Balve. Team um Dr. Achim Schwermann begeistert: Balver Steinbruch offenbart Schätze. Eine der wenigen Fundstätten Europas.
Als im Jahr 2000 von Mineraliensammlerinnen und -sammlern Anzeichen für eine paläontologisch hochinteressante Fundstätte in einem Balver Steinbruch entdeckt wurden, konnte noch niemand erahnen, dass hier bedeutsamste Fundstücke ans Tageslicht kommen würden.
„In Schlotten, das sind Spalten im Gestein, fand man nicht nur Mineralien sondern auch Zähne und Knochenfragmente von Dinosauriern, Säugetieren und anderen Lebewesen aus der Kreidezeit“, erklärt Dr. Achim Schwermann, Geologe und Paläontologe beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL).
„Wir haben hier den günstigen Umstand, dass der Abbau durch den Steinbruchbetreiber ruht. So können wir während der drei Sommermonate hier graben und sehr detailgenau arbeiten.“
2002 begannen die Grabungen, die Schwermann seit 2017 leitet. „Wir haben hier den günstigen Umstand, dass der Abbau durch den Steinbruchbetreiber ruht. So können wir während der drei Sommermonate hier graben und sehr detailgenau arbeiten. Die Präparation, die Nachbereitung und die Auswertung begleitet uns das ganze Jahr über“, verdeutlicht der Grabungsleiter. Das Museum für Naturkunde in Münster gehöre zum LWL und stehe in der gesetzlichen Pflicht, sich um paläontologische Funde, Zufallsfunde und Bodendenkmäler zu kümmern.
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„Eine solche Fundstätte wie diese, in der man die geologisch jüngsten Sauropodenreste in Deutschland gefunden hat, ist auch international sehr selten. Auch dass wir hier die Überreste von sieben verschiedenen Säugetierarten gefunden haben, ist ganz außergewöhnlich. In ganz Europa gibt es nur eine handvoll Fundstellen, die Säugetierfossilien aus dieser Zeit liefern“, betont Schwermann.
An dieser Stelle haben die frühen Säuger und Saurier gleichzeitig gelebt. Hier in Balve habe man Sauropoden, das sind Langhalssaurier, mit dem jüngsten geologischen Alter, die man aus Deutschland kennt, nachweisen können. Daneben haben aber auch Iguanodonten und Flugsaurier das heutige Sauerland bevölkert. „Das lag vor 125 Millionen Jahren schon ungefähr auf der gleichen Stelle des Globus wie heute. Das Meer war recht weit entfernt“, so Schwermann.
Überreste von Süßwasserkrokodilen und kleinen Haien gefunden
Die Überreste von drei Arten von Süßwasserkrokodilen, kleinen Haien, die ebenfalls in Süßwasser lebten, Knochenfischen, Fröschen, Salamandern und von vier Arten von Schildkröten habe man gefunden. Die Vielfalt der Tiergruppen ist beeindruckend und gibt einen tiefen Einblick in das damalige Ökosystem.
So vielfältig wie die Tierwelt der Kreidezeit sind auch die Menschen, die nach Zeugnissen der Vergangenheit schürfen.
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Unter der Leitung von Dr. Schwermann arbeitet dort ein junges Team. Der Präparator Jerome Gores kümmert sich um die geborgenen Objekte. Marvin Tuppek ist Volontär beim LWL, studiert in Bochum und arbeitet dort auch für das Bergbaumuseum. Lisa Wong und Frithjof Leopold sind Mitarbeitende des Naturkundemuseums in Münster. Annemarie Greif macht bei der Grabung ein freiwilliges Praktikum und studiert Geowissenschaften in Münster. Sie ist schon zum zweiten Mal dabei. Piero Modolo ist ehrenamtlicher Mitarbeiter aus Italien. Er ist Dino-Fan und verwirklicht sich einen Kindheitstraum. Ebenfalls ehrenamtlich gräbt Julia Zienkiewicz. Ein echter Sauerländer schürft auch nach Knochen und Zähnen: Stefan Schröder aus Finnentrop ist ebenfalls seit seiner Kindheit Dino-Fan und ehrenamtlich dabei.
Dass es überhaupt Lebenszeugnisse aus der Kreidezeit gibt, ist den tiefen Höhlen und Spalten im Kalkstein zu verdanken. Diese brachen bis an die Oberfläche durch und wurden später durch Regen und Schlamm wieder von oben zugespült. Beim Einspülen in die Höhle und durch Verwirbelungen entstanden Bruchstücke, sodass heute nur Fragmente geborgen werden können, die zwar nicht spektakulär aussehen, aber wissenschaftlich von größter Bedeutung sind, sodass die Fundstelle internationale Bekanntheit erlangt hat.
Da auf die Ablagerungen kein hoher Druck ausgeübt wurde und keine höheren Temperaturen herrschten, liegen die Überreste in tonigem, lockeren Material und müssen daher nicht aus festem Gestein geborgen werden. So heißt es auch in diesem Jahr noch für einige Wochen: Graben, trocknen, einweichen, sieben, sichern.
„Zurzeit gibt es im Naturkundemuseum in Münster eine Balve-Vitrine. Nach dem Umbau des Museums wird ab 2025 die Balver Grabung größer thematisiert“, erklärt Dr. Achim Schwermann.
Kontakt zum Museum
LWL-Museum für Naturkunde mit Planetarium, Sentruper Straße 285, 48161 Münster
Telefon: 0251/591-6050
E-Mail: servicebuero.naturkundemuseum@lwl.org