Hagen. Hochstapler (36) leitete Corona-Impfzentrum und saß als „Doktor“ im Gesundheitsamt. Staatsanwalt fordert hohe Strafe
In der zweiten Auflage des Prozesses gegen den falschen Rotkreuz-Doktor (36) ist Dienstag das neue Urteil gefallen. Der Hochstapler, der sich gegenüber dem Deutschen Roten Kreuz und der Stadt Hagen erfolgreich als Arzt ausgab, in Wahrheit aber nie Medizin studiert hatte, erhielt fünf Jahre Haft. In die Entscheidung waren auch vorherige Urteile mit einbezogen worden. Vorsitzender Richter David Theile bezeichnete die von der Kammer gebildete Gesamtstrafe als „sehr moderat“.
Der Angeklagte hatte in der Corona-Zeit dem DRK-Ortsverband Hagen mehrere gefälschte Unterlagen vorgelegt: Eine Approbationsurkunde, die ihn als promovierten Arzt für Psychiatrie auswies, Facharztzeugnisse und Weiterbildungsnachweise. Dass er ein mehrfach vorbestrafter Betrüger und Hochstapler war, ist zunächst gar nicht aufgefallen.. Zwar hatte der damalige Rotkreuz-Präsident, selbst Arzt, recht bald erhebliche Zweifel angemeldet, dass es sich beim Angeklagten um einen echten Mediziner handeln könnte - doch das wurde vereinsintern abgewiegelt.
Kein Schaden für das DRK
So stieg der falsche Arzt zum Leiter des Hagener Corona-Impfzentrums auf. Die durchgeführten Abstriche und Testungen wurden von der Stadt zunächst mit einem Stundensatz von 140 Euro, später mit 210 Euro vergütet. Als „Doktor“ residierte der Angeklagte auch mit eigenem Büro städtischen Gesundheitsamt. Die Stadt überwies für seine „ärztlichen Leistungen“ monatlich 6300 Euro an den DRK-Ortsverband. Das Rote Kreuz reichte davon monatlich 6000 Euro an ihn weiter. Betrogen worden sei das DRK dennoch nicht, befand das Gericht: „Es ging bei seiner Tätigkeit nicht um medizinische Fragen, sondern um organisatorische Dinge.“ Und Corona-Abstriche durfte der Angeklagte machen, auch ohne Mediziner zu sein. „Dass diese nur ein Arzt abnehmen durfte, war eine Fehlannahme der Stadt Hagen“, so Richter Theile, der den Angeklagten lobte: „Er hat seine Aufgaben stets zur vollsten Zufriedenheit aller Beteiligten erledigt.“
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Das DRK-Hagen, das zunächst Regressansprüche von mehr als einer halben Million Euro geltend gemacht hatte, ist im jetzigen Strafverfahren erneut leer ausgegangen. Der Angeklagte, der sich derzeit im offenen Vollzug befindet, weil er eine Arbeitsstelle hat, wird wohl auch nach dieser Verurteilung nur zum Übernachten hinter Gitter müssen. Er hat während seiner U-Haft, die unglaubliche zwei Jahre und vier Monate dauerte, sein Studium abgeschlossen, eine Psychotherapie erfolgreich durchgestanden, geheiratet und eine Familie gegründet. Er verspricht: „Ich weiß, wie das Leben für mich weitergehen soll. Und zwar straffrei.“