Balve/Märkischer Kreis. Trotz Dürre und Stürmen: Wälder rund um Balve erholen sich. Förster Richard Nikodem erläutert die nächsten Schritte.

„Die Borkenkäferplage ist bei uns beendet“, so Richard Nikodem, zuständig für den Forstbetriebsbezirk Balve. 3500 Hektar Wald stehen unter seiner Obhut, davon sind circa 1400 Hektar in der Forstbetriebsgemeinschaft Balve zusammengeschlossen.

Die Natur holt sich die Flächen zurück. Der purpurne Fingerhut bildet ein Blütenmeer.
Die Natur holt sich die Flächen zurück. Der purpurne Fingerhut bildet ein Blütenmeer. © WP Balve | Peter Müller

Viele Waldbesitzer haben bereits aufgeforstet oder damit begonnen. Die nach dem Einschlag der vom Käfer befallenen Fichten erst einmal kahlen, braunen Flächen habe die Natur sich größtenteils zurückerobert. In diesem Jahr bildet der purpurne Fingerhut auf vielen Flächen einen prächtigen, oft dichten Blütenteppich.

Das Wild liebt die frischen Blättchen der jungen Setzlinge. Der Schaden kann groß sein.
Das Wild liebt die frischen Blättchen der jungen Setzlinge. Der Schaden kann groß sein. © WP Balve | Peter Müller

„Die mehrjährige Dürre und der in Massen aufgetretene Borkenkäfer haben den Wald seit 2018 in eine schlimme Lage gebracht. Wir haben versucht zu retten, was dann doch nicht zu retten war“, bedauert Nikodem.

Wurzel braucht Zucker

Die Bäume seien regelrecht verdurstet. Nikodem erläutert den Mechanismus: „Im Splintholz erfolgt der Wassertransport durch den Kapillareffekt der Holzfasern. So steigt das Wasser nach oben.“ Die in der Krone durch Photosynthese hergestellten Zucker werden von der Wurzel benötigt. „Das Kambium dient dem Transport der Nahrungsstoffe des Baumes hinunter zu den Wurzeln. Der Borkenkäfer unterbricht diese Schicht. Bei den Wurzeln kommt nichts mehr an. Der Baum stirbt“, beklagt Nikodem.

Aufforstungspläne per Handy. Die Waldarbeiterinnen und Waldarbeiter erhalten die Pläne für die neuen Aufforstungen per Internet.
Aufforstungspläne per Handy. Die Waldarbeiterinnen und Waldarbeiter erhalten die Pläne für die neuen Aufforstungen per Internet. © WP Balve | Peter Müller

Von den abgestorbenen Bäumen ist nicht mehr viel zu sehen. „Wir konnten nur langsam mit der Aufforstung beginnen“, so der Förster. Es habe zunächst viele Probleme gegeben. Die Baumschulen seien auf den großen Bedarf an Setzlingen nicht vorbereitet gewesen. Auch dieses Jahr gibt es beispielsweise bei der Eiche Samenmangel. Geeignete Arbeitskräfte, aber auch Erfahrungen im Umgang mit der Situation fehlten.

Auch interessant

Es habe auch Rückschläge gegeben. Bei den in der Saison 2022/23 gepflanzten Setzlingen habe es auf einigen Flächen einen Verlust von bis zu 50 Prozent gegeben. Besonders trockenresistente Baumarten, wie die Kiefer, hätten es noch am besten geschafft.

Auch interessant

„In diesem Jahr hatten wir ein wüchsiges Frühjahr. Alle Kulturen aus dem vergangenen Herbst und Frühjahr sind gut angewachsen. Buche, Kiefer, Douglasie, Küstentanne und Eiche bilden die neuen Bestände“, berichtet Nikodem.

Nach Kyrill 750 Hektar neu aufgeforstet

In den vergangenen Jahren habe sich viel getan. Nach dem Orkan Kyrill mussten 750 Hektar neu aufgeforstet werden. Der Borkenkäfer habe in seinem Bereich nun 350 Hektar Wald zerstört. „Und wir fangen gerade erst richtig an“, so Nikodem. Inzwischen gebe es allerdings genug Setzlinge. Die Versuche mit Drohnensaat seien nicht sehr erfolgreich verlaufen. „Der Anwuchs war relativ schlecht“, stellt er fest. Die Begleitvegetation wie krautige Pflanzen, Birke, Holunder oder Eberesche sehe er gern. Sie spende den jungen Setzlingen in der Sommerhitze Schatten. Brombeere, Adlerfarn und Ginster können zum Problem werden.

