Balve/Menden. Autoren aus Menden und Balve veröffentlichen Kurz-Krimis, die an Orten im Sauerland spielen. Was der „Pülleken-Index“ bedeutet.
„Aus Versehen tot – Am Arsch der Welt“ – Was sich als Buchtitel vielleicht auf den ersten Blick despektierlich liest, ist Ausdruck der Liebe der neuen Regionalgruppe Westfalen des „Bundesverbandes junger Autorinnen und Autoren“ (BVjA) zu ihrer Heimat, dem südlichen Westfalen und dem Sauerland. Seit letztem Jahr hat sich die bunt gemischte Schar der Autorinnen und Autoren, darunter Mendenerinnen Anna Franziska Dyckmanns, Anja Grevener und der Mendener Gerhard Brinkmann, zusammengefunden, hat Schreibtage organisiert und sich bei dem einen oder anderen Kaffee über ihre gemeinsame Leidenschaft des Schreibens ausgetauscht. Herausgekommen bei dieser produktiven Runde ist ihre jüngst erschienene erste gemeinsame Anthologie, die genau diese Verbundenheit mit Westfalen und dem Sauerland in nicht allzu blutigen Kurzkrimis einfängt.
Verwicklungen und Missverständnisse
Die Geschichten spielen nicht unbedingt bei touristischen Highlights oder in den größeren Städten dieses stolzen Landstrichs, sondern sind weit gestreut in Orten wie Balve, Menden, Iserlohn, Sichtigvor, Kneblinghausen, Meschede-Mosebolle oder der kleinen Schwester der nordischen Hansestadt: (Ense-)Bremen, wodurch es zu einigen Verwicklungen und Missverständnissen in den Kriminalfällen kommen kann.
Die Kurzgeschichten aus dem sogenannten „Cosy Crime“-Genre (Kuschelkrimi), die nicht zu blutig erzählt werden, sollen Lust machen, die Orte und damit das Land der Tausend Berge zu erkunden und kennenzulernen – am liebsten mit dem Buch in der einen und einem Fläschken Bier in der anderen Hand. Denn genau dafür gibt es den „Pülleken-Index“ bei jeder Geschichte, der die Lesedauer in den jeweils dabei zu konsumierenden Bierflaschen (oder nicht-alkoholischer Alternativen) angibt. Neben dieser liebevollen Einbeziehung der Sauerländer Kulturlandschaft in die Geschichten spielen typische regionale Gerichte wie Potthucke und Schwalbennester oder Getränke wie der Bier-Cocktail „Bieresel“ eine Rolle in den Kurzkrimis. Die passenden Rezepte als zusätzlichen Anreiz, diesen Ort zu besuchen oder beim üblichen Dauergepläster gemütlich etwas zu kochen, finden die Leser als Anhang hinten im Buch.
Jungautorin Anna Franziska Dyckmanns, die in Greveners Kurs zum kreativen Schreiben der VHS Menden-Hemer-Balve aufgefallen ist, mordet in der Lürbke bei Lendringsen während einer „Kaffeepause“ mit einer Thermosflasche. BVjA-Krimi-Autor Gerhard Brinkmann lässt in „Hexentanz“ zwei geschichtsträchtige Orte in Menden zum Schauplatz seines Todesfalles werden.
Heimat der Familie in Balve
Anja Grevener hat es in ihren zwei Beiträgen einmal in die Heimat ihrer Familie nach Balve verschlagen, wo ein schwer erkrankter Kommissar in der Balver Höhle seinen „letzten Fall“ lösen muss und es mit Männern im Kilt zu tun bekommt, und einmal ins malerische Bilsteintal, wo auf einem Bogenparcours ein unbeabsichtigter Mord passiert.
„Ich bin in meinem Hobby häufig mit einem Langbogen unterwegs gewesen und dieser Sport fasziniert mich bis heute. Es ist dabei einfach entspannend, in der Natur zu sein und sich auf einen möglichst guten Treffer zu konzentrieren. Das in der Geschichte beschriebene Ziel war auch einer meiner Angstgegner auf dem Parcours und darum hat es besonders Spaß gemacht, es in einen fiktiven Mord zu verwickeln. Getroffen habe ich es, aber es hat mir dabei ein paar Gruselschauer über den Rücken gejagt“, verrät die Autorin über ihre Geschichte, die den Titel „Im Netz der Vogelspinne“ trägt – ein dezenter Hinweis auf ihren persönlichen Angstgegner.
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Normalerweise schreibt Anja Grevener eher im historischen Genre, aber der Ausflug in das Krimi-Genre hat ihr gefallen. „Die BVjA-Truppe ist ein sehr kreativer und engagierter Haufen von Autorinnen und einem (!) Autor, perfekt gegendert, und wir haben zusammen schöne Schreibtage verbracht und die Anthologie nahezu reibungslos auf den Weg gebracht. Das war eine tolle Erfahrung.“
Autorinnen und Autoren
Die vorkommenden Orte und ihre mörderischen Autorinnen und Autoren sind:
Gerhard Brinkmann: Hexenteich/Menden: Hexentanz
Anna Franziska Dyckmanns: Menden-Lürbke: Kaffeepause
Sandra-Maria Erdmann: Meschede-Mosebolle
Anja Grevener: Balver Höhle und Bilsteintal bei Warstein: Der letzte Fall; Im Netz der Vogelspinne
Andrea Henneke: Attendorn
Sabine Hinterberger: Iserlohn
Andrea Hundsdorfer: Sichtigvor, Bruchhauser Steine und Kneblinghausen
Uta Preuße: Niederhelden bei Attendorn
Martina Sprenger: Iserlohn und Felsenmeer/Hemer
Sonja Sternitzke: Ense-Bremen
Bettina Wells: Iserlohn
Die Autorinnen und der eine Autor der Regionalgruppe Westfalen kommen aus Iserlohn, Menden, Wickede, Hemer oder Sichtigvor und bilden auch in ihren individuellen Stilen und Lebenswegen eine bunte Mischung, die das Sauerland als literarische Landschaft widerspiegelt. Sie laden alle Sauerland-Fans und solche, die es werden wollen, auf ihre literarische und kulinarische Reise in das Land der Tausend Berge ein und wünschen viel Spaß beim Erkunden dieses reizvollen Landstrichs, wo so mancher lieber nicht tot über dem Zaun hängen möchte ...
„Aus Versehen tot – Am Arsch der Welt“ ist bei Bookmundo erschienen und kann für 13,95 Euro unter der ISBN 978-94-037-4126-0 bestellt werden.