Ennepetal. Der Ennepetaler Tafelladen muss mit immer weniger Spenden immer mehr Bedürftige versorgen. Supermärkte verbieten Zukäufe größerer Mengen.
Der Tafelladen in Ennepetal-Voerde muss immer mehr Menschen mit Lebensmitteln versorgen, hat aber nicht mehr Waren zur Verfügung. Der Grund: Die heimischen Geschäfte haben nicht mehr so viele unverkaufte Produkte zum täglichen Leben in den Regalen. Man spricht von Hamsterkäufen. So werden ihre Spenden an den Tafelladen bei bestimmten Lebensmitteln weniger. Jüngst konnte der Tafelladen sogar kein Brot an die Menschen ausgeben, die mit jedem Cent rechnen müssen. Die Tafelladen-Mitarbeiter hatten kein Brot bekommen, also auch nichts zu verteilen. Folge: In Ennepetal müssen Menschen hungern.
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Immer mittwochs ist Armut sichtbar. Eine Menschenschlange, die seit Wochen immer länger wird, wartet dann im Bereich Linden-/ Milsper Straße in Voerde geduldig vor dem Tafelladen, Lindenstraße 2. Dort sind die bedürftigen Frauen, Männer und Kinder willkommen. Sie sind Gäste, die mit ihrem Einkommen oder ihrer Rente kaum über die Runden kommen. Sie werden von der Tafel mit Lebensmitteln versorgt, mit Nahrung für den Leib und Willkommensein für die Seele.
Wundertüten für die Kunden
Jeder registrierte Gast bekommt derzeit wegen der Corona-Pandemie von den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Tafelladens eine gefüllte Tasche überreicht. Leiterin Karin Nebel spricht von einer „Wundertüte”, weil ihre Gäste den Inhalt nicht kennen. Aber zum ersten Mal fehlte jetzt ein wichtiges Lebensmittel: Brot. „Wir hatten keins beliefert bekommen und ein Nachkaufen war nicht möglich”, schildert Karin Nebel, die mit ihrer Stellvertreterin Susanne Joswig den seit 2006 bestehenden Tafelladen leitet.
„Es ist immer schwieriger für uns geworden”, sagt Karin Nebel und fährt fort: „Waren sonst 80 bis 85 Menschen aus Ennepetal und Breckerfeld wöchentlich bei uns, so sind es jetzt schon mehr als 100, und es werden immer mehr.” Die Gründe seien vielschichtig: Die deutlich angestiegenen Lebensmittelpreise, Krankheit, Arbeitslosigkeit und niedrige Renten. Auch die ersten in Ennepetal angekommenen Flüchtlinge aus der Ukraine werden von der Tafel bei Bedarf mit Lebensmitteln versorgt. Es seien derzeit rund 20 Personen.
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Nun benötigt allerdings auch die Tafel dringend Hilfe. Die Lebensmittelspenden von den heimischen Geschäften reichen kaum noch aus, um alle bedürftigen Menschen versorgen zu können. Auch das Nachkaufen sei schwierig. So seien in Geschäften derzeit bestimmte Lebensmittel knapp oder manchmal gar nicht zu bekommen. „Ein Großeinkauf für viele Menschen ist nicht möglich, selbst wenn wir uns als Tafelladen-Mitglieder ausweisen”, berichtet Karin Nebel.
Kosten steigen permanent weiter
Die Furcht vor Hamsterkäufen sei groß in den Läden. Dutzende Pakete Nudeln beispielsweise gibt derzeit kaum ein Laden heraus – diese würde allerdings über die Tafel auch dutzenden Menschen in Ennepetal helfen.
Auch die eigenen Kosten seien gestiegen – bedingt durch die Corona-Pandemie geschehe die Ausgabe der Waren kontaktlos. „Von Fünfer-Gruppen, Maske tragend, werden die Waren zusammengestellt und in Taschen an die Leuter ausgegeben. Diese Taschen müssen wir vorher kaufen.” Auch die Ehrenamtler, die mit dem Fahrzeug gespendete Lebensmittel von den Geschäften abholen, schützen sich und andere durch das Tragen von Masken.
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Etwa 30 ehrenamtliche Mitarbeiter seien für den Tafelladen tätig. „Ja, wir benötigen weitere Mitarbeiter, für den Laden, als auch für den Fahrdienst“, sagt Karin Nebel, denn die Arbeit für Hilfsbedürftige werde nicht weniger. Im Gespräch mit dieser Zeitung erzählte Karin Nebel auch etwas Schönes: Regelmäßig komme Ingrid Rauleff aus Hasperbach vorbei und bringe Süßigkeiten für die Kinder mit. Bei all den aktuellen Schwierigkeiten sei dies ein sehr, sehr schöner Lichtblick.