Gevelsberg. An einem Abend im Gevelsberger RPL haben sich Nadine und Andy kennengelernt. Heute wohnt das Paar genau dort und hat das RPL für sich umgebaut.

Menschen, die dicht an dicht zu lauter Rockmusik feiern. Getränke, die reihenweise über die Theke gehen. Der frühere Kultclub „Rockpommel’s Land“ in Gevelsberg – besser bekannt unter seiner Abkürzung RPL – war oft bis tief in die Nacht noch Anlaufstelle für alle, die zu viel Energie hatten, um schon schlafen zu gehen. Im wahrsten Sinne ein Ort der Begegnung, den es heute so nicht mehr gibt.

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Trotzdem spielt Begegnung hier noch eine Rolle. Beziehungsweise eine ganz bestimmte Begegnung. Die von Nadine und Andy. Sie haben sich vor zwölf Jahren im RPL kennengelernt. Jahre später entwickelte sich daraus eine Beziehung. Vor ein paar Monaten sind sie mit ihrer jungen Familie an den Ort ihres Kennenlernens zurückgekehrt. Der frühere Club ist nämlich ihr neues Zuhause. Und in der Wohnung sind nach wie vor viele Elemente des RPLs enthalten.

Beim Umbau mitgeholfen

An den Abend damals können sich beide noch erinnern. „Er hatte einen Kumpel dabei, ich eine Freundin“, erzählt Nadine. „Wir hatten einen netten Abend, haben dann aber keine Nummern ausgetauscht.“ Erst ein paar Jahre später seien sie sich zufällig wieder begegnet.

Jetzt sind sie seit fünf Jahren zusammen. Im früheren RPL zu wohnen, ist für die beiden Gevelsberger etwas ganz Besonderes. „Ich bin immer gerne ins RPL gegangen“, sagt die 31-jährige Nadine. „Weil man da sein konnte, wie man wollte. Es hatte etwas Familiäres.“

Die Holzbalken im Wohnzimmer sind noch originale Elemente des früheren Gevelsberger Clubs RPL.
Die Holzbalken im Wohnzimmer sind noch originale Elemente des früheren Gevelsberger Clubs RPL. © WP | Max Kölsch

Andy fügt hinzu: „Mir war das hier persönlich sehr wichtig, weil ich hier auch ‘was machen konnte.“ Der 37-Jährige hat schon im März angefangen, beim Umbau zu helfen. Wände verspachteln, streichen, schleifen und mehr. Das Paar ging den Eigentümern Sabina und Willi Ringfort zur Hand, wo es nur konnte. „Wir konnten das so machen, wie wir es haben wollten“, freut sich Nadine.

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Der Kontakt zur Schwester des früheren Club-Betreibers Armin Becker und ihrem Mann kam über das Internet zustande. Sabina Ringfort hatte dort nach Mietern gesucht. „Wir haben einen Termin ausgemacht, kamen in die Wohnung und waren sofort begeistert“, erinnert sich Nadine.

Eine Herzensangelegenheit

Und auch die Vermieterin war begeistert. Für sie ist es eine Herzensangelegenheit, das Erbe ihres Bruders zu bewahren. Dafür haben sie, ihr Mann, Nadine und Andy viele Stunden Arbeit investiert. „Es war kräftezehrend, aber wir machen es für uns“, sagt Andy. Noch immer gibt es Kleinigkeiten zu erledigen. „Jetzt fehlen noch Fußleisten, wir müssen noch ein bisschen streichen“, zählt der Gevelsberger auf.

Die alte Ein- und Ausgangstür aus dem Gevelsberger RPL ist heute die Wohnungstür von Nadine und Andy.
Die alte Ein- und Ausgangstür aus dem Gevelsberger RPL ist heute die Wohnungstür von Nadine und Andy. © WP | Max Kölsch

Wohnlich ist es aber allemal. Wo früher die Tanzfläche war, sind nun Wohn- und Schlafzimmer. Im früheren Thekenbereich befinden sich heute ein Kinderzimmer, ein Teil des Flurs und die Küche. Das damalige Frauenklo hat sich in ein ansehnliches Badezimmer mit Dusche und Badewanne verwandelt.

