Schwelm. Warum Silvia Avanoosian nach 25 Jahren ihre Geschäftstätigkeit in Schwelm aufgeben muss. So lange läuft noch der Ausverkauf.

Erst im April dieses Jahres feierte sie das 25-jährige Bestehen ihrer Geschäftstätigkeit (wir berichteten) – nun steht fest, dass Silvia Avanoosian ihr Geschäft „Modetreff Silvia“ in Schwelm schließen muss. Die Umsätze sind in den vergangenen Monaten so stark zurückgegangen, dass sich eine Weiterführung des Geschäfts nicht mehr lohnt. Bis die Entscheidung gefallen ist, durchlitt die 61-jährige Schwelmerin einige schlaflose Nächte. „Und im Juni war dann klar: So kann es nicht mehr weitergehen“, sagt Avanoosian mit Tränen in den Augen.

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„Die Ware muss bezahlt werden, die Miete muss bezahlt werden. Aber die Kunden wollen immer weniger für die Sachen bezahlen“, sagt Silvia Avanoosian traurig. Sie habe immer Wert darauf gelegt, Qualität zu einem guten Preis anzubieten. „Aber wenn selbst der reduzierte Preis noch zu teuer ist, was soll ich dann machen? Es fällt mir sehr schwer. Ich liebe meinen Job, ich liebe meinen Laden. Ich habe immer alles dafür getan. Aber jetzt freue ich mich über jede Woche, die vorbei ist.“

Umsätze zu stark zurückgegangen

Nachdem die Schwelmerin in ihren Schaufenstern die Plakate mit der Aufschrift „Räumungsverkauf“ angebracht hatte, war der Schock unter ihren Kundinnen groß. „Viele sind sehr, sehr traurig und haben damit nicht gerechnet. Mehrere Kundinnen sind mit Tränen in den Augen ins Geschäft gekommen und haben gesagt, dass sie mich vermissen werden“, erzählt Avanoosian. Sie muss eine Pause machen, weil ihr auch selbst wieder die Tränen kommen. „Die ganze Arbeit, die hier drin steckt...“, sagt sie und schaut sich in ihrem Geschäft um.

Seit dem vergangenen September kämpft die 61-Jährige mit den Umsätzen, die zurückgehen. Woran das liegt, kann sie sich nicht erklären. „Wenn es an der schlechten Qualität der Ware liegen würde, könnte ich das akzeptieren. Aber zu einem günstigeren Preis bekommt man solche Ware nicht.“ Sie führt Damenmarken wie Rabe, Via Appia, Gabriella K. oder Haio. Eigentlich habe sie vorgehabt, noch ein paar Jahre weiterzumachen und dann in Rente zu gehen. Das klappt nun nicht mehr.

Silvia Avanoosian wird ihr Geschäft „Modetreff Silvia“ in den kommenden Monaten schweren Herzens schließen.
Silvia Avanoosian wird ihr Geschäft „Modetreff Silvia“ in den kommenden Monaten schweren Herzens schließen. © Alisa Schumann | Alisa Schumann

30 Prozent Rabatt auf das ganze Sortiment

Draußen vor ihrem Geschäft bleiben viele Kunden stehen, schauen die Angebote durch. Derzeit bietet Avanoosian 30 Prozent Rabatt auf das ganze Sortiment. „Jetzt lohnt es sich, zu schauen, weil noch viele Größen da sind“, sagt die Inhaberin, die Damenware bis Größe 52 verkauft. Eine Kundin bleibt draußen an der Tür stehen. „Machen Sie jetzt wirklich zu?“, fragt sie. „Das tut mir leid!“

Wann Silvia Avanoosian endgültig schließt, hängt davon ab, wie gut der Abverkauf der Ware in den kommenden Wochen läuft. „Wir können den Mietvertrag nochmal verlängern, falls es nötig ist.“ An der Kasse steht nun eine Kundin, die ein Shirt und eine Hose gefunden hat. „Es gab hier immer eine super Beratung, immer gute und vielseitige Ware“, lobt sie. „Ich war gestern richtig erschrocken, als ich die Plakate im Schaufenster gesehen habe.“

Mehr Zeit für die Familie und das erste Enkelkind

Sobald das Geschäft zu ist, möchte Silvia Avanoosian erst einmal zur Ruhe kommen. „Ich mache dann ein halbes Jahr frei, besuche meine Eltern in Armenien.“ Für ihre Kunden hat sie sich noch eine Überraschung überlegt: „Ich werde ein großes Plakat gestalten, als Erinnerung an die Geschäfte, die ich in Schwelm geführt habe und als Dankeschön an meine Kundinnen.“ Mit einigen seien über die Jahre Freundschaften entstanden. „Ich habe vor, einige Stammkundinnen später mal zum Kaffeetrinken einzuladen. Ich bin stolz darauf, dass ich meine Ehrlichkeit in der Beratung, meinen Respekt den Kunden gegenüber über 25 Jahre aufrechterhalten konnte. Ich muss nicht mit einem schlechten Gewissen aufhören.“

Trotz aller Trauer ist da auch ein Hoffnungsschimmer: Das erste Enkelkind wird bald geboren. Silvia Avanoosian freut sich, dass sie künftig viel Zeit für das Baby und ihre Familie hat.