Hagen. Ein Wahlplakat von „Die Partei“ sorgt für Verwirrung und Ärger auf Hagens Straßen. Das Plakat darf laut Stadt aber hängen bleiben.

Sollen Nazis nun getötet werden? Oder töten Nazis andere? Ein Wahlplakat der Satire-Partei „Die Partei“https://www.wp.de/staedte/hagen/partei-kreisverband-in-hagen-alternative-zum-establishment-id227959081.html sorgt in Hagen für Unmut bei vielen Betrachtern. Erzürnte Bürger sollen sogar schon versucht haben, die Wahlkampf-Helfer beim Plakatieren von der Leiter zu stoßen. „Nazis töten“ steht in weißen Lettern auf rotem Grund auf dem Plakat, um das es geht. Ist das eine Aufforderung zu Gewalt?

Bürgerin: „Der Autor will offenbar sehr bewusst beide Deutungen zulassen“

So wie Elfriede Leniger-Follert sehen es viele Hagener. „Mein erster spontaner Gedanke zu diesem Slogan war: Das ist ein Aufruf zum Töten von Menschen oder zum Mord. Erst beim zweiten Blick auf das Plakat dachte ich, es könnte auch als Aussage gemeint sein. Der Autor dieses Plakats will offensichtlich sehr bewusst beide Deutungen zulassen, da sie den Slogan weder als Aufforderung noch als bloßen Aussagesatz kennzeichnen. Beide mögliche Deutungen halte ich für unsäglich und inakzeptabel und wundere mich, dass bisher weder Polizei noch Staatsanwaltschaft eingegriffen haben.“ Letzterer Punkt ist aber nicht ganz richtig, wie sich im Folgenden herausstellen wird.


Stand heute hat die Partei in Hagen schon 115 Mitglieder insgesamt

Laura Knüppel (33) ist in Hagen die OB-Kandidatin von „Die Partei“, die 2004 von Redakteuren des Satire-Magazins Titanic gegründet wurde und deren Vorsitzender Martin Sonneborn – selbst Satiriker und Journalist – sowohl 2014 als auch 2019 ins Europaparlament gewählt wurde. Stand heute hat die Partei (ein Apronym für Partei für Arbeit, Rechtsstaat,Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative ) in Hagen 115 Mitglieder. Damit ist sie hier größer als die AfD (65), die Linke (103) und schon fast so groß wie die Grünen (125), Hagen Aktiv (145) und die FDP (148).

Mit dem Slogan soll an Gewalt durch Nazis erinnert werden – so wie in Hanau

Bei dem Nazis-töten-Schild handelt es sich um eine bundesweite Plakatierung der Partei. „Die Plakate, die explizit etwas mit Hagen zu tun haben, werden wir am Ende dieser Woche noch aufhängen“, sagt Laura Knüppel und ergänzt: „Hinter der Aussage „Nazis töten“ steht ein Punkt. Es ist eine Feststellung. Wir erinnern damit unter anderem auch an das Attentat von Hanau Anfang des Jahres, bei dem 30 Menschen gestorben sind und der Täter einen rassistischen Hintergrund hatte“.Knapp 30 dieser Plakate hängen in der Stadt. Einige wurden von Kritikern abgerissen. „In einem Fall wurde versucht, unsere Helfer von der Leiter zu stoßen. Wir merken, dass die Plakate polarisieren. Aber das sollen sie auch.“

Entscheidung vor Gericht: Das Schild darf hängen bleiben

Die Stadt Hagen erklärt, dass die Nazis-töten-Plakate in dieser Form hängen bleiben dürfen. „Eine konkrete Rechtsprechung zu diesem Plakat ist hier nicht bekannt. Die Beurteilung, dass die Aussage „Nazis töten.“ keine Aufforderung zu einer Straftat sei, ist aufgrund eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Bielefeld im Februar 2020 erfolgt. Die Staatsanwaltschaft kam zu dem Ergebnis, dass Straftatbestände durch das Plakat nicht erfüllt seien“, erklärt Stadt-Pressesprecherin Clara Treude. Auch in Moers dürfe das Plakat inzwischen wieder verwendet werden. Dort hatte die Stadt die Plakate zunächst entfernen lassen, weil man sie als Gewaltaufruf interpretiert hatte. Inzwischen wisse man in der Moerser Verwaltung nach Recherchen der NRZ, dass diese Auslegung nicht richtig sei.

„Der Zusammenhang wird beim Vorbeifahren überhaupt nicht deutlich“

Für den Hagener Gerd Hasenpusch sind die Plakate irreführend. „Der Zusammenhang wird beim Vorbeifahren überhaupt nicht klar. Auch wenn die Partei das anders erklärt.“

Laura Knüppel sieht ihre Partei derweil im Aufwind. Nicht zuletzt die Europawahl 2019, bei der sie rund 900.000 Stimmen erreichte (2,7 Prozent Stimmenanteile) mache sie zuversichtig. „Ich gehe davon aus, dass wir mindestens zwei, wenn nicht mehr Sitze im Hagener Rat erreichen werden.“