Balve. Kolpingforum diskutierte über Gerechtigkeit beim Welthandel und Klimawandel. Und warum die Produkte der Balver Dritte-Welt-Gruppe nicht das Fairtrade-Siegel tragen.

Jeder Einkauf setzt ein Zeichen. Bei vielen Produkten, die im globalen Süden hergestellt, verarbeitet oder produziert werden, besteht die Möglichkeit, diese Dinge aus Fairem Handel zu erwerben. Eine Entscheidung, die der private Konsument treffen kann, aber auch verschiedenste Organisationen und Einrichtungen. „Das ist vorbildlich“, sagte deshalb Dr. Freya Willicks, Referentin beim Kolpingforum, die vor dieser Veranstaltung noch recherchiert hatte, dass Balve eine Fairtrade-Kommune ist. Bedeutet, dass hier zum Beispiel bei öffentlichen Veranstaltungen fair gehandelter Kaffee ausgeschenkt wird. Schon gut die Hälfte aller Deutschen leben in Städten, die zu diesem Netzwerk gehören, erklärt Willicks im Pfarrheim St. Blasius, wo das Kolpingforum aus der Sommerpause zurückkehrte.

Referentin Dr. Freya Willicks freut sich, dass Balve eine Fairtrade-Stadt ist.
Referentin Dr. Freya Willicks freut sich, dass Balve eine Fairtrade-Stadt ist. © WP | Alexander Lück

Dr. Freya Willicks ist ehrenamtlich als Referentin für den Verein Fairtrade unterwegs, der vor allem Produkte aus Fairem Handel mit dem bekannten Logo zertifiziert. Kaffee macht dabei landesweit den meisten Umsatz, gefolgt von Kakao, meist in Schokolade. Nicht ganz 30 Euro, so Willicks weiter, gebe jeder Deutsche im Jahr für fair gehandelte Produkte aus. „Da ist also sicher noch Luft nach oben.“ Sie erklärte weiter, wie ein Produzent an das Siegel kommt, wie dafür den Erzeugern und landwirtschaftlichen Netzwerken im globalen Süden nicht nur Mindestpreise, sondern auch weitere Prämien garantiert werden, und wie der Austausch mit ihnen immer gleichberechtigt und auf Augenhöhe gestaltet werde.

Beim Siegel gebe es verschiedene Abstufungen, je nachdem ob alle oder nur einzelne Rohstoffe eines Produkts fair gehandelt sind. Und dann erklärte Willicks den Zusammenhang mit Klimagerechtigkeit, denn die Länder der Südhalbkugel wurden durch ihren vergleichsweise niedrigen CO2-Austausch wenig zum Klimawandel beitragen, aber am meisten darunter leiden. Deshalb müsse für diese Themen eine ganzheitliche Lösung gefunden werden, um Natur und Klima zu schützen, aber auch wirtschaftliche Lebensgrundlagen zu bewahren.

Der Eine-Welt-Stand ist in aller Regel bei jedem Kolpingforum vertreten, nicht nur dann, wenn es auch inhaltlich um dieses Thema geht.
Der Eine-Welt-Stand ist in aller Regel bei jedem Kolpingforum vertreten, nicht nur dann, wenn es auch inhaltlich um dieses Thema geht. © WP | Alexander Lück

Und wie kann man konkret vor Ort Fairen Handel unterstützen? Fairtrade-zertifizierte Produkte gibt es in gängigen Supermärkten. Aber in Balve ist natürlich auch die Dritte-Welt-Gruppe regelmäßig mit ihrem Angebot präsent, nicht nur in der Regel bei jedem Kolpingforum, sondern auch oft nach Gottesdiensten. Warum aber die hier angebotenen Produkte meist nicht das von Dr. Freya Willicks vorgestellte Fairtrade-Siegel enthalten, erklärte Andrea Schulte von der Dritte-Welt-Gruppe. Die Anbieter, die die Gruppe vertreibe, hätten sogar noch höhere Standards. „Wir sind der Meinung, dass Fairtrade gut ist, aber dass es auch noch besser geht“, betonte Schulte. Was Willicks ausdrücklich gut hieß, aber auch die Strategie von Fairtrade erläuterte, die niedrigschwelliger, damit auch etwas preisgünstiger sei, um damit in Supermärkten ins Sortiment zu kommen. „Damit viele Menschen überhaupt erstmal mit dem Thema in Berührung kommen.“

Das Kolpingforum Balve diskutiert über fairen Handel. Die Besucher erfahren dabei, was hintewr dem Fairtrade-Siegel steckt.
Das Kolpingforum Balve diskutiert über fairen Handel. Die Besucher erfahren dabei, was hintewr dem Fairtrade-Siegel steckt. © WP | Alexander Lück

Und was sollte man überhaupt aus Fairem Handel kaufen? Am besten nur Dinge, die auch wirklich nur im Süden angebaut werden können, fand Birgit Schäfer, die an dem Abend die Begrüßung für den verhinderten Bernward Midderhoff übernahm. „Ich würde keinen fair gehandelten Honig kaufen.“ Der sei ja auch aus heimischer Produktion verfügbar. Aber die Imker hier können nur 30 Prozent der deutschen Nachfrage decken, wandte Willicks ein. Ein komplexes Thema ohne ausschließlich schwarze und weiße Antworten, das wurde klar. Auch wenn mit knapp 20 Teilnehmern dieses Kolpingforum etwas unterdurchschnittlich besucht war, entwickelte sich eine muntere Diskussion, da das Thema offensichtlich wirklich am Herzen lag. Aber einen Vertreter der Stadt Balve, als zertifizierte Fairtrade-Kommune, im Publikum, den hat Birgit Schäfer schmerzlich vermisst.

Platziert war dieses Thema nun im September, weil demnächst wieder die Faire Woche ansteht, eigentlich zwei Wochen lang. Balve beteiligt sich daran mit dem Fairen Frühstück der Dritte-Welt-Gruppe am Samstag 21. September, ab 9 Uhr, ebenfalls im Pfarrheim St. Blasius.