Dortmund. Die Dortmunder Polizei zieht Bilanz: Alle drei Stunden kommt ein Mensch vorübergehend in Gewahrsam – manche haben sogar Sitzecke und Fernseher.

Häufiger als von vielen gedacht nimmt die Dortmunder Polizei Menschen in Gewahrsam. „Längerfristige freiheitsentziehende Maßnahme“ heißt das im Fachjargon. Jetzt zieht die Dortmunder Behörde Bilanz für 2024: Insgesamt 2853 Mal sei die Polizei gezwungen gewesen, eine Person ins zentrale Polizeigewahrsam am Präsidium an der Markgrafenstraße zu stecken – das sind knapp acht Einlieferungen pro Tag, also eine Einlieferung alle drei Stunden.

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Die Eingelieferten werden auf 42 Einzelzellen und 3 Sammelzellen verteilt, erklärt die Behörde. Mitarbeitende können über Kameras und Gegensprechanlagen den Zustand der Gefangenen kontrollieren. „So stellen sie sicher, dass sie sich in keiner Gefahrensituation (medizinisch oder weil sie sich selbst etwas antun möchten) befinden“, heißt es.

Die Rechtsgrundlagen für eine Einlieferung seien unterschiedlich, erklärt die Polizei. Grundsätzlich gelte: Alle Eingelieferten im zentralen Polizeigewahrsam haben das Recht, vom Gericht entscheiden zu lassen, ob sie weiter in Gewahrsam bleiben müssen. Hier greife die rechtsstaatliche Gewaltenteilung: Auf die Entscheidung der Richterinnen und Richter (Judikative) hat die Polizei (Exekutive) keinerlei Einfluss.

Wegen dieser Gründe kamen Personen 2024 in Dortmund ins Polizeigewahrsam:

Haftrichter oder Haftbefehl: 1361 Ingewahrsamnahmen hatten laut Polizeistatistik einen Strafprozess-Hintergrund – etwa die Vorführung vors Haftgericht direkt nach einer Festnahme oder die Vollstreckung eines Haftbefehls, der vielleicht schon länger bestand. Je nach Fall kommen diese Menschen bis zu ihrem Prozess frei oder werden zur Untersuchungshaft in die JVA gebracht.

Verhinderung von Straftaten: Bei über der Hälfte der Fälle lag laut Polizei eine „gefahrenabwehrende Maßnahme“ zu Grunde. Heißt: Die Polizei ging in 1459 Fällen davon aus, dass die Person kurz davor stand, eine Straftat zu begehen. „Häufig ist das der Fall, wenn jemand aufgrund seiner Alkoholisierung zu Aggressionen neigt, sich Personen in hilfloser Lage befinden oder Platzverweise missachten“, erklärt die Polizei. Auch Ausnüchterungen gehören dazu. Diese Menschen werden meist schon nach einigen Stunden oder am Folgetag entlassen.

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Gewahrsam bis zu 28 Tage: Seit 2018 gebe es zudem die Möglichkeit des „längerfristigen Gewahrsams“ für maximal 28 Tage. Dazu müsse aber eine wirklich schwerwiegende Gefahr zugrunde liegen, heißt es – etwa terroristische Pläne oder besonders bedrohliche häusliche Gewalt, bei der die Polizei von der „Verwirklichung eines Verbrechenstatbestands“ ausgeht. 2024 wurden im Dortmunder Polizeigewahrsam neun Personen über mehrere Tage verwahrt. Das längste waren 27 Tage. Aber: Alle dieser Fälle seien von anderen Polizeibehörden nach Dortmund überwiesen worden, weil deren Gewahrsame nicht über die nötige Infrastruktur verfügen (etwa Ausstattung mit Sitzgelegenheiten oder Fernseher).