Hagen-Mitte. Die dritte Klima-Demo in Hagen lockt nicht nur 2000 Teilnehmer an, sie verbindet erstmals auch alle Generationen miteinander.

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Eine Poetry-Slammerin verkündet in der Konzertmuschel die Kern-These der Bewegung: „Wir haben keine Zeit mehr.“
Eine Poetry-Slammerin verkündet in der Konzertmuschel die Kern-These der Bewegung: „Wir haben keine Zeit mehr.“ © WP | Michael Kleinrensing

Fenna Gertz ist 68 Jahre alt. Sie sitzt vor der Johanniskirche und nickt. Sie sitzt inmitten der Fridays-for-future-Demo, die gestern Mittag über 2000 Menschen an die Springe und zu einem Fußmarsch über den Bergischen Ring, den Graf-von-Galen-Ring und bis in den Volkspark lockt. „Mein ganzes Leben ist nachhaltig. Ich bin seit 26 Jahren Vegatarierin, fliege nicht und schütze die Umwelt, wo es nur geht. Diese jungen Menschen vertreten meine eigenen Positionen.“ Die Seniorin ist Sinnbild dafür, wie diese dritte Groß-Demo der Klima-Bewegung mittlerweile alle Generationen der Stadtgesellschaft packt.

Abschlusskundgebung im Volkspark: Mit Musik geht die Demonstration friedlich zu Ende.
Abschlusskundgebung im Volkspark: Mit Musik geht die Demonstration friedlich zu Ende. © Unbekannt | Michael Kleinrensing

Die Hagener Polizei setzt bei der Demo ein Zeichen. Mit so wenig motorisierten Fahrzeugen wie möglich, dafür auf Rädern und zu Fuß begleiten die Beamten einen der größten Demo-Züge der letzten Jahrzehnte über den City-Ring. Und der liegt kurzzeitig lahm. Nicht nur die Rufe der Demonstranten hallen durch die Häuserschluchten, sondern auch die Autos stehen still. Die Botschaft von „Fridays for future“ ist hör- und sichtbar.

An dem Tag, an dem das „Klima-Kabinett“ in Berlin seine Vorschläge veröffentlicht, macht die Bewegung den anwesenden Ratsmitgliedern und dem Oberbürgermeister, der sich zwischenzeitlich in den Demo-Zug einreiht, aus der Konzertmuschel im Volkspark heraus Dampf. „Sie haben in Hagen klimatechnisch gar nichts erreicht. Die selbst gesteckten Ziele werden weit verfehlt. Entscheiden Sie nächsten Donnerstag in der Ratssitzung für den Klimanotstand und richten Sie künftig all Ihre Entscheidungen an deren Klimafreundlichkeit aus“, erklärt Sprecherin Janne Rosenbaum über das Mikrofon.

Die Demonstranten legen den Innenstadt-Ring lahm.
Die Demonstranten legen den Innenstadt-Ring lahm. © WP | Michael Kleinrensing

Die Menge grölt. Senioren, Kinder, Väter, Mütter. Manche haben sich in die Baumkronen des Volksparks gesetzt. Diese Demo vereint erstmals alle klima - und systembewegten Teile der Stadtgesellschaft. Alte 68er, Atomkraft-Gegner oder die Initiatoren der Bürger-Energie-Genossenschaft, die seit vielen Jahren um jedes Dach für Solaranlagen kämpft. Frontmann Rolf Weber: „Ich mache das seit 20 Jahren. Wir haben vieles geschafft, vieles leider auch nicht. Jetzt kommt ihr, Fridays for future, und ihr macht uns so einen Mut.“

Das ist die große Klammer, die diesmal erstmals sichtbar wird. Alt und Jung scheinen in der Sache diesen einen, gemeinsamen, wichtigen Nenner gefunden zu haben. „Für mich ist das hier meine eigene Zukunft“, sagt die 34-jährige Anna Krewald, die direkt ihren Sohn Jan-Lucas mitgebracht hat. „Aber die meines Sohnes ist es erst recht. Was die Schüler hier tun, geht uns alle, das geht das ganze Land an.“

Für Dieter Rölke, Vorkämpfer der Bewegung „Lokale Agenda 21“ aus Wetter, ist es eine Ehre, auf seinem Segway neben den Demonstranten her zu fahren. „Diese jungen Leute sind Auf-die-Füße-Treter, genau wie ich. Es ist mir eine Ehre, bei ihnen zu sein.“

Unschön kommt bei den Demonstranten an, dass einige Parteien oder Institutionen Flagge und Symbole zeigen und auf Eigenwerbung setzen. Dazu gehörte die Gewerkschaft Verdi, aber auch die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD). Angesprochen auf den Fahnen-Auftritt erklärt ein Mitglied: „In Deutschland kann jeder an so einer Versammlung teilnehmen und seine Botschaft klar machen.“ Mag sein. Unpassend finden es die Organisatoren dennoch und verbitten sich das Zeigen von Symbolen.