Ennepetal. Das Impfzentrum in Ennepetal wird geschlossen. Weiter geimpft werden sollen die Leute im Kreis trotzdem. So soll es in der Pandemie weiter gehen.
Es ist der letzte Tag im Impfzentrum Ennepetal. Um 20 Uhr, nach Ende der Schicht, wird die Einrichtung geschlossen, das Schild über dem Eingang abmontiert. Dr. Christian Füllers hätte sich gewünscht, wenn es an der Kölner Straße mit dem Impfen weiter gegangen wäre. Auf kleinerem Niveau, aber mit den bewährten Strukturen und diesem eingespielten Team. Er sagt: „Es war eine Erfolgsgeschichte“, und ergänzt mit einem Augenzwinkern „trotz Einflussnahme des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales“. Der Ärztliche Leiter spielt auf die kurzfristigen Erlasse an, die bürokratischen Hürden, die vielen Herausforderungen, die vor Ort bewältigt werden mussten. Doch es seien immer gute und pragmatische Lösungen gefunden worden. Mit eindrucksvollem Ergebnis: Bis zum Morgen des 30. Septembers wurden insgesamt 215.006 Corona-Schutz-Impfungen im Impfzentrum und durch die mobilen Teams gesetzt. Und es wird auch in Zukunft geimpft. Von jetzt an aber nur noch von den Haus-, Fach- und Betriebsärzten und im Impfbus. Anstelle des Impfzentrums wird es ab dem 1. Oktober nun die sogenannte Koordinierende Covid-Impfeinheit (Koci) geben. Das nächste Kapitel im Kampf gegen die Pandemie.
Ob es ein gutes wird? „Ich bin Rheinländerin, ich blicke mal optimistisch auf die Sache“, sagt Astrid Hinterthür, die Leiterin des Fachbereiches Soziales und Gesundheit der Kreisverwaltung. Neun Stellen seien vom Land bewilligt worden, bis zum 30. April 2022. Die neuen Kreismitarbeiter werden ihre Büros im ehemaligen Impfzentrum einrichten. Der Mietvertrag für das Gebäude an der Kölner Straße wurde bis zum 31. Mai 2022 verlängert. Und die Aufgabe des neuen Teams ist es, darauf achten, dass das Impfen im Kreis weiter voran geht: dass bis zum 31. Oktober in allen Seniorenheimen die dritte Impfung erledigt ist, dass bis zum 31. Dezember alle Bewohner und Mitarbeiter der Einrichtungen der Eingliederungshilfe ein Angebot zur Auffrischungsimpfung erhalten haben. So lauten die konkreten Vorgaben von Land und Kassenärztlicher Vereinigung. Und wenn es irgendwo hakt, soll die „Impfeinheit“ eingreifen. Kurzfristig Pop-up-Impfzentren in Turnhallen einrichten, die Schulen bei Impfwünschen unterstützen. Sie sollen auch den Einsatz des Impfbusses organisieren – ihn in sozial benachteiligte Stadtteile schicken, an hoch frequentierte Orte und zu besonderen Veranstaltungen. „Die Mitarbeiter sind Ausfallbürgen“, sagt Hinterthür, eine Art Reserveteam. Doch wie sollen die Mitarbeiter überprüfen, ob alle in einem Heim geimpft sind? „Bei 37 verschiedenen Hausärzten in einer Einrichtung?“
Astrid Hinterthür hätte die Auffrischungsimpfungen deshalb gerne aus einer Hand vom Kreis aus organisiert. Funktionierende Strukturen seien aufgegeben und das Rad neu erfunden worden, sagt auch Dr. Christian Füllers. „Das Rad ist aber derzeit noch quadratisch und es rumpelt und rattert gewaltig.“ Als Regionalleiter in dem neuen „Koci-Team“ soll Dr. Füllers Ansprechpartner und Problemlöser sein. Zu tun haben wird er sicher einiges. Aber nicht mehr so viel wie im Impfzentrum.
