Dortmund. Die Dortmunderin Ana Moya zeigt bei Youtube, wie Gärtnern in der Stadt gelingen kann. Sie setzt auf gute Nachbarn und eine ganz besondere Wunderwaffe.
Nein, ein Schrebergärtner hätte an den Rabatten von Ana Moya in Dortmund-Dorstfeld vermutlich keine Freude. Dicht an dicht drängen sich die Pflanzen. Möhren schauen neben Kohlrabi aus der Erde, Paprika und Peperoni sind von Kapuzinerkresse überwuchert. Kaum ein Fingerbreit freie Erde ist zu sehen – aber genauso wenig Unkraut. Jedes Blättchen, jedes Pflänzchen hat an seinem Platz eine Bestimmung. „Uns Menschen tut es gut, wenn wir uns mit Freunden umgeben“, erklärt die 44-Jährige. „Und den Pflanzen geht es nicht anders.“
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Ana Moya ist Datenwissenschaftlerin, hat einen Doktortitel in Statistik. Privat gehört die Liebe der Venezolanerin aber nicht den toten Zahlen, sondern der lebendigen Erde. In ihrem etwa 500 Quadratmeter großen Garten hinter ihrer Wohnung an der Karl-Funke-Straße hat sie eine Urban-Gardening-Oase geschaffen, ein grünes Öko-Paradies für Insekten ebenso wie für Menschen.
Dortmunderin betreibt eigenen YouTube-Kanal
Auch Mitte Oktober hängen die Sträucher mit den Paprika noch voller Früchte, die Einmachgläser sind voll mit Tomatensoße und Bohnen, der Gefrierschrank platzt fast vor lauter Beeren und an den Wänden hängen Knoblauchzöpfe zum Trocknen. Das Wissen, wie ihr das gelingt, teilt die Dortmunderin auf ihrem YouTube-Kanal „Vida en conCiencia“. „Leben im Bewusstsein“ heißt das übersetzt. Mit dem großen C kann man aber auch lesen: Leben mit der Wissenschaft. Beides ist Ana Moya wichtig.
Die Liebe zum Gärtnern wurde in ihr schon als Kind geweckt. „Meine Eltern in Venezuela waren zu 90 Prozent Selbstversorger“, sagt sie. Der Vater habe ihr gezeigt, wie man pflanzt und sät. „Er brachte mich in Verbindung mit der Natur.“ Mit ihrem Urban-Gardening-Projekt will Ana Moya nun ihren Teil dazu beitragen, die Umwelt zu schützen. Und sie will andere animieren, es ihr gleichzutun. „Das ist wichtig, denn wir sind gerade dabei, den Planeten zu zerstören.“
Dortmunderin setzt auf den natürlichen Kreislauf
Ana Moya setzt beim urbanen Gärtnern ganz ohne Chemie vor allem auf den natürlichen Kreislauf. Der Komposthaufen ist für sie das Herzstück des Gartens, aber nicht nur er. „Ganz wichtig ist auch mein Bokashi.“ In dem nur Mülleimer-großen Plastikbehälter werden Küchenabfälle fermentiert – auch die, die nicht in den Kompost dürfen. So entsteht mithilfe von Mikroorganismen rasch hochwertiger Dünger. „Bokashi ist ein echter Game-Changer, eine Wunderwaffe“, versichert die Wissenschaftlerin. Mit wenig Platzbedarf und wenig Aufwand könne man damit ein großes Ergebnis erzielen. „Der Dünger gibt den Pflanzen einen echten Kick.“
Außerdem hält sie beim Düngen große Stücke auf Brennnesseljauche, auch davon steht immer ein Eimer bereit. „Ja, das stinkt ein bisschen“, gibt die Gärtnerin zu. Aber mit der Zugabe von ein bisschen Ursteinmehl lasse sich das ganz gut verhindern. „Ein Sud ist schon nach 24 Stunden fertig, ich lasse ihn aber sieben Tage fermentieren.“
Kürbis, Mais und Bohnen bringen „Indianer-Energie“
Natürlich achtet die Venezolanerin auf die richtige Fruchtfolge, setzt etwa nicht zwei Jahre hintereinander Kartoffeln in dieselbe Erde. Aber genauso wichtig ist ihr die gute Nachbarschaft der Pflanzen. Tomaten und Basilikum gehören nebeneinander, „das vertreibt die Mücken“. Das Wissen um eine Kombination hat sie aus Venezuela mitgebracht: Kürbis, Mais und Bohnen sollten in einem Beet beieinander stehen. „Wir nennen das Indianer-Energie.“
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Zwei gute Nachbarn sind in jedem Beet zur Stelle. Ana Moya schwört auf Senfpflanzen zur Bodenverbesserung – „sie machen das ganz wunderbar“ – und auf Kapuzinerkresse. Die diene nicht nur der Abwehr von Läusen, sondern sei auch ein natürliches Antibiotikum, das bei den Moyas im Schrank nicht fehlen darf.
Überhaupt stehen bei ihnen im Vorratskeller nicht nur eingeweckte Tomatensauce, getrocknete Apfelringe, eingelegtes Sauerkraut, Kimchi und Co. Die Venezolanerin nutzt ihre Ernte auch, um daraus Kosmetik herzustellen. „Ringelblume zum Beispiel ist toll dafür.“ Und aus der getrockneten Goldrute wird noch ein Medikament. „Die räuchern wir, das ist gut für die Nieren.“
Auch Misserfolge werden online geteilt
Dass nicht jeder einen großen Garten hat, um Obst und Gemüse anzubauen, das ist der Dortmunderin bewusst. „Aber das macht gar nichts“, sagt sie. „Das geht auch auf dem Balkon oder in einem Kübel.“ Und klar, nicht alles werde immer gleich gelingen. „Ich hatte zum Beispiel im letzten Jahr bestimmt 500 Maracujas, es war eine Pracht.“ Doch kurz vor der Reife kam die Kälte, vorbei war es mit den Früchten. Auch diese Misserfolge teilt die Wissenschaftlerin in ihrem Kanal. „Wir lernen alle daraus. Und nächstes Mal machen wir es anders.“
Der Youtube-Kanal ist spanisch betextet. Die Untertitel können aber auf Deutsch eingestellt werden. Das neue Video von diesem Herbst soll noch in diesem Monat veröffentlicht werden: youtube.com/@vidaenconCiencia
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