Hagen. Zwei Männer sollen im Mai 2016 in Hagen bei einem illegalen Autorennen fünf Menschen verletzt haben. Wir berichten laufend vom Prozessauftakt.

Zwei Männer aus Hagen im Alter von 47 und 34 Jahren müssen sich ab Montag vor der 6. Großen Strafkammer des Hagener Landgerichts wegen fahrlässiger Körperverletzung und gefährlicher Straßenverkehrsgefährdung verantworten. Ihnen wird zur Last gelegt, am 19. Mai 2016 bei einem illegalen Autorennen auf der Feithstraße einen schweren Unfall verursacht zu haben. Dabei wurden fünf Menschen verletzt, darunter zwei Kinder. Ein Kind schwebte über mehrere Tage in Lebensgefahr.

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Dass der Hagener Fall eine ganze Schar von Kameratemas und Journalisten anlockt, liegt zum einen an einem Urteil, in dem zwei Raser in Berlin wegen Mordes verurteilt worden waren. Zum ersten Mal in der Justizgeschichte. Zum anderen aber auch an den außergewöhnlichen Umständen: Als einer der beiden Angeklagten mit seinem Skoda ("Der Wagen meiner Frau, ich kam gerade aus der Waschanalage") in den Gegenverkehrt geriet, rammte er zwei Autos frontal und nahezu ungebremst. Vier Insassen wurden schwer verletzt. Ein sechsjähriger Junge erlitt ein lebensbedrohliches Bauchtrauma. Ein Stück seines Dünndarms musste bei einer Operation entfernt werden. Wochenlang schwebte er in Lebensgefahr.

Angeklagter: "Es tut mir unendlich leid"

Der 46-Jährige, selbst Vater eines Sohnes, äußerte sich direkt, nachdem Staatanwalt Michael Burggräf die Anklage verlesen hatte. Seine Worte zeigen, wie sehr auch ihn der tragische Unfall am 19. Mai 2016 bewegt: "Das, was passiert ist, tut mir unendlich leid. Seit jenem Tag bin ich ein anderer Mensch. Nichts ist mehr so, wie es vorher war", so der Familienvater, der an dem Abend vor gut einem Jahr um kurz vor 9 Uhr am Steuer eines Skoda Fabia gesessen hat. "Insbesondere das, was mit den Kindern passiert ist, tut mir unendlich leid." Er habe einen Brief an die Familie geschrieben, er habe Geschenke für die Kinder geschickt. "Aber das hat die Familie nicht angenommen. Ich kann das verstehen."

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Fahrlässige Körperverletzung und Gefährdung des Straßenverkehrs - so lauten die beiden Hauptvorwürfe gegen den 46-Jährigen und den 34 Jahre alten Fahrer eines Audi A6. Hinzu kommt: Der Audifahrer soll nach dem Unfall einfach weitergefahren sein. Erst kurze Zeit später, so geht es aus der Anklageschrift hervor, sei er zur Unfallstelle zurückgekehrt. Allerdings nicht, um sich zu stellen. Er habe gegenüber Polizisten erklärt, als Fußgänger Zeuge des Unfalls geworden zu sein. Eine Smartfahrerin sei vom Fahrbahnrand einfach losgefahren. Der Skoda-Fahrer habe ausweichen müssen. So sei es zum Unfall gekommen. Neben dem unerlaubten Entfernen vom Unfallort muss er sich deshalb auch wegen falscher Verdächtigung verantworten. Zur Sache äußerte er sich zunächst nicht.

Handelte es sich tatsächlich um ein Rennen?

Im Verfahren wird es auch darum gehen, ob der Unfall tatsächlich Folge eines illegalen Rennens ist. Beide Angeklagte bestreiten das. Der 34-Jährige über einen seiner drei Verteidiger, Dominic Marraffa aus Köln: "Wichtig ist uns, festzustellen, dass es kein Rennen war", hatte der Rechtsanwalt schon vor dem Prozess erklärt und die "unrichtige Berichterstattung" in den Medien kritisiert.

Auch der 43-Jähriges Angeklagte machte vor Gericht deutlich, dass es keinerlei Verabredung zu einem Rennen gegeben habe: "Ich habe einen Anruf meiner Frau erhalten. Sie hat mir erzählt, dass unser Sohn plötzlich wilde Zuckungen gehabt und unter Atemnot gelitten hat. Da sind mir die Nerven durchgegangen." Er sei an die Ampel an der Hohenleye herangerollt. Als diese auf Grün gesprungen sei, habe er beschleunigt. Dann erinnere er sich nur noch, wie er kurze Zeit später einen Schatten wahrgenommen habe. Er habe gebremst und das Lenkrad verrissen.

Laut Anklage befand er sich schräg hinter dem Audi des Mitangeklagten. Beide Fahrzeuge waren mit mehr als 100 Stundenkilometern unterwegs.

Video sollte für Klarheit sorgen

Hilfe bei der Wahrheitsfindung erhoffte sich das Gericht von einem Video, das ein Zeuge aufgenommen hatte. Der ehemalige Polizist gab an, Oldtimer-Fan zu sein und darum eine Dashcam in seinem Wagen installiert zu haben. So wolle er Oldtimer aufnehmen, die zufällig seinen Weg kreuzen. Die Verteidigung des jüngeren Angeklagten beantragte, das Video aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht als Beweismittel zuzulassen. Die Richterin ließ den Film dennoch zeigen. Allerdings ohne größere Erkenntnisse - die Sequenz war zu kurz, um Aufschluss geben zu können, ob es sich tatsächlich um ein Rennen gehandelt hatte.

Schöffe erschien nicht, Prozess begann mit Verspätung

Der Prozess hatte eigentlich um 9 Uhr beginnen sollen. Da jedoch ein Schöffe nicht erschienen war, verzögerte sich der Anfang um drei Stunden. Erst um 12 Uhr konnte die Verhandlung beginnen.