Schwelm. Die Fußgängerzone in Schwelm wird ab Montag testweise um die Kirchstraße erweitert. Das gefällt nicht jedem Anwohner.
Längst nicht alle Anwohner im Umfeld der Kirchstraße sind von der Idee begeistert, die Fußgängerzone dorthin auszuweiten. Das zeigt sich beim Ortstermin, zu dem der Bürgermeister am Dienstagnachmittag eingeladen hatte. Stephan Langhard musste viele Fragen beantworten. Am Montag, 26. Juli soll die Testphase für die Ausweitung der Fußgängerzone dort starten.
Super Aufenthaltsqualität schon heute
Mittwochmorgen in der Kirchstraße. Vor vielen der Fachwerkhäuser stehen Tische und Stühle. Etliche Plätze sind besetzt. Die Menschen genießen das sommerliche Wetter, nutzen die Gelegenheit nach Lockerung der Corona-Regeln, wieder ein Bier unter freiem Himmel zu trinken oder ein schmackhaftes Essen zu genießen. Die Kirchstraße hat unbestreitbar Aufenthaltsqualität. Und die soll noch gesteigert werden. Das ist das Ziel des Bürgerantrags, den der Verein Kirchstraße e.V. bereits im November des vergangenem Jahres auf den Weg gebracht hatte. Nachdem monatelang nichts passiert war, hatte Bürgermeister Stephan Langhard die Initiative ergriffen und eine Testphase für die Kirchstraße ausgerufen. Von Montag an bis zum 31. Oktober wird die Straße, die in früheren Jahren eine Hauptverkehrsachse durch Schwelm war, zur Fußgängerzone erklärt. Spätestens am Ende der Testphase will der Bürgermeister alle Betroffenen – Anlieger und Geschäftsleute – zu einer Diskussionsrunde einladen. Da sollen dann Pro und Contra Ausweitung der Fußgängerzone in der Kirchstraße zur Sprache kommen, bevor die Politik über eine Dauerlösung entscheiden wird.
Ein Vorgeschmack auf das unterschiedliche Stimmungsbild bekam der Bürgermeister auf dem Ortstermin vermittelt. Die Meinungen klafften zum Teil gewaltig auseinander. Sie reichten von „völlig unnötig“ bis zu „das war schon lange überfällig“. Anita und Peter Maijer von der gleichnamigen Café-Kneipe erinnerten daran, dass es bereits vor Jahrzehnten Bestrebungen gegeben habe, die Kirchstraße zur Fußgängerzone zu erklären. Diese seien aber damals im Sande verlaufen. Wieder andere Anwohner empfanden die Ausweisung als Fußgängerzone für die Kirchstraße total unnötig. Mit der bestehenden Regelung habe es bisher keine Probleme gegeben. „Schade, dass wir im Vorfeld nicht gefragt wurden und über unserem Kopf hinweg entschieden wird“, meint Anwohnerin Christina Friedhoff. Auch die Aussage„Es sind immer Fremde, die hier durchdonnern“, bleibt innerhalb der Diskussionsrunde nicht unwidersprochen. Allen Anwohnern gemein scheint aber diese Sorge, nicht mehr wie gewohnt mit ihren Fahrzeugen zu ihren Häusern zu gelangen.
Ausnahmegenehmigung nicht für jeden Anwohner
Viel Unklarheit herrscht auch über die Ausnahme-Genehmigung zur Befahrung der Fußgängerzone außerhalb der Lieferzeiten, die die Anwohner beantragen können. Man stört sich über die Gebühren, die für die Genehmigung gezahlt werden müssen. Auch ist vielen nicht so recht klar, wer denn einen Anspruch auf eine Sondernutzung hat, oder nicht. Auch der Vorteil, die eine Sondernutzung für das Befahren der Fußgängerzone mit sich bringt, ist nicht jedermann ersichtlich.
Bürgermeister Stephan Langhard stellte klar: Für den Lieferverkehr gibt es schon jetzt in der Fußgängerzone festgelegte Zeiten: werktags von 19 bis 10 Uhr und 13 bis 15 Uhr. Diese Zeiten würden wohl auch in der Kirchstraße gelten, so der Verwaltungschef.
Wer über eine Sondernutzungsgenehmigung verfügt, ist nicht an diese Zeitvorgaben gebunden. Er dürfte auch außerhalb der ausgewiesenen Lieferzeiten die Kirchstraße befahren. Ein Anspruch auf eine Sondernutzungsgenehmigung hat allerdings nicht jeder allein aus der Tatsache heraus, dass er in der Fußgängerzone wohnt. „Ausnahmeregelungen sind nicht grundsätzlich möglich, es muss schon eine besondere Dringlichkeit vorliegen und in der Antragsstellung genannt werden“, sagt der Bürgermeister. Stephan Langhard geht allerdings davon aus, dass bei den meisten Anwohnern der Kirchstraße diese Voraussetzungen zutreffen werden.
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„Ich habe per Zufall von einem Bekannten von den Plänen erfahren, die Kirchstraße zur Fußgängerzone zu machen“, ärgert sich Siegfried Fischer. Das Infoblatt des Bürgermeisters sei bei ihm nicht angekommen. Er wohne zwar nur in der zweiten Reihe der Kirchstraße, aber „die Gebührenbescheide der Stadt kommen immer an.“ Warum die Stadt nicht gezielt die Eigentümer angeschrieben hat, dafür liefert Stephan Langhard die Erklärung: „Wir wollen natürlich die Meinungen derjenigen haben, die aktiv als Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer am Verkehrsgeschehen in der Kirchstraße teilnehmen. Das sind nicht immer die Eigentümer.“
Bürgermeister: „Erst mal ausprobieren“
Die Bedenken der ansässigen Unternehmer, die mit Anlieferungsproblemen rechnen, nimmt der Bürgermeister ernst. „Da werden wir sicherlich Regelungen finden. Wir wollen ihnen ja nicht das Geschäft vermiesen, dass die Unternehmer in wirtschaftliche Schwierigkeiten kommen. Unser Ziel ist es, die Aufenthaltsqualität in der Kirchstraße zu stärken“, so Stephan Langhard. Der Verwaltungschef wirbt vor Ort unter den Anwesenden darum, den Versuch zu wagen. „Wir können es ja erst mal ausprobieren.“Am Ende der Testphase werde man aktiv auf alle Betroffenen zugehen und sie zum Gespräch bitten, so Schwelms erster Bürger.
Bürgermeister Stephan Langhard zieht nach dem Ortstermin noch ein weiteres Resümee: „Was ich festgestellt habe, ist aber auch, dass die Anwohner der Kirchstraße viel zu wenig miteinander sprechen:" Seit Tipp für eine gute Nachbarschaft vor Ort: „Bleiben Sie im Gespräch.“