Ennepetal. Bald rollen die Bagger an. Doch bevor das Haus von Familie Klette in Ennepetal abgerissen wird, spielt es als Filmschauplatz noch eine Rolle.
Für Henning Beckhoff ist es ein echter Glücksfall. Das Haus an der Ischebecker Straße spielt für den Ennepetaler Filmregisseur seit zwei Wochen eine ganz zentrale Rolle bei den Arbeiten an seinem neuen Werk „Fossil“. Und auch die Eigentümer freuen sich, dass ihr langjähriges Heim nun auf ganz besondere Weise verewigt wird. „Das ist ein würdiger Abschluss“, meint Constance Klette, die mit ihrem Bruder Konstantin und ihren Eltern Gerd und Claudia bis vor wenigen Wochen dort zu Hause war. Sobald der Bau seinen letzten Zweck als Drehort für einen Kinofilm erfüllt hat, wird er nämlich abgerissen und durch einen Neubau ersetzt.
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Gerd Klette hatte sich bei der Filmproduktion gemeldet, nachdem diese Zeitung von Henning Beckhoffs Plänen berichtet hatte, in seiner Heimatstadt zu drehen und der Regisseur darum gebeten hatte, Objekte, die bestimmte Kriterien erfüllen, anzubieten. „Meine Tochter meinte zwar noch, dass man von der Küche nicht wie gewünscht in den Garten schauen kann“, erzählt der 61-Jährige. „Aber ich habe gedacht: Acht von zehn Facts passen, ich melde mich mal.“
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Der Regisseur habe sich das Haus angesehen und sei gleich sehr begeistert gewesen, so Gerd Klette. Noch am Abend habe er sich gemeldet, und gesagt, dass er das Haus gern für den Film haben würde. Zuvor sei auch schon die Szenografin Isabelle Siegrist schon vorbeigekommen und habe viele Fotos gemacht. Nach ein paar Terminabstimmungen unterschrieben die Parteien den Vertrag.
Umzug früher als geplant
Für die Klettes wurde es daraufhin etwas hektisch. „Wir mussten früher raus als geplant“, erzählt Claudia Klette. Aus dem 330 Quadratmeter großen Haus ging es ins Nachbarhaus, das ebenfalls der Familie gehört. Dort werden die Vier in den kommenden zwei Jahren auf 130 Quadratmetern wohnen. In diesem Zeitraum wird das 1982 gebaute „Filmhaus“, das Gerd und Claudia Klette vor 22 Jahren gekauft hatten, abgerissen und durch einen Neubau ersetzt, weil die Familie im bestehenden Baukörper keine Möglichkeit mehr sah, die räumlichen Vorstellungen umzusetzen. „Ein großer Kubus mit voll ausgebautem Keller wird auf dem Grundstück entstehen, dafür wird der Hang abgetragen. Auch ein Fahrstuhl wird eingebaut, denn wir denken schon an unser Alter“, meint Gerd Klette. Neben dem Wohnbereich der Eltern werden Tochter Constance (24) und Sohn Konstantin (16) jeweils Apartments in dem Haus bekommen. „Es wird modernste Technik eingebaut“, betont der Unternehmer, der in Düsseldorf eine Firma für Steuerungs- und Regelungsgeräte betreibt. So wolle man energetisch weitgehend autark sein. Mit zwei Jahren Bauzeit rechnet er.
Basis für das Filmteam
Nicht nur als Spielort wird das Haus vom Filmteam genutzt, sondern auch als Basis für alle Drehs in Ennepetal. Garderobe, Lager und Catering – alles hat dort seinen Platz. Meistens sind 30 bis 40 Menschen dort im Einsatz.Dass direkt nebenan gedreht wird, traf sich für Constance Klette, die Germanistik und Erziehungswissenschaften in Wuppertal studiert, gut. Sie nutzt die Gelegenheit und absolviert nun ein Praktikum am Set.
Doch bevor im Juli die Bagger anrollen, wird das alte Haus noch einmal besonders zur Geltung kommen. „Es ist modern geschnitten, man kann hier gute Kamerafahrten machen“, meint Henning Beckhoff zu dem Objekt. Auch die hohe Hecke gefalle ihm, weil man dadurch nichts von der – für den Film unpassenden – hügeligen Umgebung sehe. Henning Beckhoff nahm kleinere Anpassungen am Drehbuch vor, und das Filmteam besorgte einige Umbauten. Teile der Küche und die Bäder bleiben drin. „Mein Klavier habe ich auch noch da gelassen“, erzählt Claudia Klette. Das habe dem Team gut ins Bild gepasst.
Den Familienmitgliedern gefällt, dass ihr langjähriger Lebensmittelpunkt nun noch einmal besonders in Szene gesetzt wird. Um das Monetäre sei es ihm nicht gegangen, betont Gerd Klette. Es sei vielmehr etwas Besonderes, dass sich das Haus nun noch einmal selbst darstellen könne. „Und es ist auch schön, jemanden bei der Realisierung seines Traums zu unterstützen“, ergänzt er. „Henning kann sich hier nach seinen Vorstellungen verwirklichen.“
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Ganz leicht fiel der Familie der Abschied von ihrem Haus nicht. „Ich habe am letzten Tag eine halbe Stunde in meinem Zimmer gesessen und sinniert“, meint Konstantin, der das Reichenbach-Gymnasium besucht. Doch inzwischen haben sich alle in ihrer Übergangswohnung eingewöhnt und Distanz zum „Filmhaus“ aufgebaut. Und das Zusammenleben auf deutlich kleinerem Raum funktioniere erstaunlich gut, wie die vier unisono meinen.
Noch gut eine Woche wird an der Ischebecker Straße gedreht. „Wir sind gespannt, wie der Film wird“, meint Claudia Klette. „Und wir haben Henning auch schon gesagt: Wenn der Film wirklich bei der Berlinale gezeigt werden sollte, dann wollen wir auch dahin.“