Hagen. In Hagen unterstützt das Team von „Defakto“ Frauen mit Migrationshintergrund und alleinerziehende Mütter beim Berufseinstieg. Wie das funktioniert.
Nermen ist 28 Jahre alt, kam 2016 aus Syrien nach Deutschland. Ihre Kinder besuchen beide schon in Hagen eine Schule. Sie selbst sucht schon lange einen Job: „Ich habe schon viele Bewerbungen geschrieben und fast nie eine Antwort bekommen“, sagt die Hagenerin, die fast einwandfrei Deutsch spricht. Sie ist alleinerziehende Mutter. Gerade da ist es nicht immer leicht, Familie und Job unter einen Hut zu bringen. „Aber ich habe schon eine Weiterbildung als Schulbegleitung gemacht, könnte mir das auch als Job vorstellen. Oder eine Ausbildung zur Erzieherin“, erzählt die 28-Jährige und lächelt. „Am liebsten würde ich erst einmal in Teilzeit arbeiten und dann gucken, wie es funktioniert“, sagt die junge Frau.
„Ich habe schon viele Bewerbungen geschrieben und fast nie eine Antwort bekommen“
Jetzt schreibt sie wieder Bewerbungen. Allerdings mithilfe von außerhalb. Sie ist Teil eines besonderen Frauen-Projektes des Bildungsträgers „Defakto“, das vom Hagener Jobcenter gefördert wird. „Unsere Angebote richten sich vorwiegend an Menschen, die Schwierigkeiten haben, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen“, erklärt Merima Horozovic, Pädagogische Lehrkraft und Theaterpädagogin. Beispielsweise Menschen mit Migrationshintergrund, alleinerziehende Frauen, junge Erwachsene oder auch Menschen mit Einschränkungen.
Unterschiedliche Hintergründe
Für das Projekt in Hagen hat Defakto Räumlichkeiten in der Pelmke angemietet. Theaterarbeit, Selbstverständnis, Jobcoaching und ein beruflicher Einstieg stehen dabei im Mittelpunkt. „Die Frauen, die mitmachen, haben alle ganz unterschiedliche Hintergründe. Manche haben keinen Schulabschluss, andere einen Hochschulabschluss oder eine Qualifizierung in der Heimat, die hier aber nicht anerkannt wird“, erklärt die Projektleiterin. Die Frauen stammen aus Syrien, Pakistan, Kasachstan, der Türkei, Eritrea, Kamerun oder auch Deutschland. Über neun Monate werden sie in dem Projekt begleitet und angeleitet - am Ende sollen sie in ein Praktikum in ihrem Berufswunschfeld vermittelt werden. Bei einigen hat es schon geklappt, andere Frauen sind noch auf der Suche.
Unter den Frauen ist auch Sadia (44) aus Haspe. Die Frau aus Pakistan war in ihrer Heimat Lehrerin und schneiderte als Hobby. Sie würde auch hier gerne in dem Bereich arbeiten, als Englisch- oder Mathelehrerin. „Aber das klappt nicht und wird nicht anerkannt. Ich könnte mir auch vorstellen, in der OGS-Betreuung zu arbeiten, oder Nachhilfe zu geben“, sagt die 44-Jährige. Vier ihrer Kinder besuchen ein Gymnasium in Hagen, ein Kind ist noch im Kindergarten. Im Projekt bringt sie sich vor allem auch handwerklich ein. „Ich habe immer gerne genäht“, sagt Sadia.
Und so hat sie auch für die erste, kleine Aufführung der Frauengruppe ein Kostüm geschneidert. „Das ist ein erster Meilenstein im Projekt - ein Forum mit kleiner Aufführung zum Thema Demokratie“, erklärt Merima Horozovic. Am Mittwoch, 18. September, um 11 Uhr gibt es in der Pelmke Livemusik, Essen, und die Frauen präsentieren eine eingeübte Szene. Dann werden sie auch ihre „Sedcards“ erhalten, mit professionellen Fotos und einer persönlichen Vorstellung. „Nach dem Forum am Mittwoch startet dann zunächst ein einwöchiges Praktikum“, erklärt die Theaterpädagogin den Ablauf. Auch diverse Arbeitgeber wurden zum Termin eingeladen. Am 18. November soll dann noch eine große Theater-Aufführung in der Pelmke stattfinden, für die die Frauen bald mit den ersten Proben beginnen.
Tägliche Arbeit vor Ort
Über die gesamte Projektzeit sind die Frauen von Montag bis Donnerstag täglich von 8.30 Uhr bis 14 Uhr vor Ort, freitags haben sie Homeoffice. Ihnen wird ein Tablet gestellt, das sie bei erfolgreicher Absolvierung der Maßnahme behalten dürfen. Miguel Nadalet, ebenfalls Teil des Defakto-Teams im Bereich Jobcoaching, betont: „Die Frauen lernen in der Zeit viel über sich selbst, gewinnen über die Theaterarbeit und die Einzelcoachings aber auch an Selbstbewusstsein und lernen mehr zum Thema Bewerbung“, erklärt er. Im Vordergrund steht nämlich auch die Verbesserung der Kommunikations- und Präsentationstechniken. Und die intensive Theaterarbeit wird begleitet von intensiven Einzelcoachings.