Dortmund. Vor vier Dortmunder Schulen sind Autos bald tabu: Die Stadt richtet „Schulstraßen“ ein – aber sperrt damit auch Anwohnende aus.
Morgendliches Chaos vor Dortmunder Schulen: Autos parken in zweiter Reihe, Kinder steigen aus. Andere Autos überholen, scheren aus, fahren langsam, schneller, suchend, unaufmerksam. Fahrradkinder kreuzen die Straße, Zu-Fuß-Kinder gehen zwischen parkenden Wagen über die Fahrbahn. Und die Roller-Kids müssen auch schnell rüber. Der Schulweg ist für Dortmunder Kinder oft ein Spießrutenlauf – und brandgefährlich: Allein 2024 gab es schon neun Unfälle mit Kindern auf dem Weg zur Schule.
Jetzt startet die Stadt Dortmund einen Pilotversuch: Pünktlich zum Schulbeginn nach den Sommerferien werden vier „Schulstraßen“ eingerichtet – drei vor Grundschulen, eine vor einer Förderschule. Ein Runderlass der NRW-Landesregierung macht‘s möglich.
Straßen teils gesperrt – Eltern müssen Bring-Zonen nutzen
Die Idee: Die Kinder sollen den Weg direkt an der Schule ohne stressigen und gefährlichen Straßenverkehr schaffen. Dafür werden die Straßen direkt vor der Schule für bestimmte Zeiten für den Verkehr gesperrt. Entsprechende Schilder sind schon montiert. Das Fahrverbot betrifft natürlich auch Elterntaxis: Wer das Kind mit dem Auto zur Schule bringt, darf nicht mehr direkt vors Gebäude fahren, sondern muss eine extra ausgewiesene Hol- und Bringzone in der Nähe nutzen. Die Polizei kontrolliert und ahndet die Verbote entsprechend.
Anwohner ausgesperrt – „Sondergenehmigung darf nicht zur Regel werden“
Ein Problem haben allerdings auch Anwohnende: Sie dürfen ebenfalls nicht rein – nicht mal kurz zur eigenen Garage. „Wenn wir die Idee einer Schulstraße ernst nehmen, dürfen keine Fahrzeuge einfahren“, erklärt Stadtsprecher Christian Stein. Es solle zwar Sondergenehmigungen geben, „aber die dürfen nicht zur Regel werden.“ Es gehe ohnehin nur um einen kurzen Zeitraum am Tag. „Daran gewöhnt man sich schnell und stellt sich darauf ein.“ Das Einfahr-Verbot gelte natürlich nicht für Rettungsdienst, dringende Krankentransporte und Co. Andere Städte gehen offenbar lockerer mit Anwohnern um. Viele Schulstraßen gibt es in NRW zwar noch nicht, aber in Köln und Essen etwa dürfen Anwohner mit Sondergenehmigung rein.
„Wir wollen selbstständige Kinder, die den Weg zur Schule alleine meistern“, sagte Dortmunder Oberbürgermeister Thomas Westphal am Dienstag bei der Vorstellung des Pilotprojekts. „Und alle Eltern wollen, dass die Kinder unversehrt wieder nach Hause kommen.“ Und Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange appelliert auch an die Erwachsenen: „Die Autofahrenden entscheiden selbst über ihr Tempo, über die Sicherheit das Leben, den Tod und Verletzungen.“ Lernende Kinder machen Fehler, so Lange. „Das muss im Kopf der Autofahrer fest verankert sein.“
Sperrungen in Dortmund – Diese Schulen bekommen „Schulstraßen“:
- Freiligrath-Grundschule (Lüdo): Sperrung Uranusstraße (Provinzial- bis Neptunstraße) – 7.30 bis 8 Uhr
- Ostenberg-Grundschule (Barop): Sperrung An der Margarethenkapelle –14.45 bis 16.15 Uhr
- Kerschensteiner-Grundschule (Gartenstadt): Sperrung Strohnstraße – 7.30 bis 8 Uhr
- Max-Wittmann-Förderschule (Eving): Sperrung Oberevinger Straße (Rotbuchenweg bis Derner Straße) – nach Schulschluss 30min lang
Das Dortmunder Pilotprojekt ist angelegt auf ein halbes bis maximal ein Jahr. Danach wolle die Stadt die Ergebnisse auswerten und entscheiden, wie es weitergeht, erklärt Tiefbauamts-Chefin Sylvia Uehlendahl: „Bestenfalls sagen wir: Das Projekt ist so super gelaufen – das rollen wir auf andere Schulen aus. Wir hätten noch deutlich Potenzial.“