Hohenlimburg. Bislang war ungewiss, ob in der ehemaligen Schlossbrauerei in Hohenlimburg auch Bier in Flaschen abgefüllt wurde - doch ein Zufallsfund bringt Licht ins Dunkel:
Ob die ehemalige Hohenlimburger Schlossbrauerei nur Fässer oder auch Flaschenbier produziert hat, diese Frage blieb bislang im Nebel der Geschichte verborgen, wie unsere Zeitung jüngst berichtete. Als Reaktion meldete sich darauf nun ein Leser aus Hagen, der den Nebel lichten kann.
Letzte Flasche aus der Brauerei
Denn Manfred von der Heyden besitzt eine Flasche aus der ehemaligen Schlossbrauerei in Hohenlimburg. Sie ist wohl die einzig verbliebene ihrer Art, hat doch jüngst selbst Widbert Fela, der Vorsitzende des Hohenlimburger Heimatvereins, nicht mit Sicherheit sagen können, ob in der Brauerei überhaupt Flaschenbier produziert worden ist - und nicht nur Fässer. Schließlich stellte die Schlossbrauerei in Hohenlimburg im Jahr 1920 den Betrieb ein und da war das Abfüllen in Flaschen noch keineswegs die Regel, sondern kam erst langsam auf. Doch in dem prächtigen Jugendstil-Gebäude am Platz der Sieben Kurfürsten, wo die Schlossbrauerei ihren Sitz hatte, wurden tatsächlich auch Flaschen abgefüllt - wie Manfred von der Heyden beweisen kann.
Zufällig gefunden
Er hält eine leere grüne Flasche in der Hand, vorne steht im Glas eingefasst „Lücke und Wiemer Schlossbrauerei Hohenlimburg“, hinten steht „unverkäuflich“. Ein Etikett hat die Flasche nicht. Seit rund zwanzig Jahren besitze er die Flasche, sagt von der Heyden, dessen gleichnamiges Schilder-Unternehmen viele Jahre im Pavillon am Rathaus beherbergt war. In den Besitz der Flasche der Schlossbrauerei kam er per Zufall, bei einem Ausflug. „Ich saß im Biergarten im Haus Becker“, erinnert sich Manfred von der Heyden zurück, „und in einer Hecke glitzerte mir die Flasche entgegen“.
Beweis für Flaschenbier-Produktion
Das Ausflugslokal Haus Becker in Sürenhagen, hoch über Hohenlimburg, hatte einst als kleiner Laden mit Schanklizenz angefangen, in dem Flaschenbier an Wanderer und Dorfbewohner verkauft wurde. Dabei hat das Lokal offenkundig einst auch Flaschenbier aus Hohenlimburg bezogen. Darauf deutet zumindest der Fund hin, den Manfred von der Heyden damals in der Hecke am Biergarten gemacht hat. Als heimatgeschichtlich interessierter Mensch hat er die weggeworfene Flasche mit nach Hause genommen und bei sich aufbewahrt. „Wenn man so will, ist es ein antikes Stück“, sagt von der Heyden, der die Flasche auch zur Verfügung stellen würde.
Neue Recherchen
Dass nach so vielen Jahrzehnten eine Flasche aus der Schlossbrauerei aufgetaucht ist und damit der Beweis, dass es überhaupt Flaschenbier in der Brauerei gab, ist für Widbert Felka, Vorsitzender Heimatverein, eine erfreuliche Nachricht. „Das ist ein Knüller. Damit ist eine Wissenslücke geschlossen.“ Selbst hat er weitere Recherchen zu der ehemaligen Brauerei angestellt und konnte anhand von Werbeanzeigen nachweisen, dass zu dem Betrieb zwischenzeitlich auch eine Eisfabrik gehört hat. „Es handelte sich dabei vermutlich nicht um Speiseeis, sondern eher um Blockeis, das für die Kühlung genutzt werden konnte.“ Als Lager für das Eis waren die kühlen Kellerräume im Brauereigebäude sicher gut geeignet.
Erinnerung an große Keller
An diese Kellerräume erinnert sich auch Annelise Hulvershorn, die Witwe des ehemaligen Hohenlimburger Bezirksvorsteher Hermann Hulvershorn. Ihr Mann habe ab 1957 mehrere Jahrzehnte eine Schlosserei betrieben, die als Lager die Kellerräume der ehemaligen Schlossbrauerei genutzt hat. Sie erinnere sich an große, weitläufige Kellerräume. „Von der einstigen Brauerei war in den Kellerräumen aber schon nichts mehr zu sehen“, sagt die 86-Jährige.
Heimat von Kulturzentrum
Im ehemaligen Gebäude der Schlossbrauerei zog später ein Möbelladen ein und seit vierzig Jahren ist dort das Werkhof Kulturzentrum untergebracht. Dass es heute noch eine Flasche gibt, die an die historischen Wurzeln des Gebäudes vor rund hundert Jahren erinnert, sorgt auch hier für Freude. „Das ist schon irre, eine echte Rarität“, sagt Norbert Höhne vom Team des hiesigen Kulturhauses. Die Flasche mal im Kulturzentrum zu präsentieren, dafür zeigt er sich offen. Doch ein anderes Rätsel um die alte Schlossbrauerei beschäftigt ihn weiter. „Wenn wir herausfinden könnten, wie das Bier aus der Schlossbrauerei hieß, dann würde ich es neu auflegen wollen. Vielleicht als Craftbier, mit Unterstützung von Brauereien.“
Ob das Bier aus der Schlossbrauerei Hohenlimburg unter besonderem Namen vermarktet wurde, ist derweil ungewiss. In einer Werbeanzeige der Brauerei werden lediglich Spezialitäten wie „Pilsener” und „Bockbier” angepriesen - ohne Markennamen.
Bierbrauer unterm Schlossberg
Gegründet durch den Brauer Heinrich Lücke in der Mitte des 19. Jahrhunderts hat die Schlossbrauerei rund 63 Jahre bis nach Ende des Ersten Weltkrieges unterm Schlossberg ihr Bier produziert und in eigener Schenkwirtschaft verkauft. Zwischenzeitlich wurde die Brauerei gemeinsam mit August Wiemer geführt, was auch den Schriftzug „Lücke und Wiemer“ auf dem Flaschenfund erklärt. Der Sohn des Gründers, Carl Lücke, sollte später das wuchtige Jugendstilgebäude errichten, das bis heute als einziges verbliebenes Baudenkmal an die einstigen Bierbrauer vor Ort erinnert.