Ennepetal. Das Hochwasser legt in Ennepetal, Gevelsberg und Schwelm hunderte Anschlüsse lahm. Telekom findet keinen Tiefbauer für Reparatur der Leitungen.
Das Hochwasser Mitte Juli hat im südlichen Ennepe-Ruhr-Kreis hunderte Telefonanschlüsse lahm gelegt. Es wird Monate dauern, bis die Betroffenen wieder telefonieren, im Internet surfen oder Fernsehen können, wenn sie ihr TV-Signal über die Telekom-Leitung beziehen. Kein Homeschooling, kein Homeoffice – hier ist Digitalisierung gerade unmöglich.
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Eine der Betroffenen ist Ursula Meinecke aus der Kotthausstraße in Ennepetal. Sie hatte unsere Redaktion vor wenigen Tagen über das unglaubliche Ausmaß der Anschlussstörung informiert, dass sie selbst gar nicht mit dem Hochwasser in Verbindung brachte. Um dem 15. oder 16. Juli herum sei ihr aufgefallen, dass ihr Telefon nicht mehr funktioniere. Immer wenn sie eine Nummer wählte, sei die Leitung tot gewesen. Sie habe daraufhin bei der Telekom-Hotline angerufen, wo ihr von einem Kabelschaden berichtet worden sei. Dass dies etwas mit dem Hochwasser am 14. Juli zu tun hatte, habe man ihr nicht gesagt. Von der Hotline sei nur die Auskunft gekommen: Zum 30. Juli werde die Störung beseitigt sein.
Als sich nichts getan habe, schaltete sich die Nichte der 91 Jahre alten Seniorin ein. „Die haben ihr erzählt, dass das noch bis zum Ende des Jahres dauern kann“, erzählt Ursula Meinecke und ist wegen des langen Zeitraums fassungslos. „Ich bin alt, da ist das sehr unangenehm, kein Telefon zu haben.“
Zum Glück besitze sie ein Handy. So konnte die Telekom ihr wenigstens eine Rufumleitung für ihre Festnetznummer einrichten. Eingehende Anrufe landen seitdem nicht mehr im Leeren, sondern erreichen sie auf ihrem Handy. „Was machen aber die, die kein Handy haben?“, fragt sich die Ennepetalerin. Außerdem entstünden ihr jetzt zusätzliche Kosten. Jeder Anruf, den sie tätigt, wird nun über den teureren Handy-Tarif abgerechnet. „Ich bin nicht die einzige Betroffene. Ich weiß von Freunden, Verwandten und Bekannten, dass auch an der Breckerfelder Straße Telefonanschlüsse nicht mehr funktionieren.“
Telefon, TV, Internet sind platt
Die Nachfrage unserer Redaktion bei der Telekom ist eine faustdicke Überraschung. Zum einen, weil von der Telekom erstmals überhaupt von Hochwasser-Schäden an ihren Leitungen in unseren drei Städten zu hören ist. Zum anderen wegen des Ausmaßes. „In den drei Städten Ennepetal, Gevelsberg und Schwelm liegen uns aktuell ca. 350 Störungsmeldungen vor, davon entfallen ca. 2/3 auf Ennepetal. Diese Störungen werden überwiegend (aber nicht komplett) im Zusammenhang mit den Hochwasserfolgen stehen“, teilte das Unternehmen schriftlich mit. Und noch einmal auf den Fall von Ursula Meinecke eingehend: „Leider ist unsere Festnetzinfrastruktur auch im Bereich Ennepetal immer noch massiv von den Folgen der Hochwasser beeinträchtigt.“ Es handele sich dabei um Schäden an den Leitungen aufgrund von Feuchtigkeit in den Kabeln nach den starken Regenfällen, so Telekom-Sprecher Stephan Althoff.
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Bei den betroffenen Hausanschlüsse funktionieren seitdem weder das Telefon, noch die Internetverbindung und selbst der TV-Empfang nicht mehr, wenn das Fernseh-Signal über die Leitung der Telekom kommt. Und es wird noch lange dauern, bis sich das ändert. Das Unternehmen wollte zwar besagten Termin von „Ende des Jahres“ nicht bestätigen. Den Ausführungen von Telekom-Sprecher Stephan Althoff zufolge kann es aber noch Monate dauern. Der Markt von Tiefbau-Unternehmen, die solche Störungen beheben könnten, sei schon vor dem Hochwasser wie leer gefegt gewesen. „Das ist seit Jahren ein Problem.“ Durch das Jahrhundert-Unwetter habe sich die Lage weiter verschärft.
Katastrophengebiete haben Vorrang
Weil es momentan unmöglich ist, alle Schäden auf einmal zu beseitigen, geht die Telekom nach einem Ranking vor. Die vom Hochwasser am meisten betroffenen Gebiete beziehungsweise die beschädigten Leitungen, an denen die meisten Hausanschlüsse hängen, kommen zuerst dran. Dort, wo nur wenige Anschlüsse betroffen sind, wird zum Schluss gearbeitet.
Für Betroffene aus Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal ist das eine schlechte Nachricht. Sie müssen sich in Geduld üben. Alle verfügbaren Unternehmen seien aktuell in den Katastrophengebieten an der Ahr, der Erft und in der Eifel gebunden, teilte die Telekom mit. Und wie es dort aussieht, ist täglich in den Zeitungen und Nachrichten zu sehen. Ein genaues Störungsende für Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal könne man noch nicht nennen, teilt die Telekom auf Nachfrage der Redaktion mit.
Handyrechnungen unbedingt aufbewahren
Die Deutsche Telekom sichert Betroffenen Kostenerstattung zu.
Das Unternehmen spricht von der Erstattung der Grundgebühr für den Zeitraum der Störung.
Was höhere Handykosten betrifft, die durch den Ausfall des Festnetzanschlusses anfallen, müsse individuell geschaut werden, so der Telekom-Sprecher.
Denkbar ist ein Abgleich älterer mit aktuellen Monatsabrechnungen, um höhere Ausgaben im Schadenszeitraum nachzuweisen. Betroffene sind daher gut beraten, Rechnungen aufzubewahren, die in der Regel über einen längeren Zeitraum beim Anbieter abrufbar sind.