Wer die Wohnung im früheren RPL betritt, dem fallen vor allem die dunklen Holzbalken ins Auge, die in weiten Teilen der neuen Wohnung zu finden sind und schon damals das Aussehen des Innenbereichs geprägt haben. Auf den zweiten Blick versteckt sich der Kultclub dann in verschiedenen Details.

Zur Serie „Wie wir uns wiedersehen“

Unser Miteinander hat sich in den letzten anderthalb Jahren in vielen Bereichen des täglichen Lebens verändert. Vom Büro, über den Besuch im Supermarkt, bei Freunden oder in der Kneipe: Viele von uns begegnen sich anders, oft vorsichtiger als zuvor. Manche Arten der Begegnung haben sich durch Corona von Grund auf verändert, andere waren schon dabei, sich zu verändern und Corona hat diesen Prozess weiter beschleunigt. Mit eben diesen „Begegnungen im Wandel“ befasst sich unsere große Serie „Wie wir uns wiedersehen“. In den nächsten Wochen berichten wir davon, wie sich das Miteinander in unserer Heimat verändert hat – vielleicht sogar für immer.Begleitend wollen wir von Ihnen wissen, wie sich Ihre Begegnungen verändert haben, was Sie in diesem Zusammenhang vermissen oder sich wünschen. Hier können Sie teilnehmen wp.de/umfrage-checkAlle Serienteile finden Sie gesammelt auf unserer Homepage unter wp.de/begegnungen

So sind an mehreren Stellen noch alte Lüftungsventilatoren in den Wänden sichtbar. In der Küche hängt die originale RPL-Getränke-Tafel. Ouzo, Sambuca oder Tequila, 2cl, 2,50, ist darauf zu lesen. Oder Campari, Baileys, 3cl, 3,50.

Etwas ganz Besonderes

Die alte Eingangs- beziehungsweise Ausgangstür mit entsprechender Beschriftung ist jetzt die Wohnungstür. Über der Haustür ist das alte Schild mit den Öffnungszeiten erkennbar: „Mi.+Mo. 8 – 1 Uhr“ und „Fr.+Sa. 8 – 3 Uhr“. Wenn alles fertig ist, sollen die Haustür und andere Außenelemente des Hauses, die zu RPL-Zeiten blau angestrichen waren, ebenfalls wieder einen blauen Anstrich haben.

Auch im Flur sind die alten RPL-Holzbalken noch zu sehen. Der Ventilator in der Wand war früher ebenso Teil des Gevelsberger Clubs.
Auch im Flur sind die alten RPL-Holzbalken noch zu sehen. Der Ventilator in der Wand war früher ebenso Teil des Gevelsberger Clubs. © WP | Max Kölsch

Der frühere Außenbereich des Clubs ist jetzt Nadines und Andys Garten – mitsamt der originalen Theke, an der sich damals auch die Party-Gäste ihre Getränke holen konnten. Sie hat lediglich eine neue Außenhülle aus Holz bekommen und erinnert jetzt ein wenig an Urlaub in der Karibik.

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Eigentümerin Sabina Ringfort war es wichtig, Mieter zu finden, die dieses Erbe ihres Bruders zu schätzen wissen. Und das ist bei Nadine und Andy der Fall. Nicht nur, weil sie früher gerne im „Rockpommel’s Land“ waren und sich ihr neues Zuhause dort frei gestalten konnten.

„Für uns ist das ‘was ganz Besonderes, da zu wohnen, wo wir uns kennengelernt haben“, sagt Andy klipp und klar. „Wir lieben das, ich freue mich jeden Tag, nach Hause zu kommen. Für mich ist das hier Lebensqualität.“