Garbeck/Menden. Die Wehr versucht am 14. Juli 2021 eine Flutkatastrophe in Garbeck zu verhindern. Ein Neuenrader indes soll Wassermassen verteilt haben: Prozess.

Am 14. Juli vorigen Jahres stand Garbeck, wie Balve, unter Wasser, auch die Kirchstraße. Während Rettungskräfte im Einsatz darum kämpften, Häuser und Grundstücke vor den Fluten zu schützen, soll hier ein Autofahrer besonders rücksichtslos durch den Ort gefahren sein und die Wassermassen weiter verteilt haben. Dafür musste er sich nun vor dem Amtsgericht Menden verantworten.

Was am 14. Juli passierte

Rückblende. Am frühen Abend des 14. Juli stand die Kirchstraße in Garbeck gut einen halben Meter unter Wasser. Feuerwehrleute und andere Helfer waren damit beschäftigt, gegen die Wassermassen anzukämpfen. Verschalungen oder Holzbretter wurden aufgestellt, um nach Möglichkeit das Wasser am weiteren Eindringen auf Grundstücke und in Häuser zu verhindern.

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Umso fassungsloser machte alle Beteiligten das Verhalten eines Autofahrers, der mit einem Geländewagen mit hoher Geschwindigkeit durch die unter Wasser stehende Kirchstraße fuhr. Nicht nur, weil in der Spielstraße sowieso langsames Fahren angesagt ist. „Mit dem Auto hat er auch eine Bugwelle an Wasser vor sich her geschoben, die die Schaltafeln und Bretter am Straßenrand weggerissen oder überspült hat“, hieß es. Anstatt eingedämmt wurde das Wasser weiter verteilt.

So hatte es ein Garbecker beobachtet, der am Tag des Unwetters vor Ort war, so sagte er vor Gericht aus. Denn hier war der mutmaßliche Fahrer angeklagt, auf Initiative des Garbeckers.

Was dem Neuenrade vorgeworfen wurde

Diesen Straftatbestand, die Behinderung hilfeleistender Personen (im Strafgesetzbuch Paragraf 323c, Absatz 2) gibt es erst seit wenigen Jahren, und er zielt etwa auf die Sanktionierung von Menschen, die an Unfallstellen gaffen und dabei möglicherweise sogar noch Rettungskräften im Weg stehen. Das Verhalten des Autofahrers wurde auch in diesem Fall so von der Staatsanwaltschaft eingeordnet.

+++ DAS AMTSGERICHT MENDEN IN ZEITEN VON CORONA +++

Der Beschuldigte war ein heute 26-Jähriger aus Neuenrade. Der Zeuge sagte: „Ich habe ihn erkannt, ich stand nur zwei Meter von ihm entfernt.“ Nicht nur das: Der Beschuldigte sei am Katastrophentag bereits vorher durch Garbeck gefahren, beim ersten Mal mit einem Traktor. „Der hat wohl Sightseeing gemacht“, sagte der Zeuge. Auch andere Personen in der überfluteten Straße hätten den Autofahrer zweifelsfrei erkannt, sie hätten sogar seinen Namen nennen können – auch das beschriebene Auto, ein Geländewagen, samt Kennzeichen passte. So wurde der junge Mann aus der Nachbarstadt ermittelt.

Was der Angeklagte sagte

Vor dem Amtsgericht bestritt er den Vorwurf: „Ich kann mich nicht entsinnen, dort gefahren zu sein“. sagte er aus. Sein Auto verleihe er regelmäßig an Familie und Freunde, so dass theoretisch viele andere als Fahrer in Frage kämen. „Sie werden Ihr Auto doch nicht jedem geben?“, fragte der Staatsanwalt ungläubig. „Doch“ kam die Antwort des Angeklagten. Er selber, so beteuerte der 26-Jährige, sei bei dem Unwetters ebenfalls den ganzen Tag im Hilfseinsatz bei Überflutungen gewesen, im Lennetal, und überhaupt nicht in Garbeck.

Wie ein Zeuge konterte

Das aber widersprach der Aussage des Zeugen. Er konterte: Bei Bedarf könne er weitere Personen, etwa Feuerwehrleute, nennen, die den Neuenrader zweifelsfrei identifizieren. Dafür wären aber weitere Verhandlungstermine nötig gewesen. Kommentar des Angeklagten: „Das ist eine Dorfgemeinschaft, die halten alle zusammen.“ Warum man ihn wohl so dermaßen zu Unrecht beschuldige, sagte er aber nicht. Und so sah er wohl seine Fälle davon schwimmen. Er ließ sich in einer Verständigung mit Staatsanwalt und Richterin darauf ein, dass bei einem Geständnis eine Geldstrafe in einem gewissen Bereich, aber nicht höher als vereinbart, folgen werde. Was von dem 26-Jährigen dann folgte, war eine lapidare Einlassung: „Dann bin ich das eben gewesen. Ich binde mir die Schuld ans Bein und dann sind wir hier durch.“

Gefahr für unbeteiligte Personen

Zeitlich gesehen hatte er Recht, das Verfahren ging schnell zu Ende. Aber es wird teuer. Die Geldstrafe beträgt 60 Tagessätze à 55 Euro, also 3300 Euro insgesamt.

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Die Schwere der Schuld entscheidet bei einer Geldstrafe über die Anzahl der Tagessätze, die Höhe der Tagessätze richtet sich nach dem Einkommen und überhaupt den finanziellen Verhältnissen eines Angeklagten. Zu seinen Lasten wurde bei dem Urteil noch einbezogen, dass er in der Tatzeit unter laufender Bewährung stand. Der erste Absatz des fraglichen Paragrafen regelt die unterlassene Hilfeleistung, dafür kann es bis zu ein Jahr Haft geben.

Der Staatsanwalt verurteilte das Verhalten in der Hochwasserkatastrophe deutlich: „Er hat andere Personen und den Bestand der Häuser gefährdet.“