Gevelsberg. So trotzen Gevelsberger Einzelhändler diesen schwierigen Zeiten: Ralf Strümpel und Conny Krug setzen auf soziale Medien.

Corona, Lockdown, Einzelhandelsschließungen: „Diese Situation ist für den stationären Handel eine mittelschwere Katastrophe“, sagt Ralf Strümpel. Er weiß, wovon er spricht. Als Inhaber von Expert Ellinghaus muss er zusehen, wie seine Mitarbeiter und er die Krise überstehen, wie er die Kosten deckt, den Laden am Leben hält. Das Wichtigste sei: „Präsent zu sein und auf allen Ebenen zu zeigen, dass man für den Kunden da ist.“ Nach diesem Motto betreibt auch Conny Krug ihre Boutique Casa C. Fashion. Der eine verkauft Elektroartikel, die andere Mode. Beide sind erfolgreich mit dem, was sie tun – gerade in diesen Zeiten.

Elektro Ellinghaus

Beraten wird am Telefon oder in den sozialen Medien, abgeholt werden kann alles vor Ort.
Beraten wird am Telefon oder in den sozialen Medien, abgeholt werden kann alles vor Ort. © WP | rivat

Ralf Strümpel macht deutlich, dass er noch in einer besseren Situation sei, als viele andere seiner Kollegen. Denn: „Wir verkaufen alles, was einen Stecker hat“, sagt er: Den begehrten Drucker für das Homeoffice, Dinge, die das Zuhause schöner werden lassen wie Kaffeevollautomaten und Fernseher oder Elektrogeräte, die kaputt gehen und dringend benötigt würden. „Wir profitieren jetzt von unserer engen Verbindung zum Kunden“, sagt er. Statt bei der Hotline eines Elektroriesen anzurufen, klingelt das Telefon in Gevelsberg. Hier werde beraten, Fotos würden verschickt, Angebote gezeigt oder auch per Videotelefonie durch das Geschäft gegangen. „Wir sind auf allen Kanälen aktiv, posten Videos, zeigen, dass wir weiter verkaufen und ansprechbar sind“, erklärt der Inhaber. „Unsere Chance ist die Dienstlosigkeit der großen Ketten“, also der fehlende Service.

Auch wenn die Türen geschlossen sind, sei das 16-köpfige Team mit voller Mannstärke im Einsatz. Das Team sei mittlerweile auch sonntags im Laden erreichbar, weil der Bedarf an Beratung groß sei, die Menschen dieses persönliche Angebot schätzen würden, „sie wollen Lösungen aus einer Hand“, weiß Strümpel. Natürlich sei das anstrengend, der Aufwand sei größer, und Gewinne nicht zu erzielen. Er könne aber den Laden am Laufen halten und Kurzarbeit gibt es auch nicht. Was nütze es, sich zurückzulehnen und diese Zeit abzuwarten? Er sei Verkäufer, vom Typ Hamburger Fischmarkthändler, habe Lust auf den Job, Freude am Kontakt mit den Menschen. Dieser direkte Draht zu den Kunden mache es jetzt aus.

