Hagen. Der WBH pflegt rund 1800 Hektar Wald und kauft weitere Flächen zu. Allerdings bleibt der Forst tief in den roten Zahlen. Wie passt das zusammen?
Fast die Hälfte des Hagener Stadtgebietes besteht aus Wald - und immer mehr davon wird vom Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) beackert. Rund 1400 Hektar Stadtwald hat der Wirtschaftsbetrieb vor 13 Jahren von der Stadt zur Pflege übernommen, heute kümmern sich die Förster um gut 1800 Hektar, beziffert der WBH auf Anfrage. Zugleich ist der Forstbetrieb in Hagen dauer-defizitär. Wie passt das zusammen?
Wald am Eugen-Richter-Turm gekauft
Schwül-warm drückt die Luft an diesem Morgen, weshalb Stadtförster Martin Holl bereitwillig die kühlen Wälder am Eugen-Richter-Turm betritt. Kleine Äste knacken unter seinen Füßen, während er seinen Blick durch das städtische Dickicht schweifen lässt. „Wir haben in den letzten Jahren mehrere Kleinflächen gekauft“, berichtet Holl. „Diese Fläche gehörte früher einer Privatperson.“ Rund drei bis vier Fußballfelder misst das Waldgebiet, das Gelände ist abschüssig. Wenn man Flächen aus Privathand als WBH kaufe, dann gezielt, sagt Holl. Zum Beispiel, um zusammenhängende Gebiete zu schaffen, die so besser bewirtschaftet werden können.
Seilkran für Holzernte
Anders bei diesem Stück Wald, im Schatten des Eugen-Richter-Turms. „Wir haben hier sehr viel Totholz und die Fläche ist schwer zu bewirtschaften. Wir müssten das geschlagene Holz ja auch abtransportieren.“ Deshalb werden diese Bäume künftig sich selbst überlassen, die Fläche also „stillgelegt“. „Es täte mehr weh, wenn wir alles bewirtschaften und nur Geld investieren müssten.“
Allein die Lage der Wälder mache die Holzernte oft teuer. „Wir brauchen zum Beispiel nicht selten die Hilfe eines Seilkrans, weil es anders nicht geht.“
„Der Forst wird ewig ein Zuschussgeschäft bleiben, weil man den Stadtwald mit Saupark und Wildgehege in der Nähe haben möchte. Wir versuchen, damit zurechtzukommen und das Ganze so zu gestalten, dass sich die Verluste in Grenzen halten“
Millionen-Defizit im Forst
Reich wird der WBH mit Erträgen aus dem Stadtwald ohnehin nicht. Der Forstbetrieb beim WBH ist defizitär. Ein Minus von rund 2,25 Millionen Euro steht in der Bilanz für das Jahr 2022. „Der Forst wird ewig ein Zuschussgeschäft bleiben“, weiß WBH-Vorstand Hans-Joachim Bihs, „weil man den Stadtwald mit Saupark und Wildgehege in der Nähe haben möchte. Wir versuchen, damit zurechtzukommen und das Ganze so zu gestalten, dass sich die Verluste in Grenzen halten.“ Ein Ansinnen, dass der WBH schon verfolge, seit man den Stadtwald vor 13 Jahren von der Stadt übernommen hat.
Flickenteppich Stadtwald
Ein Flickenteppich mit vielen zerstückelten Flächen, durchsetzt von Flächen mit verschiedenen Eigentümern. Damals habe man den Wald mit der Perspektive übernommen, dass die Verluste bei rund drei Millionen Euro laufen. „Wir haben zum Teil Flächen aufgekauft und dann dort die Forstwirtschaft besser aufgestellt.“ Den Wald aufseiten des Freilichtmuseums an der Selbecker Straße hat der WBH zudem an den RVR abgegeben, im Tausch für die Fläche auf der anderen Seite der Selbecker Straße. Zusammenhängende Waldflächen schaffen, um das Defizit zu reduzieren und wirtschaftlicher zu werden.
Defizit gering halten
Sein Ziel sei immer gewesen, die Verluste nicht über eine Million Euro steigen zu lassen, sagt Bihs. „Das ist zeitweise auch gelungen, als wir noch Wald hatten, den man forstwirtschaftlich bearbeiten konnte.“ Doch in den vergangenen Jahren drückte nicht zuletzt die Borkenkäfer-Plage die Erträge und sorgte dafür, dass das Defizit wieder wuchs. Nun kann der WBH qua Satzung seinen Wald nur halten oder erweitern. Warum nicht Wald in Hagen verkaufen, um das Defizit zu drücken? Schließlich ist auch der Friedhofsbereich defizitär und da wurde beim WBH in den vergangenen Monaten laut über Schließungen kleiner Friedhöfe nachgedacht.
Verkauf kein Thema
„Ich muss das Defizit an allen Stellen abbauen“, will Bihs nicht beide Sparten gegeneinander ausspielen. „Bei den Friedhöfen ist es so, dass mit den Füßen abgestimmt wird. Die Beerdigungszahlen, die wir mal hatten, sind vor allem bei den kleinen Friedhöfen nicht mehr da, weshalb wir diese Schließung mehr ins Auge gefasst haben – aber die sind ja vermieden worden.“ Schwarze Zahlen werde der Stadtwald ohnehin nicht schreiben, dafür sei der hiesige Forst mit seinen 1800 Hektar schlicht zu klein. „Um ihn rentabel zu machen, bräuchte ich nicht 1800, sondern 30.000 Hektar.“ Zudem habe der Hagener Forst wertvolle Bestände nach dem Zweiten Weltkrieg als Reparationszahlungen verloren.
Wald wird stillgelegt
Zurück bei Stadtförster Martin Holl, der weiter die stillgelegten Wälder am Eugen-Richter-Turm begutachtet. Wie wird die Natur diesen Wald in den nächsten Jahrzehnten verändern? Es werde wohl auf einen Mischbestand mit Eichen, Kirschen und Buchen hinauslaufen, wagt Holl einen Blick in die Zukunft. „Das ist sehr wertvoll für Käfer, Insekten und Wildbienen, weil ganz viel Totholz da ist.“
Zwei Mitarbeiter für Erholungswald
Rund 15 Mitarbeiter arbeiten beim WBH im Forstbetrieb, inklusive Azubis. Zum Team gehören neben Förstern und Verwaltungsmitarbeitern auch ein Schlepperfahrer. Zwei Mitarbeiter kümmern sich nur um den Erholungswald (allein rund 100.000 Euro Personalkosten). Sie schneiden zum Beispiel die Sitzbänke frei, reparieren Schranken und pflegen den Wildpark. „Wir sind mit unserem Personal gut aufgestellt für die Aufgaben, die wir haben“, sagt Fachleiter Martin Holl.
Eine Karte, die den rund 1800 Hektar großen Stadtwald zeigt, will der WBH künftig ins Netz stellen.