„Gerade die Birke, früher als Unkraut betrachtet, erfüllt ihre Aufgabe. Sie hält die Konkurrenzvegetation niedrig. Sie wird zwar meist nur 60 Jahre alt, in ihrem Schatten fühlen sich die Jungpflanzen aber wohler als in der prallen Sonne. Außerdem bietet sie gutes Brennholz“, erklärt der Förster.

Waldbesitzer Heinz Vogel holt sich im Juli 2019 wegen der Borkenkäferplage Rat bei Förster Richard Nikodem.
Waldbesitzer Heinz Vogel holt sich im Juli 2019 wegen der Borkenkäferplage Rat bei Förster Richard Nikodem. © WP Balve | Peter Müller

Eine Untersuchung der Universität Münster hat laut Nikodem ergeben, dass sich auch die Artenzusammensetzung bei den Vögeln geändert hat. Gartenvogelarten kommen in den Wald und weichen so den vielen Freiläuferkatzen und dem Mangel an Nistplätzen in den Wohngebieten und den eintönigen Gärten aus. Auf den mit Nadelhölzern aufgeforsteten Flächen wurden Heckenbraunelle und Amsel, auf mit Buche aufgeforsteten Flächen Mönchsgrasmücke, Singdrossel, Rotkehlchen und Zilpzalp gefunden.

Auch interessant

Auf den von Birken wieder dominierten Flächen waren insbesondere Fitislaubsänger, Kohlmeise, Gartengrasmücke und Baumpieper vorkommende Arten. Die speziellen Waldarten wie Goldhähnchen und Tannenmeisen sind weniger geworden, gelten aber nicht als gefährdet.

80 Kilometer der Waldwege wurden bereits erneuert. Weitere 30 Kilometer sind noch an der Reihe. Am Rand liegt noch ein Holzpolte.
80 Kilometer der Waldwege wurden bereits erneuert. Weitere 30 Kilometer sind noch an der Reihe. Am Rand liegt noch ein Holzpolte. © WP Balve | Peter Müller

„Das Wild stellt in den jungen Lebensjahren der Bäume ein Problem dar. Die Rehe lieben alles, was selten ist. So ist der Erfolg bei der Neuaufforstung oft auch abhängig vom Wildbestand“, verdeutlicht Nikodem.

Pflanzplan wird erstellt

In der Zukunft soll es keine großen Reinbestände mehr geben. Zur Risikostreuung sollen mindestens vier Baumarten einen Bestand bilden. Dazu wird ein Pflanzplan erstellt. Die Zusammenarbeit mit den 140 Waldbesitzern, die zur Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Balve gehören, funktioniere auch wegen des aktiven Vorstandes sehr gut.

80 Kilometer Waldwege befestigt

Viel sei der Krise geopfert worden. 150.000 Festmeter Holz seien dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen. Doch Positives gab es auch zu berichten: 80 Kilometer der Waldwege konnten neu befestigt werden, um die Bewirtschaftung zu erleichtern. „Wir haben so auch bessere Möglichkeiten für die Waldbrandbekämpfung geschaffen und deshalb auch die Zufahrten zu den Feuerlöschteichen verbessert. 40.000 Tonnen Schotter wurden dafür benötigt. Dieser ist aus Grauwacke und entspricht dem Gestein des Balver Waldes. 30 Kilometer der Wege sind noch zu erneuern. Für einen Großteil der gesamten 120 Kilometer, die durch das Starkregenereignis im Juni 2021 beschädigt wurden, übernimmt das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen 100 Prozent der Kosten. Die Forstbetriebsgemeinschaft und die Stadt Balve müssen für alle anderen Schäden tief in die Tasche greifen.“

Auch interessant

„Wir tun alles, um zukünftig den Herausforderungen des Klimawandels gewachsen zu sein“, so Nikodem.