Hagen. Zahnarzt Dr. Kaiser ist in seinem Viertel beliebt, seine Praxis existiert seit 23 Jahren. Die neue Parkzonenregelung bringt ihn in die Bredouille.
Seit 23 Jahren praktiziert Dr. Marc André Kaiser (53) in der Arndtstraße. Die Praxis läuft gut, der Zahnarzt hat sieben Mitarbeiterinnen und ist bei seinen Patienten und den Menschen im Viertel beliebt.
23 Jahre lang lief auch alles bestens. Doch seit Einführung der neuen Parkzone H fällt ein Schatten auf den beruflichen Alltag des Mediziners aus Hagen. Kaiser darf neuerdings nicht mehr vor oder im Umfeld seiner Praxis parken. Das gleiche gilt für seine Angestellten, auch sie dürfen ihre Autos nicht mehr in der Arndtstraße abstellen. „Es ist wirklich eine sehr schwierige und belastende Situation“, sagt der Zahnarzt.
Denn Marc Andre Kaiser ist zwar in Hagen verwurzelt und hat sich nach dem Abitur am Theodor-Heuss-Gymnasium und dem Zahnmedizinstudium in Münster nicht von ungefähr in seiner Heimatstadt niedergelassen, doch zwischenzeitlich veränderte sich seine persönliche Lage. Er ist mit einer Zahnärztin verheiratet, die eine Praxis in Lippstadt betreibt, und das Ehepaar lebt gemeinsam mit dem Sohn in Soest: „Das ist zwar nicht genau die geographische Mitte zwischen Hagen und Lippstadt, aber so ungefähr“, sagt Kaiser.
Erstwohnsitz mit Frau und Kind in Soest
Um den Stress in Grenzen zu halten, fährt der Zahnarzt nur mittwochs nachmittags und an den Wochenenden zu seiner Familie nach Hause. An den übrigen Tagen bleibt er nach der Arbeit in seiner 2,5-Zimmer-Wohnung, die sich im selben Haus wie die Praxis befindet. Das reduziert den täglichen Kraftaufwand und schont so ganz nebenbei die Umwelt. Allerdings hat Kaiser, seitdem er sich mit seiner Frau für diesen Wochenablauf entschieden hat, seinen Erstwohnsitz nach Soest verlegt, die kleine Wohnung in der Arndtstraße in Hagen ist sein Nebenwohnsitz.
Und genau da liegt der Hase im Pfeffer. Seitdem am 1. August die Parkzone H, zu der die Arndtstraße und die umliegenden Wohngegenden gehören, eingeführt wurde, dürfen dort nur noch Anrainer mit Parkausweis unbegrenzt ihre Fahrzeuge abstellen, für alle anderen Autofahrer läuft die Parkscheibe nach zwei Stunden ab. Zahnarzt Kaiser ist zwar ein Anwohner im klassischen Sonne, doch einen Parkausweis bekommt er trotzdem nicht. Grund: Die Regelung gilt nur für Anwohner mit erstem Wohnsitz.
Zahnarzt sieht Wettbewerbsfähigkeit gefährdet
Dass er sein Auto 23 Jahre nach Eröffnung seiner Praxis nun nicht mehr dort parken darf, ist für den Mediziner nicht nur ein Ärgernis. Er versteht auch den Sinn der Maßnahme nicht. Denn erklärte Absicht des Stadtrates sei es ja gewesen, mit Einrichtung der Parkzonen vor allem dauerparkende Pendler zum Umsteigen in den Öffentlichen Nahverkehr zu bewegen und zugleich Anwohnern mit ihren Pkw mehr Luft zum Abstellen ihrer Autos zu verschaffen.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Verkehrswende rückten zuletzt vorzugsweise jene Pendler in den Fokus der Kritik, die morgens ihren Arbeitsplatz in der City ansteuern, den ganzen Tag mit ihrem Pkw in einem angrenzenden Wohnquartier wie der Arndtstraße einen Gratis-Stellplatz blockieren und erst am Spätnachmittag wieder verschwinden.
Zahnarzt Kaiser fällt gar nicht unter diese Gruppe - und darf dennoch nicht mehr vor dem Haus parken. Zudem fürchtet er in Zeiten des Fachkräftemangels um seine Wettbewerbsfähigkeit, denn welche Arzthelferin, vor allem wenn sie alleinerziehende Mutter unter Zeitdruck ist, möchte schon in einer Praxis arbeiten, die sie nicht bequem mit dem Auto erreichen kann. „Angesichts dieser Situation bitte ich die Stadt einfach darum, eine Lösung für meine Mitarbeiterinnen und mich zu finden“, sagt Kaiser.
Stadt sieht keine Möglichkeit für Ausnahme
Doch im Rathaus winkt man ab. „Nein, für Menschen, die berufsbedingt in einer Parkzone tätig sind, gibt es keine Ausnahme“, sagt Clara Treude, Sprecherin der Stadtverwaltung in Hagen: „Ein Bewohnerparkausweis kann nur durch Bewohnerinnen und Bewohner mit Erstwohnsitz in einer der Innenstadtzonen beantragt werden.“
Die Stadt Hagen hat die neue Parkzone H bereits durch entsprechende Verkehrsschilder deutlich gemacht, die auf den Anfang beziehungsweise das Ende der Zone sowie die geltenden Regeln hinweisen. Nach einer ersten Übergangsphase sollen bald auch Strafzettel verteilt werden. Wenn nicht doch noch ein Kompromiss gefunden wird, dürfte der tägliche Stress für Dr. Kaiser 23 Jahre nach Eröffnung seiner Praxis erheblich zunehmen.