die Malerin und Bildhauerin Dagmar Dörken Vogt ihre neue und – so hofft sie – endgültige Bleibe gefunden. „Neben der großen Ausstellungsfläche habe ich hier auch Raum zum Arbeiten und ein zusätzliches Lager von etwa 60 Quadratmetern. Als Bildhauerin braucht man viel Lagerplatz“, sagt die Künstlerin, die im Oktober letzten Jahres mit ihrem Atelier DAVO aus Wuppertal-Beyenburg an die Ruhr gezogen ist. Zwölf Jahre lang wirkte sie dort und setzte nicht nur mit ihrer Serie von lebensgroßen Tanzenden nach Ballett-Legende Pina Bausch Zeichen in der Szene.
Harte Arbeit
Beim Gang durch die neuen Räume wird schnell klar, dass diese Art kreativen Schaffens Platz braucht: Nicht nur die Bronze-Skulpturen – viele sind über einen Meter, einige über zwei Meter groß – sind raumgreifend, auch viele Gemälde sind großformatig. Was der Laie beim Betrachten der ebenso ästhetischen wie ausdrucksstarken Figuren nicht erahnt, ist die harte körperliche (Hand)Arbeit, die dahinter steckt. „Die Modelle für meine Großskulpturen sind aus Gips oder Beton. Ich arbeite mit drei Großgießereien zusammen, die zunächst Großformen aus Bronze herstellen und diese dann zu einem Ganzen zusammenschweißen“, erklärt die Künstlerin.
Der Akt
Die Kunst dabei: Am Ende dürfe keine Schweißnaht zu sehen sein, damit die Figur wie aus einem Guss erscheine. Gold-Weiß oder Schwarz-Gold leuchtet die Bronze, die Patina wird schichtweise aufgetragen. Ihr klassisches Thema ist der Akt, „wobei die Proportionen nicht stimmen. Meine Figuren haben immer überlange Beine, und auch die Körperhaltung ist übertrieben, nicht unbedingt natürlich, sondern auf Ästhetik ausgerichtet“. Weil sie Wert auf Körperhaltung lege, seien etwa die Tänzerinnen nicht angezogen, sondern nackt: „Kleidung würde die Figur überdecken.“
Metallbau als Voraussetzung
Ihre akademische Ausbildung in Malerei absolvierte Dagmar Dörken Vogt bei Markus Lüpertz, ihre Ausbildung im Metallbau bei Mathias Lanfer, einem Meisterschüler von Tony Cragg. „Für Großskulpturen muss man Metallbau können, sonst geht das nicht“, sagt die Künstlerin, für die das Schmieden, Schweißen und Biegen von Metallen und Blechen zur täglichen Arbeit gehört: „Für Figuren ab halber Lebensgröße braucht man ein Metallgerüst, denn das Material muss ja irgendwo aufgetragen werden. Ich fertige erst eine Skizze an und baue danach das Metallgerüst. Wichtig ist auch, dass die Statik stimmt.“ Während Figuren wie die Haarwäscherin, der Denker, die Schlafende oder die Springerin durchaus konkret sind, gestaltet sie die Oberflächen stets unkonkret, leicht impressionistisch. „Grob“, wie sie sagt, „mit Hammer und Meißel“. „Ich arbeite groß, dazu gehört das Spachteln, das dicke Auftragen von Farben. Da kommen bei mir das Malerische und das Gestalterische zusammen“, so die Künstlerin. Ein Blick auf das Bild „Sommer am Fluss“ bestätigt: Raum und Situation lassen sich erahnen, ansonsten regiert Farbe das abstrakte Werk.
Bronze „für die Ewigkeit“
Dagmar Dörken Vogt streicht über den Rücken der Haarwäscherin, die auf einem Sockel inmitten des Ateliers kniet. Die schwarz-goldene Bronze glänzt im Licht. „Alles verwittert, Beton geht kaputt. Aber Bronze ist für die Ewigkeit, deshalb liebe ich das Material.“ Wobei nicht nur das Material den hohen Preis ihrer Skulpturen erklärt, sondern auch die Tatsache, „dass an einer lebensgroßen Bronze drei Leute mindestens zehn Wochen lang beschäftigt sind“. Es sind all diese Dimensionen, die ins Staunen versetzen. Dazu gehört nicht zuletzt die meterlange Kranbahn, die die schweren Skulpturen direkt vom Arbeitsplatz hinaus auf den Hof und dort auf einen Anhänger befördert. Sozusagen ein maßgeschneidertes Atelier. Dass das längst nicht immer so war, macht Dagmar Dörken Vogt am Ende des Rundgangs klar: „Ich mache seit 35 Jahren Ausstellungen, und langsam kommt die Ernte.“
Tag der offenen Tür in Herdecke
Dagmar Dörken Vogt hat u.a. Kunst und Geschichte studiert und wurde für ihr künstlerisches Schaffen mit diversen Preisen im In- und Ausland ausgezeichnet. In zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen, unter anderem in den USA, Polen und Österreich, präsentierte die Künstlerin ihre Arbeiten der Öffentlichkeit. Ihre Skulpturen verkauft sie über ihre Galerien europaweit und international.Mit einem Tag der offenen Tür eröffnet Dagmar Dörken Vogt die Ausstellung „Neue Orte – Neue Zeiten“ in ihrem neuen Atelierhaus DAVO am Sonntag, 10. April, von 11 bis 18 Uhr. Bereits ab März ist das Atelierhaus, Ruhrstraße 6, mittwochs von 14 bis 18 Uhr geöffnet.Mehr Infos unter www.davo.de