Hagen. Es gibt weiterhin zu viele Wildschweine in Hagen. Das sagt Stadt-Förster Michael Knaup. Mehrere Treibjagden sind für die kommenden Wochen geplant.

Den Blicken der Spaziergänger bleiben sie meist verborgen. Selbst akustisch werden die vorzugsweise nachtaktiven Tiere im tiefen Forst selten wahrgenommen. Lediglich die Spuren der Wildschweinrotten, garniert mit dem typischen Maggi-Geruch, sind allerorten sichtbar – und das nicht nur am Wegesrand in den Hagener Wäldern, sondern in diesen Herbsttagen auch wieder in den waldnahen Wohnquartieren und Kleingärten.

Stadt-Förster Michael Knaup kommt gerade von einem Termin von der Hestert zurück, wo Schwarzkittel wieder einmal in einem Privatgarten eine Spur der Verwüstung hinterlassen haben. „Das Problem ist in den vergangenen Jahren eher größer geworden“, blickt er durchaus mit Sorge auf die Randzonen des Hagener Stadtwaldes, wo es zunehmend Konflikte zwischen der Wühl- und Fresslust der Wildschweine und dem Akkuratesse-Interesse der Gartenbesitzer gibt. „Auch wenn es zurzeit in den Wäldern Eicheln im Überfluss gibt, die Tiere freuen sich auch über wechselnde Kost“, erinnert Knaup daran, dass Fallobst und wohl gefüllte Komposthaufen eine besondere Faszination auf die Schwarzkittel ausüben.

Auf der Suche nach Abwechslung

Als Schutz vor solchen Übergriffen dienen am Ende nur massive Zaunanlagen. Denn jede noch so dichte Hecke bildet für die kräftigen Tiere, die im dichtesten Unterholz zu Hause sind, kein ernst zu nehmendes Hindernis. Knaup empfiehlt als kostengünstigen, einfach umzusetzenden Schutz, geteilte Baustahlmatten rund ums Grundstück etwa 30 bis 40 Zentimeter tief im Boden zu versenken. „Die ragen etwa einen Meter weit aus dem Erdreich heraus, werden von den Tieren nicht mehr übersprungen und sind schnell wieder zugewachsen“, hat der Förster mit dieser relativ preiswerten Lösung positive Erfahrungen gemacht.

Deutlich schwieriger wird es mit den zum Teil verlassenen Kleingartenanlagen in den Randlagen der Stadt, wo die Schwarzkittel zum Teil schon in die ehemaligen Holzhütten eingezogen sind und sich aus den brach liegenden, aber weiterhin sprießenden Beeten die Bäuche vollschlagen. Hier müsste in den Augen von Knaup systematisch abgerissen und umgepflügt werden, um die Wildschweine gar nicht erst aus den Wäldern in die Nähe der Wohnbebauung zu locken – wenn es denn dafür Geld gäbe.

Ansonsten bleibt dem Förster lediglich, konsequent auf die Präzision der Jägerschaft und ihrer Flinten zu setzen. Aktuell bereitet er für die nächsten Wochen mehrere Treibjagden vor, um den Wildschwein-Bestand systematisch zu dezimieren. Dabei geht es zunächst darum, die Tiere zurück in die Wälder zu drängen, um dann dort auch zum gezielten Schuss zu kommen. Das Visier von Knaup und seinen Waidkollegen liegt vor allem auf den Frischlingen und Jungtieren, die bereits nach acht Monaten wieder eigenen Nachwuchs zur Welt bringen. „Wir müssen die Alterspyramide von unten schwächen“, schießt die Jägerschaft systematisch auf sämtliche Schwarzkittel außer Muttertiere.

Viele kleinere Rotten unterwegs

Dabei ist die Jagd deutlich komplizierter geworden, weil die einst vielköpfigen Wildschwein-Clans sich inzwischen in viele kleinere Rotten von drei bis sechs Tieren zersplittert haben. Hintergrund sind die durch Kyrill verjüngten Großflächen, die deutlich mehr Unterholzverstecke als der klassische Hochwald anbieten. „Auf gleicher Fläche ein deutlich höheres Angebot – der Wohnungsmarkt hat sich verbessert“, beschreibt Knaup die für Wildschweine eher paradiesische Situation. Hinzu kommt, dass das Leben in kleineren Gruppen-Strukturen den vorzugsweise aus Jungtieren bestehenden „Rockerbanden“ den Stress mit permanenten Hierarchiekämpfen erspart. Im Gegensatz zu den Alttieren, die gerne ihren angestammten Revieren im Wald treu blieben, seien es vor allem diese Rotten, die sehr schnell lernten, dass die Welt der Menschen ihnen nicht bloß reich gedeckte Tische und Unterschlupf biete, sondern ihnen dort auch kaum eine Gefahr vor Abschuss drohe.