Gevelsberg. Immer mehr Leute träumen während Corona von einem Tapetenwechsel und wollen umziehen. Das merkt auch die Firma Umzüge Führing aus Gevelsberg.
Nichts zu tun. Pandemie, Ausgangssperre. Kein Balkon, dafür zwei Kinder und einen Hund in der vierten Etage. Die Sehnsucht nach einem Tapetenwechsel ist bei vielen Menschen stark gewachsen, seit sie so viel Zeit in ihrem Zuhause verbringen wie niemals zuvor. Da werden Defizite offenbar. Da erwachen neue Wünsche, da fällt einigen auf, was sie an Wohnqualität vermissen. Und damit wächst bei immer mehr Menschen auch der Wunsch nach Veränderung. Ein Umzug soll her. Doch es gibt unter Corona-Bedingungen Sachen, die leichter funktionieren als sich eine neue Wohlfühl-Wohn-Oase zu schaffen.
Die extrem wechselhaften Auswirkungen spürt Sascha Führing täglich. Er ist Junior-Chef des gleichnamigen Gevelsberger Umzugsunternehmens und merkt aktuell, dass die Leute ihre Wünsche, das Lebensumfeld zu verändern, verstärkt umsetzen. „Vor allem ziehen die Menschen weit weg, erfüllen sich den Traum vom Haus am Meer oder in den Bergen.“ Allein in dieser Woche habe die Firma einen Umzug an die Ostsee, einen nach Österreich und einen nach Nürnberg gemacht. „Dazu kommt noch ein Paar, das aus der Großstadt Düsseldorf in unser schönes Gevelsberg gezogen ist“, sagt Sascha Führing.
Kumpels packen nicht mit an
Wenn die gelben Autos vorfahren, beginnt für den Zuschauer eine gut eingespielte Choreografie. Die Männer steigen aus, packen an, wissen, was sie tun, und in Rekordzeit befinden sich komplette Existenzen in den Lastwagen, bereit, für den Weg in ein neues Leben. Für immer mehr Menschen ist der Weg zum Umzugsunternehmen die einzige Möglichkeit, ihren Tapetenwechsel überhaupt in die Tat umsetzen zu können. Mal eben zehn, zwanzig Freunde fragen, ob die für ein Bier und eine Currywurst mit anpacken – das ist unter den Corona-Regeln nicht so einfach möglich.
Das heißt, es gibt zwei Möglichkeiten: Mit dem Umzug warten, oder die Profis rufen, die unter strengen Bedingungen arbeiten dürfen. „Natürlich tragen wir auch immer noch durchgehend Masken bei der Arbeit, desinfizieren uns die Hände fortwährend“, sagt Sascha Führing und betont: „Mittlerweile machen das auch fast alle Kunden. Lange Zeit haben die überwiegend keine Masken getragen und uns gesagt, wir bräuchten das auch nicht.“ Doch da lassen Sascha Führing, sein Bruder Danny und Vater Jogi nicht mit sich reden. Der Mitarbeiterschutz hat Vorrang und das macht das Trio seinen Männern, die täglich kräftig anpacken, ebenso klar. „Da war immer wieder der ein oder andere, der diskutieren wollte, ob er wirklich mit Maske schleppen muss, aber da gibt es keine Ausnahmen“, sagt der Umzugsprofi.
Mehr zu unserem großen Corona-Check finden Sie hier.
Ist es mittlerweile so, dass die Menschen – sofern sie denn auf dem recht leer gefegten Wohnungs- und Immobilienmarkt ihre Traumbleibe finden – ihren Umzugswunsch vermehrt in die Tat umsetzten, war das beileibe nicht immer so seit dem Ausbruch des Coronavirus’. Insbesondere zu Beginn der Pandemie, so sagt Sascha Führing, hätten viele sogar von ihrem Umzug abgesehen, den Hauskauf noch einmal überlegt.
„Die Auftragsbücher waren leer. Wir haben uns zwischendurch tatsächlich Sorgen gemacht, weil wir kaum etwas zu tun hatten, immer weniger Geld in die Kasse kam.“ Die Lockerungen im vergangenen Jahr hätten zunächst für Entspannung gesorgt, der Winter sei noch einmal härter gewesen.
Hoffnung auf die Kirmes
Viele Kunden hätten bedingt durch die Pandemie zum ersten Mal ein Umzugsunternehmen beauftragt und würden den Führings und ihren Leuten hervorragende Rückmeldung geben. „Da sagt uns schonmal der ein oder andere, dass er sich fragt, warum er seine Sachen so oft selbst geschleppt hat“, sagt Sascha Führing, der neben dem Umzug seiner Kunden noch inständig auf einen weiteren Umzug hofft: den Kirmeszug. Denn: Die Familie Führing betreibt seit Jahrzehnten an ihrem Haus an der Elberfelder Straße einen der populärsten Kirmesbierstände.
Lesen Sie auch: Corona-Check: Sterben die Fußgängerzonen im Ennepe-Ruhr-Kreis aus?
Zunächst hieß dieser „Jogi und Meike“, seit einigen Jahren „Jogi und Meikes Kinder“ und ist beliebter Treffpunkt im oberen Gevelsberger Dorf. „Vielleicht ist es ja möglich, in diesem Jahr irgendetwas anderes bei uns zu veranstalten“, sagt Sascha Führing und fügt an, dass er schon an einer Sache plane. Was das ist, wird noch nicht verraten und ist aktuell auch noch ein genauso großer Traum wie der, den viele seiner Kunden vom Tapetenwechsel träumen.