Die Chronologie
Im Dezember 2020 richtete der Ennepe-Ruhr-Kreis das Impfzentrum in dem leerstehenden Aldi-Markt an der Kölner Straße in Ennepetal ein. Das Land hatte die Vorgabe gestellt, dass die 53 Impfzentren in NRW am 15. Dezember betriebsbereit sein sollten. Das ist zwar gelungen, aus Mangel an Impfstoff blieben die Impfstraßen in Ennepetal aber erst einmal wochenlang geschlossen. Die Impfaktion in den 44 Heimen wurde am 27. Dezember im Ennepe-Ruhr-Kreis gestartet. Mobile Teams impften insgesamt 6308 Menschen. Mittlerweile haben die Hausärzte mit der dritten Impfung begonnen. Impfstart der ersten Impfgruppe, der Über-80-Jährigen, war am 8. Februar. An diesem Tag nahm auch das Impfzentrum den Betrieb auf. Erst am 1. März wurde die Kapazität auf 100 Prozent hochgefahren.Was den Bürgern in dieser Zeit besonders in Erinnerung bleibt, ist der Ärger bei der Terminvergabe. Das Portal des Kassenärztlichen Vereinbarung Westfalen-Lippe war mit dem Andrang überfordert, tagelang versuchten tausende Menschen vergeblich einen Termin zu ergattern.Im April wurde eine Impf-“Drive through“-Station auf dem Parkplatz der Schwelm-Arena errichtet, um zusätzlich bereit gestellte Astrazeneca-Impfdosen für 60- bis 79-Jährige schnell verimpfen zu können. Als die Station Ende Juli schloss, hatten sich bis dahin 45.700 Menschen auf den Weg dorthin gemacht.Im Juni fiel die Impfpriorisierung weg. Jeder Erwachsene durfte einen Termin vereinbaren.Am Abend des 30. September wurde das Impfzentrum aufgrund einer Entscheidung des Landesministeriums geschlossen. Der mit Abstand am häufigsten verimpfte Impfstoff war der von BioNTech (rund 78 Prozent), gefolgt von AstraZeneca (rund 10 Prozent), Moderna (rund 11 Prozent) und Johnson&Johnson (rund 1 Prozent).
In Spitzenzeiten wurden hier 1200 Menschen am Tag geimpft, bei einer eigentlichen maximalen Kapazität von 1000 Impflingen. Am 29. September, einen Tag vor der Schließung waren es knapp 300. Ein Auf und Ab an der Kölner Straße. Mit einem aufregenden Start am 8. Februar, mit Schneechaos und Eis ging es los. „Ich dachte, dass niemand kommen wird“, sagt Füllers. Doch es sei kein Termin abgesagt worden. Bis zum Mai gab es oft zu wenig Impfstoff, ab Juli ausreichend, aber ein geringeres Interesse. Es hat das „Laumannsche Osterpaket“ gegeben, wie es Dr. Christian Füllers bezeichnet. Von jetzt auf gleich sollten Strukturen aufgebaut werden, um 8000 zusätzliche Astrazeneca-Dosen zu verimpfen. Die Drive-Through-Station in Schwelm „verarztete“ bis zur Schließung am 31. Juli sogar 45.700 Impflinge.
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„Wir haben uns vor neun Monaten alle nicht gekannt und sind zu einem tollen Team zusammengewachsen“, sagt der Ärztliche Leiter und bedankt sich ebenso wie Astrid Hinterthür für das Engagement der vielen Menschen vor Ort. Der Security, den ehrenamtlichen und festangestellten Kräften des DRK, den medizinischen Kräften und den vielen anderen, die dazu beigetragen hätten, dass 215.006 Mal eine Corona-Schutz-Impfung gegeben werden konnte. „Ohne das Impfzentrum und die tolle Zusammenarbeit aller wäre das nicht gelungen“, sagt Astrid Hinterthür. Wie die Impfquote für den Ennepe-Ruhr-Kreis konkret ausfällt, das kann sie nicht sagen. Die Zahlen würden nicht nach Wohnort, sondern nach Impfzentrum erfasst. Für eine Herdenimmunität sei es aber noch zu wenig und vor allem mehr Jüngere, und hier vor allem Männer, sollten sich impfen lassen.
Die Impfstraßen werden erst einmal nicht abgebaut. So könne das Impfzentrum kurzfristig wieder geöffnet werden. Nur für alle Fälle. Zu weit nach hinten sollten das Eingangsschild nicht im Lager verstaut werden.