Gevelsberg. Zahlreiche Polizisten sagen aktuell im Zeugenstand zu den Schüssen auf ihre Kollegen in Gevelsberg aus.

Nächster Schritt im Prozess wegen versuchten Mordes gegen Vitalij K., der in Gevelsberg auf Polizisten geschossen hat. Es bleibt zunächst dabei, dass der 37-Jährige sich für drei Versuche, Polizeibeamte töten zu wollen, verantworten muss. Gleichzeitig rückte vor Gericht die Frage in den Blickpunkt: Wären Taten des Ennepetalers in der Nacht auf den 6. Mai 2020 vermeidbar gewesen?

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Das Hagener Schwurgericht um die Vorsitzende Heike Hartmann-Garschagen hatte am Ende eines langen Verhandlungstages 13 Polizeibeamte zu den Geschehnissen vernommen und den Ablauf des wohl spektakulärsten Polizeieinsatzes in der Geschichte der Stadt Gevelsberg unter die Lupe genommen. Nach den Befragungen erklärt Staatsanwalt Nils Warmbold: „Ich kann nicht feststellen, dass er auf die beiden Beamtinnen geschossen hat.“ Heißt: K. wird nicht noch zusätzlich zur Last gelegt, dass er auch noch die beiden Polizistinnen, die vom Tatort geflüchtet waren (wir berichteten), erschießen wollte.

Unaufmerksamkeiten bei Kontrolle

Zu klären gilt weiterhin außerdem, ob er auch gezielt auf den 23-jährigen Beamten geschossen hat, den er nicht getroffen hat. Nicht zuletzt deshalb war der Polizeibeamte in den Zeugenstand gebeten worden, der den Einsatz in der Nacht koordinierte und im Nachgang aufgearbeitet hat. Fazit: Neben dem Verhalten der beiden flüchtenden Beamtinnen ist auch das Verhalten der beiden Polizisten die K. kontrolliert hatten aus polizeitaktischer Sicht nicht einwandfrei gelaufen.

Zwar muss sich die Behörde zu einsatztaktischen Dingen nicht äußern und die Akte ist in wesentlichen Bereichen eine Verschlusssache, aber Verteidiger Andreas Trode fragte sehr gezielt: „Ich finde im Video einige Unaufmerksamkeiten von solcher Intensität, dass ich mich frage: Wie vermeidbar war das Verhalten meines Mandanten? Er bewegt sich dort doch viel zu frei.“ Antwort: „Dem möchte ich nicht widersprechen.“ Trode: „Ist es in Ordnung, dass beide ihm den Rücken zukehren, wenn klar ist, dass gegen ihn ein Haftbefehl vorliegt?“ Antwort: „Ich würde das nicht tun.“

Am Freitag wird der Prozess auch mit Blick auf diese Thematiken fortgesetzt. Dann rücken auch die beiden Polizistinnen noch einmal in den Fokus, die geflüchtet waren.