Gevelsberg/Ennepe-Ruhr-Kreis. Der Ennepe-Ruhr-Kreis hatte die Taxi-Preise massiv angehoben. Taxiunternehmer hatten protestiert. Wie geht sie und die Kunden heute damit um?

Vor gut einem halben Jahr sind die Taxipreise im Ennepe-Ruhr-Kreis inklusive der Stadt Witten deutlich gestiegen. Der Grundpreis änderte sich von 3,50 auf 9,50 Euro. Ob die Tarife so hoch bleiben, möchte der Ennepe-Ruhr-Kreis in diesem Jahr auf Basis eines Gutachtens entscheiden.

Taxi-Unternehmen aus Schwelm und Gevelsberg hatten gegen die Erhöhung protestiert, um insbesondere ihre Bedenken über den gestiegenen Grundpreis zu äußern und ihre Ängste vor Umsatzverlusten auf der Kurzstrecke zu formulieren. Aber waren diese Bedenken berechtigt?

Alim Sahin sieht das heute nicht mehr so. Er ist Inhaber von Taxi & Mietwagen Sahin aus Gevelsberg und war einer derer, die gegen die Erhöhung protestiert hatten. „Wir sind davon ausgegangen, dass die Kunden wegbleiben“, sagt er. Heute steht er anders dazu. „Die Leute haben sich dran gewöhnt“, sagt Sahin. Mittlerweile sieht er ganz klare Vorteile in der Preiserhöhung.

Kürzere Fahrten lohnen sich mehr

Zur Erklärung: Der Grundpreis für die Inanspruchnahme eines Taxis ist nach der Entscheidung des Ennepe-Ruhr-Kreises auf 9,50 Euro gestiegen, beinhaltet allerdings auch bereits zwei Kilometer Fahrt. Innerhalb dieser zwei Kilometer ist eine Wartezeit von 436,28 Sekunden im Grundpreis enthalten. Jeder weitere Kilometer kostet 2,40 Euro, der Preis für die Wartezeit beträgt 39,60 je Stunde, denn es werden stets nach je 9,09 Sekunden zehn Cent berechnet. Bei den Zuschlägen für Nachtfahrt sowie an Sonn- und Feiertagen blieb alles wie gehabt. Ein Großraumtaxi kostet seitdem allerdings einen Fünfer mehr.

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Der Verband des privaten gewerblichen Straßenpersonenverkehrs Nordrhein-Westfalen in Dortmund hatte im Namen der Taxi-Unternehmen im Ennepe-Ruhr-Kreis den entsprechenden Antrag gestellt. „Am Anfang haben die Leute die 9,50 Euro gesehen und sich erschrocken“, erinnert sich Alim Sahin. „Mittlerweile gibt es keine Beschwerden mehr. Vor allem weil die Leute gesehen haben, dass die ersten zwei Kilometer frei sind.“ Für diejenigen, die kürzere Strecken fahren, würde die Erhöhung kaum etwas ausmachen.

Aus seiner Sicht haben Kundinnen und Kunden sogar davon profitiert. Dadurch, dass sich für die Taxi-Unternehmen seit der Preiserhöhung auch kürzere Fahrten eher lohnen würden, seien diese auch eher bereit, diese Kurzfahrten anzutreten. „Das heißt die Wartezeiten für die Kunden haben sich reduziert“, erklärt Alim Sahin.

Für das Überleben wichtig

„Für Rentner, die sowieso nur wenig Rente kriegen, ist die Preiserhöhung natürlich hart“, räumt der Gevelsberger ein. „Aber dafür, dass wir auch Einkaufstaschen fahren und manchmal sogar noch hochtragen, ist ihnen das das Geld wert.“ Die Preise für Langstrecken seien um 20 Prozent gestiegen. „Da hatten wir früher einen Festpreis von 100 Euro, jetzt haben wir 120 Euro“, so Sahin. „Da sind wir relativ stabil geblieben.“ Selbst wenn Kundinnen und Kunden laut Kilometerzahl eigentlich mehr zahlen müssten – 170 Euro für eine Fahrt möchte er ihnen zum Beispiel nicht zumuten.

Unter dem Strich war die Preiserhöhung – trotz seiner anfänglichen Bedenken – aber gut. „Sonst könnten wir gar nicht überleben“, macht er klar. „Löhne von mindestens zwölf Euro pro Stunde sind schon happig für Unternehmen.“ Steigt der Mindestlohn noch weiter, wird es aus seiner Sicht noch schwieriger. Sahin rechnet vor: Wenn ein Taxifahrer in einen kleinen Stadt wie Gevelsberg zum Kunden fährt, diesen an sein Ziel bringt und dann wieder zurückkommt, schafft dieser ungefähr vier Fahrten in der Stunde. „Wenn der dann pro Fahrt fünf Euro bekommt, macht der 20 Euro in der Stunde. Das lohnt sich für das Unternehmen nicht“, so Alim Sahin.

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Wenn der Fahrer Trinkgeld bekomme, habe das Unternehmen nichts davon. Gleichzeitig zahle er für seine Autos Reparatur und Verschleiß. „Ich habe 13 Autos, aber wenn die nicht alle draußen sind, frisst das den Gewinn derer, die draußen sind, wieder auf“, sagt Sahin. Hinzu kommt laut seiner Aussage, dass die Menschen nicht mehr so viel zum Feiern unterwegs seien wie noch vor Corona. „Vor Corona hatte ich samstags zwei Zentralisten. Heute reicht ein Zentralist und eigentlich acht Autos“, schätzt der Gevelsberger. Weil die Preise gestiegen seien, würden die Menschen auch weniger trinken, wenn sie unterwegs seien. „Und viele Jugendliche feiern heute zuhause. Das ist auch mehr geworden“, sagt der Taxiunternehmer.