Hagen. Die Firma Hagener Feinstahl ist im Drahtgeschäft beheimatet, doch Chef Ingo Bender unterstützt auch junge Gründer aus anderen Branchen

Was hat Draht mit Tiefkühlpizza und Gesichtscreme zu tun? Nichts, so könnte man meinen. Doch ganz so einfach ist es nicht, wie ein Besuch beim Unternehmen Hagener Feinstahl zeigt. Denn die Drahtzieher von der Volme um Geschäftsführer Ingo Bender investieren über die Unternehmensgruppe auch gezielt in mehrere Start-ups, also junge Geschäftsgründer. Die treiben ihre Geschäfte in Branchen, die auf den ersten Blick wenig mit dem Industriebetrieb gemein haben.

Unternehmen aufbauen

„Start-up“ - die funkelnden Luftschlösser, die sich hinter dieser sexy angelsächsischen Vokabel verbergen, fegt Ingo Bender gleich zu Beginn des Gespräches mit dieser Zeitung weg. „Irgendwann sind alle diese Unternehmen mit der realen Wirtschaftswelt konfrontiert.“ Letztlich gehe es darum, in dieser Welt ein Unternehmen aufzubauen, sagt der Geschäftsführer von Hagener Feinstahl, „und dass wir das ein bisschen können, das haben wir in den vergangenen Jahrzehnten gezeigt.“

Junger Firmenchef

Sein Großvater hat Anfang der 1930 in Vorhalle einen Drahthandel mit kleiner Produktion gegründet. Als Kind arbeitete Ingo Bender in der Firma, die sein Vater und sein Onkel inzwischen leiteten. Die Firma wuchs, zog um zum heutigen Standort direkt an die Volme. Mit 23 Jahren übernahm Bender plötzlich und unerwartet die Verantwortung für rund einhundert Beschäftigte und die Zukunft des Familienbetriebs, der Kunden von der Umwelt- und Medizintechnik bis in die Automobil- und Raumfahrtbranche beliefert.

Der Hagener Ingo Bender ist Geschäftsführer der Firma „Hagener Feinstahl“. Über die Unternehmensgruppe ist er an mehreren Start-ups aus der Kosmetik und Lebensmittelbranche beteiligt.
Der Hagener Ingo Bender ist Geschäftsführer der Firma „Hagener Feinstahl“. Über die Unternehmensgruppe ist er an mehreren Start-ups aus der Kosmetik und Lebensmittelbranche beteiligt. © WP | Michael Kleinrensing

„Wir sind keine Marketing-Profis, aber wir können das, was unsexy ist und auch gemacht werden muss.“

Ingo Bender, Geschäftsführer Hagener Feinstahl, hilft jungen Unternehmensgründern

Erfahrung an Gründer weitergeben

Die Erfahrungen aus der täglichen Arbeit will er an junge Start-ups wie „Roberto Di Frosty“ weitergeben. Dahinter stecken zwei Gründer, die in Köln seit ein paar Jahren hochwertige Tiefkühlpizzen produzieren und vertreiben. Mit 60 Prozent ist die Unternehmensgruppe um Hagener Feinstahl an „Roberto Di Frosty“ beteiligt. Dabei liegt die Kompetenz, die der erfahrene Drahtzieher aus Hagen bieten kann, weniger im Wissen um die schmackhafteste Tomatensoße oder die pfiffigste Werbung. „Wir sind keine Marketing-Profis“, betont Ingo Bender, „aber wir können das, was unsexy ist und auch gemacht werden muss.“

Kooperation mit „Roberto Di Frosty“

Damit ist in erster Linie die Arbeit gemeint, die im Hintergrund laufen muss. Genehmigungen für die Produktion einholen, mit Großhändlern verhandeln, Gespräche mit Banken über die Finanzplanung führen und so weiter. In diesen Bereichen mischen sich Bender und sein Team in Abstimmung mit den Start-up-Gründern ein. Im Falle von „Roberto Di Frosty“ aus Köln eine erfolgreiche Kooperation: In vielen rheinischen Rewe-, Edeka- und Kaufland-Filialen liegen die frostigen Pizzen bereits im Kühlregal. Auch in der Heimstätte des FC Bayern München, der Allianz-Arena, werden Pizzen von „Roberto di Frosty“ an die Fans im Stadion verkauft.

Auf der anderen Seite lernen die Drahtzieher vom Volmeufer auch von den jungen Startups, besonders im Bereich Marketing in den sozialen Medien. „Wir waren überrascht, wie wichtig TikTok und Instagram mittlerweile für das Marketing sind.“

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Breit aufstellen

Profit mit den Start-ups zu machen, das sei dabei gar nicht der Anspruch. Gleichwohl müssen die Investments in anderen Märkten kein Nachteil sein, wenn die Auftragslage in der eigenen Branche mal schwächelt. In Zeiten steigender Kosten breit aufgestellt zu sein, kann eher von Vorteil sein. Insgesamt 13 Tiefkühlpizzen verzehrt jeder Bundesbürger im Schnitt pro Jahr, beziffert das deutsche Tiefkühlinstitut (dti). Favorit der Deutschen sei dabei die Pizza Salami, aber das nur nebenbei.

Invest in Kosmetikbranche

Nicht nur bei Tiefkühlpizzen, auch bei Unternehmen aus der Kosmetikbranche wie Medical Beauty Research (MBR) und der Westfälischen Kosmetik Manufaktur (Wekoma) ist die Unternehmensgruppe von Hagener Feinstahl als Anteilseigner mit im Boot. Aus der Kooperation stammt auch eine Intensivcreme für die Haut, die Pflege bei der täglichen Arbeit an Maschinen verspricht.

Die langjährige Erfahrung in der Wirtschaft lockt immer wieder Start-ups, die bei Hagener Feinstahl um Rat und Expertise fragen. „Manchmal kommen wir nach Gesprächen auch zu dem Schluss, dass es nicht passt.“ Über das Engagement erzählt Ingo Bender mit ruhiger Stimme, ohne Superlative und angelsächsisch-hippem Start-up-Sprech.

Die Unternehemensgruppe von „Hagener Feinstahl“ ist an Firmen aus der Kosmetikbranche wie Medical Beauty Research (MBR) und der Westfälischen Kosmetik Manufaktur (Wekoma) beteiligt.
Die Unternehemensgruppe von „Hagener Feinstahl“ ist an Firmen aus der Kosmetikbranche wie Medical Beauty Research (MBR) und der Westfälischen Kosmetik Manufaktur (Wekoma) beteiligt. © WP | Michael Kleinrensing

Grundsätzlich sei ihm der Hype um das Thema, wie er in Fernsehformaten wie der „Höhle der Löwen“ manchmal forciert wird, zuwider. Mit Stereotypen vom smarten Investor als Visionär und Macher fremdelt er. „Wir rennen nicht durch die Welt und wollen alle Start-ups kennenlernen, um die Firmen mit Potenzial rauszupicken“, sagt Bender, um dann doch kurz ins Englische zu verfallen: „Wir machen es lieber ‚downsizing‘, westfälisch.“