Balve. Hilfe für Geflüchtete bei der Stadt Balve hat einen Namen. Sie heißt Manuela Schröder. Welche Erwartungen sie machte, welche Forderungen sie hat.

Plötzlich standen sie da. Unangemeldet kamen im vorigen Jahr viele Menschen vor den Türen des Bürgerbüros an und hofften auf Hilfe und Sicherheit. Diese Situation erlebte Manuela Schröder, zuständig für die Asylbewerberangelegenheiten in Balve, häufig. Im Gespräch mit der WP berichtete sie von den Herausforderungen, vor denen die Ukrainerinnen und Ukrainer in Balve stehen und womit die Stadt selbst zu kämpfen hat. Gemeint sind die Geflüchteten aus der Ukraine, die auf eigene Faust Schutz suchten. Vor einem Jahr begann der grauenvolle Krieg.

+++ GEFLÜCHTETE AUS DER UKRAINE: DER LANGE WEG IN DEN ARBEITSMARKT +++

„Da konnte man noch gar nichts planen“, beschreibt Schröder die Anfangszeit der Aufnahme von Ukrainerinnen und Ukrainern im März und April vorigen Jahres. Anders als in der Syrienkrise fand knapp die Hälfte der Geflüchteten in privater Anreise ihren Weg nach Balve.

Der Sondertrakt der Hauptschule Balve wurde zu einem Wohnheim für Geflüchtete aus der Ukraine umgebaut.
Der Sondertrakt der Hauptschule Balve wurde zu einem Wohnheim für Geflüchtete aus der Ukraine umgebaut. © WP | jürgen overkott

„Da waren wir noch in der Lage, sie privat unterzubringen“, erzählt sie, „Zu Kriegsbeginn stand das Telefon hier nicht still.“ Viele Balverinnen und Balver räumten Zimmer aus oder boten Ferienwohnungen an. Doch im Mai wurden der Stadt weitere Menschen zugeteilt, die in Deutschland Zuflucht suchten, so Schröder. Insgesamt 217 Menschen nahm die Stadt 2022 auf, davon 171 Ukrainerinnen und Ukrainer. „Das sind mehr als damals während der Syrienkrise“, erinnerte sich Schröder zurück. Die privat angebotenen Wohnungen füllten sich, und eine andere Lösung musste her. „Im Sommer hatten wir teilweise schlaflose Nächte, weil wir nicht wussten, wo wir alle unterbringen sollten“, erzählte sie, „In Balve ist der Wohnungsmarkt ziemlich leergefegt“. Deswegen entschied sich die Stadt Balve die leerstehende Hauptschule über den Sommer umzubauen. Klassenzimmer wurden zu Privaträumen, und im Erdgeschoss wurde eine Küche erbaut. Jetzt leben dort bereits 32 Ukrainerinnen und Ukrainer. Bei einer Kapazität von 55 Bewohnerinnen und Bewohnern werden die Unterbringungsmöglichkeiten langsam wieder knapp. Deswegen appelliert Schröder: „Wir suchen nach wie vor Wohnraum. Wir brauchen Platz zum Unterbringen, weil wir nicht wissen, was da noch kommt.“

+++ MEHR GEFLÜCHTETE IN BALVE; WAS NUN? +++

Geflüchtete aus der Ukraine in Balve. Die Evangelische Gemeinde öffnet ihr Gemeindehaus. Presbyterin Jutta Wilmes und ihr Team kümmern sich.
Geflüchtete aus der Ukraine in Balve. Die Evangelische Gemeinde öffnet ihr Gemeindehaus. Presbyterin Jutta Wilmes und ihr Team kümmern sich. © WP | jürgen overkott

Die größte Herausforderung vor der die Geflüchteten steht, ist die deutsche Bürokratie. Denn die Ukraine sei dabei weitaus fortschrittlicher, weiß Schröder. Dort können Nachweise, Dokumente und Urkunden bequem auf dem Smartphone gespeichert und geteilt werden. „Jede Behörde will hier alle Nachweise nochmal extra haben“, beschreibt Schröder die verstrickte Situation in Deutschland. Sie versucht in allen Bereichen Hilfestellungen zu geben. Sei es der Stromliefervertrag, der Internetanschluss, die Vermittlung zum Jobcenter oder Anträge für das Kinder- oder Elterngeld. Sie bemängelt zudem die nicht ausreichenden Kindergarten- und Schulplätze. 37 der Geflüchteten befinden sich im Alter von null bis fünf Jahren. Zwischen sechs und 17 Jahren sind es 108.

„Wir versuchen Hilfe zur Selbsthilfe zu bieten“, sagt Schröder. Denn obwohl manche Formulare auch auf Ukrainisch ausgefüllt werden können, werden Fragen oft falsch verstanden.

Deutsch-Kurs hilft

Derzeit betreuen Schröder und ihr Team 380 Geflüchtete die sich im laufenden Asylverfahren befinden, angenommen oder abgelehnt wurden. Neben den Ukrainerinnen und Ukrainer nehmen hauptsächlich Menschen aus Afghanistan, Irak, Nigeria und Syrien die Hilfe der Stadt Balve in Anspruch. Erstere haben allerdings eine Sonderstellung. Sie bekommen ohne Asylverfahren sofort eine Aufenthaltsgenehmigung.

Trotz Wohnungsnot und komplizierter Bürokratie in Deutschland ist Schröder davon überzeugt, dass die Ukrainerinnen und Ukrainer gut in Balve integriert sind. „Die Sprache ist der erste Einstieg für die Integration“, weiß sie. Deutsch lernen sie im Sprachkurs in der Hauptschule, der in Zusammenarbeit mit der Integrativen Sozialarbeit Iserlohn angeboten wird. Mit Erfolg: „Letztes war eine Frau hier im Büro, und auf einmal sprach sie die ersten deutschen Vokabeln.“