Breckerfeld. Tetyana, Vova und Galina sind vor dem Krieg in der Ukraine geflohen. Sie erzählen vom Leben in Breckerfeld und der Situation in der Heimat.
Sie haben Glück. Sie sind gesund. Sie haben Anschluss gefunden. Tetyana hat einen Job in Hagen. Vova macht eine Ausbildung in Dortmund. Sie haben eine kleine Wohnung in Breckerfeld bezogen. Sie fühlen sich wohl. Und: sie leben. „So richtig glücklich sein kann man aber nicht, wenn in der Heimat Krieg herrscht. Auch, wenn das Wichtigste ist, dass es meiner Familie gut geht“, sagt Tetyana.
Sie ist vor anderthalb Jahren mit ihrer Mutter Galina und ihrem Sohn Vova aus der Ukraine geflohen, als der Krieg über das Land hereinbrach. Seitdem haben sie ein neues Leben, in einem neuen Land, einer neuen Stadt. „Wir sagen immer: Man kann zwar die Ukraine verlassen - aber die Ukraine verlässt dich nicht“, sagt die Mutter. Vor dem neuen Jahr haben sie nun wieder schlimme Nachrichten aus der Heimat erreicht. „Odessa, unsere Heimatstadt, wurde angegriffen. Es gab Explosionen, Tote, Verletzte.“ Tetyana Ropatan stockt ein wenig die Stimme, wenn sie davon spricht. „Immer wenn man denkt, es kehrt ein wenig Ruhe ein, kommt ein neuer Schlag. Man kann das Gefühl nicht erklären. Und ich wünsche es auch niemandem. Nicht einmal meinen Feinden.“
„Immer wenn man denkt, es kehrt ein wenig Ruhe ein, kommt ein neuer Schlag. Man kann das Gefühl nicht erklären. Und ich wünsche es auch niemandem. Nicht einmal meinen Feinden“
Kontakt in die Heimat nie verloren
Die Familie hat direkt am Morgen Kontakt in die Heimat aufgenommen, versucht, Freunde zu erreichen - und die Nachbarin. „Das Haus, in dem unsere Wohnung sich befindet, steht noch. Es hat wohl gezittert bei den Explosionen, aber alles ist unversehrt“, sagt Tetyana. „Wir versuchen den Kontakt zu Freunden zu halten, so gut es eben geht.“
Ihre engste Freundin habe sie noch im Sommer in Breckerfeld besucht. „Das waren glückliche Tage“, erinnert sich die Ukrainerin, die in ihrer Heimat als Deutschlehrerin gearbeitet hat, zurück. Die Arbeit hier lenke sie ab. Jeden Tag fährt sie zum Rahel-Varnhagen-Kolleg und unterrichtet dort ukrainische Flüchtlinge. „Einige legen bald ihre B1-Prüfung ab“, sagt sie nicht ohne Stolz.
Ihre Mutter belege weiterhin einen Online-Deutschkurs, ihr Sohn, Vova, macht eine Ausbildung bei dem IT-Dienstleister Materna in Dortmund. Er ist erst kürzlich umgezogen. „Er wohnt jetzt mit seinem Gastbruder zusammen in einer WG“, sagt Tetyana, die weiterhin mit ihrer Mutter in der kleinen, gemütlichen Wohnung in der Hansestadt lebt. „Eigentlich muss man sagen, meine Mama ist die stärkste. Sie konnte vorher kein Deutsch, lernt jetzt nach und nach dazu. Für sie war die Eingewöhnung schwierig“, erinnert sich die Ukrainerin an die ersten Wochen und Monate.
Die Hoffnung auf Frieden
Ja, was das Glück angeht, so hätten sie vor allem Glück mit ihrer Gastfamilie gehabt. Den Emdes. „Hätten wir sie nicht gehabt, wären wir vermutlich zurückgegangen. Sie unterstützen uns jederzeit. Wir haben auch zusammen Weihnachten gefeiert und besuchen uns regelmäßig. Dafür sind wir sehr, sehr dankbar.“
Was sie sich für das neue Jahr wünschen? „Frieden“, sagt Tetyana ohne Umschweife. Sie geht nicht davon aus, dass sie bald in ihre Heimat zurückkehren kann. „Aber es wäre schön, wenn wir die Ukraine irgendwann bald mal besuchen könnten. Wenn wir unsere Freunde und Kollegen sehen könnten. Aber aktuell ist das zu gefährlich ...“