Dortmund. Weil die Ärzte älter werden, kommen immer mehr Patienten auf immer weniger Praxen. Wie ein neuer Beruf das Problem lösen könnte.
Deutschlands Hausärzte werden alt. 40 Prozent der niedergelassenen Allgemeinmediziner in Westfalen-Lippe, rechnet am Montag die Kassenärztliche Vereinigung (KVWL) vor, seien älter als 60 Jahre. Weit mehr als 1000 praktizierten im Alter von über 70 Jahren immer noch. Der Verband sieht deshalb die ambulante Versorgung der Menschen in Gefahr: Es gebe, erklärt Vorstandschef Dr. Dirk Spelmeyer, „schlicht zu wenig Personal, das die Behandlung der Patienten annähernd stemmen kann“.
Aber immer mehr Patienten bei immer weniger Ärzten und damit weniger Zeit: Der demografische Wandel sei nicht das einzige Problem. Für hohe Arbeitsbelastung in den bestehenden Praxen sorgten auch die wachsenden bürokratischen Anforderungen, so Spelmeyer am Montag in Dortmund. „Sie bürden uns zusätzliche Aufgaben auf.“
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Unter diesen Umständen sei es immer schwieriger, junge Ärzte dafür zu begeistern, sich mit einer eigenen Praxis niederzulassen. Viele bereits praktizierende Mediziner hätten sich, um die Fülle der Aufgaben bewältigen zu können, längst in Gemeinschaftspraxen zusammengeschlossen. 2300 arbeiteten allein in Westfalen-Lippe inzwischen in 800 solcher „Berufsausübungsgemeinschaften“. Die KVWL sieht darin die Zukunft: Die liege nicht mehr in Einzel-, sondern in „Team-Praxen“.
Die Zukunft: Pilotprojekt fördert „Team-Praxen“
Gedacht wird an flexiblere Strukturen in der täglichen Arbeit. Medizinische Fachangestellte (MFA) sollen gezielt weitergebildet werden, um zusätzliche Aufgaben übernehmen zu können. Unter anderem fördert der Verband in einem Pilotprojekt, bei dem in zehn Praxen in der Region ein sogenannter „PA“ eingesetzt wird. Solche „Physician Assistants“ studieren sechs Semester an einer Fachhochschule und können danach Anamnesen und Untersuchungen durchführen, Patienten beraten, sie über Eingriffe aufklären oder Maßnahmen und Befunde erklären.
„Physician Assistants“, glaubt der Vorstandsvize des Verbands, Dr. Volker Schrage, könnten bei Hausbesuchen oder in der Praxis jeden fünften Patientenkontakt übernehmen, eine „enorme Zeitersparnis“ von also bis zu 20 Prozent. Und dadurch für den Erhalt vieler Praxen sorgen. Aber: „Die endgültige Entscheidung trifft immer der Arzt.“
Nicht notwendige Arzt-Patienten-Kontakte könnten dadurch reduziert werden, hofft die KVWL. Der Knackpunkt allerdings ist bislang das Geld. Für das Pilotprojekt bezahlen die Praxen ihre Assistenten selbst. Um die PAs dauerhaft zu etablieren, müsste aber das Abrechnungssystem geändert werden: Noch wird mit der Versicherungspauschale lediglich der Arzt selbst finanziert.