Lena Becker:„Viele Händler engagieren sich sehr“

Auch wenn die Geschäfte geschlossen sind, „wird in der Innenstadt der Eindruck vermittelt, wir sind da für Euch“, freut sich Citymanagerin Lena Becker. Auch Pro-City will für den Einzelhandel da sein und unterstützt die Akteure vor Ort mit verschiedenen Aktionen, wie mit der Lieferliste, Plakataktionen, Werbung in den sozialen Medien und einem neuen Bewertungsportal. Sie stellt fest, dass in diesen außergewöhnlichen Zeiten viele der Händler sich sehr engagieren würden. Gastronomen entwickeln besondere Speisekarten, wie das Hochzehn pünktlich zum Valentinstag. Einige würden sich einen Online-Shop aufbauen, wie Haarhaus. Die meisten setzten auf Rabatte, neue Angebote und sind viele Stunden vor Ort im Einsatz und für Kunden ansprechbar.Auch die beiden Romeik-Modeläden sind an vier Tagen pro Woche für mehrere Stunden zu erreichen - trotz der Schließung. Marcus Romeik leitet die beiden Fachgeschäfte für Bekleidung und ist positiv überrascht über das große Interesse der Kunden. „Die Kunden wollen einkaufen“, sagt er. Dennoch: Die Situation sei für den Einzelhandel schwierig. Staatliche Unterstützung und Hilfe seien in dieser Zeit wichtig. Seit dem 16. November gebe es den Lockdown, seitdem seien viel Frequenz und Umsatz weggebrochen. Er hofft auf eine baldige Öffnung der Geschäfte und dass die Kunden in die Innenstädte zurückkehren und sich nicht noch mehr dem Online-Handel zuwenden. „Wir leben im stationären Einzelhandel vom Verkauf, und es wurde uns die Existenzgrundlage entzogen“, sagt Romeik.Er glaubt nicht, dass der Verlust der vergangenen Monate noch in diesem Jahr aufgefangen werden könne. Optimistisch ist er dennoch und setzt Hoffnung auf den Start der neuen Saison, wenn auch durch Corona verspätet. „Ich bin gespannt, wie der Kunde reagiert“, sagt er. „Kaufe, wo Du zuhause bist“, ist auch das Motto einer neuer Aktion von Pro-City. Das Konzept ist ganz einfach: Kunden sollen ihre Gevelsberger Einzelhändler im Internet bewerten. Kunden profitieren von der Erfahrung der anderen, Einzelhändler und ihr Angebot werden bekannter und die Teilnehmer können einen Pro-City-Gutschein gewinnen, den sie direkt wieder in der Innenstadt einlösen können. Einsendungen werden per Mail bis zum 28. Februar 2021 unter info@procity-gevelsberg.de entgegen genommen. Ein Tag später, so die Hoffnung, könnte der Lockdown im Einzelhandel ein Ende haben. Wenn die Corona-Pandemie es zulässt.

Und das sei auch das Erfolgsrezept in diesen Zeiten.

Casa C. Fashion

Conny Krug betreibt die Boutique Casa C. Fashion an der Mittelstraße.
Conny Krug betreibt die Boutique Casa C. Fashion an der Mittelstraße. © WP | rivat

Das merkt auch Conny Krug. „Ich habe derzeit viel mehr zu tun als wenn das Geschäft geöffnet wäre“, sagt sie. Jeden Tag stellt sie Fotos aus ihrem Laden in die sozialen Medien ein, Facebook, Whatsapp, Instagram, chattet mit Kunden, beantwortet Nachrichten. „So öffentlich war ich noch nie“, sagt sie und lacht. Doch das Ergebnis stimmt und die Resonanz ist groß. Stammkunden kaufen weiter bei ihr ein, Neukunden kommen dazu. Online entdeckt, vor Ort gekauft: An der Tür in Gevelsberg nehmen sie die Waren in Empfang, können zuhause in Ruhe anprobieren. Natürlich würde sie mehr verdienen, wenn das Geschäft offen wäre, aber einen allzugroßen Unterschied zu vorher bemerkt Conny Krug nicht. Außer bei den Waren, die derzeit am liebsten gekauft werden: Jogginganzüge, gemütliche Hauspuschen und warme Strickjacken.

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Die These, dass neue Kleidung in diesen Zeiten überflüssiger geworden ist, die kann Conny Krug nicht bestätigen. „Die Leute wollen sich was Gutes tun, auch wenn sie die neuen Stücke nicht sofort anziehen können“, sagt sie. Sie kaufe weiter beim Großhändler ein und abends stellt sie die Bilder ins Internet. Sich einfach hinzusetzen und über die Situation zu meckern, das könne sie nicht. Das will sie nicht. Sie rechnet damit, dass am Mittwoch entschieden wird, dass der Lockdown bis Ende Februar verlängert wird. Was sie sich wünschen würde, ist, dass die Geschäfte ein wenig mehr Spielraum bekämen. Sie nennt das Beispiel des Optikers. Der vergebe Termine, ein Kunde könne ins Geschäft, und danach sei der nächste dran. Wenn man danach alles desinfiziert, dann sei das doch alles gut umzusetzen. „Das wäre für uns Einzelhändler ein guter und wichtiger Schritt.“ Derzeit läuft alles an der Tür ab, aber alle 60 Kleider nach vorne zu holen, um diese zu zeigen, das klappe nicht, sagt Conny Krug. Auch wenn sie auf Facebook gerade das versucht, möglichst viele Kleidungsstücke ins Bild zu rücken. Vor allem die Winterware hat sie derzeit im Angebot, um die Lager zu räumen, gibt es viele Rabatte. „Damit ich, wenn wir wieder öffnen können, mit frischer Ware die Kunden begrüßen kann. Bis dahin hält sie den Kontakt per Telefon. Oder per Facebook. Oder….