Mellen. Kreuz-Frevel im Hönnetal: Die schwarze Serie in Balve ist beendet. Doch zugleich ist sie ein neuer Anfang. MdB Paul Ziemiak hat eine Idee.
Am Ende überschlagen sich die Ereignisse. Am Samstag herrschen Fassungslosigkeit und Entsetzen über die Fortsetzung der Serie von Wegekreuz-Schändungen im Hönnetal vor, diesmal in Mellen. Doch schon am Sonntagmorgen keimt neue Hoffnung, die schwarze Serie zu beenden und, mehr noch, dem Schlechten etwas Gutes abzugewinnen. Nur wenige Stunden später wird aus der Hoffnung Gewissheit. Polizeisprecher Christof Hüls vermeldet am Sonntag um 15.20 Uhr in Iserlohn die Festnahme eines 40-jährigen Balvers. Er hat eine Frau beeindrucken wollen.
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„Er steht unter dringendem Verdacht, in den vergangenen Monaten in Balve und Nachbarorten reihenweise Wegekreuze zerstört und sakrale Gegenstände gestohlen zu haben. Unter anderem wurden Jesus-Figuren Arme und Beine abgetrennt.“
Verdächtiger lang im Visier der Polizei
Hüls betont: „Nach den intensiven Ermittlungen der Polizei scheiden politische oder religiöse Motive eindeutig aus.“
Die Fahnder haben den 40-Jährigen schon länger im Visier. Bei einer ersten Hausdurchsuchung werden aber keine Beweise gefunden.
Am Samstag, 15. Januar, dreht sich der Fall: Der 40-Jährige gibt im Internet mit seinen Taten an. Er hat über soziale Netzwerke ein Video verschickt. Es präsentiert abgetrennte Gliedmaße der Figuren, ja komplette Figuren. Mehr noch: der 30-Jährige hinterlegt „eine größere Anzahl der Figuren in einem fremden Fahrzeug“.
Die Polizei reagiert fix: Zivile Kräfte nehmen den Verdächtigen am Samstagnachmittag fest. Die Polizei holt sich von der Staatsanwaltschaft Hagen einen zweiten Hausdurchsuchungsbeschluss. Noch am selben Abend stellten Beamte „weitere Beweismittel“ sicher, auch illegale Drogen.
Am Anfang steht Kapellenglocke
Rückblende. Mitte Juli vorigen Jahres kommt der erste Fall zur Anzeige: Unbekannte entwenden den Klöppel der Kirchenglocke der Marienkapelle in Beckum. Eigentlich will Täter die komplette Glocke abnehmen. Es reicht aber nur für den Klöppel. Am 23. September wird bemerkt, dass aus derselben Kapelle eine Marienstatue gestohlen worden ist. Sie taucht später in einem privaten Sandkasten auf. Die Polizei sichert Spuren. An demselben Tag verschwindet, 500 Meter entfernt von der Marienkapelle, der Korpus von „Pröppers Kreuz“.
Weitere Taten folgen im Oktober. Zu den zahlreichen Tatorten zählt das Mausoleum der gräflichen Familie Landsberg-Velen vor St. Blasius. Kurz vor Weihnachten werden zwei weitere Wegekreuze zerstört, darunter das Gransauer Kreuz.
Am Samstagmorgen, 15. Januar, informiert ein Zeuge die Polizei über die nächsten Beschädigungen. Diesmal, im Golddorf, hat der Täter richtig hingelangt. Allein fünf große Wegekreuze werden demoliert. Ein Jesus-Korpus liegt im Dorfteich. Die anderen Figuren verschwinden. Zudem werden vom Friedhof in Mellen etwa 20 Grabkreuze gestohlen.
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Der Vorsitzende des örtlichen Kirchenvorstandes, Helmut Schäfer, meldet sich morgens um elf bei der Westfalenpost, kurz, knapp, entsetzt. Eingeschaltet ist auch Ortsvorsteher Daniel Schulze Tertilt.
Einen Überblick verschafft sich auch der heimische Bundestagsabgeordnete Paul Ziemiak. Morgens besucht der Christdemokrat die Messe in St. Georg Küntrop. Anschließend bespricht er sich mit Dechant Andreas Schulte. Ziemiak zur Westfalenpost: „Ich habe heute nach der Heiligen Messe Pfarrer Schulte gegenüber persönlich meine Anteilnahme und meine Wut über das zum Ausdruck gebracht, über das was passiert ist. Das sind auch Symbole unserer Kultur, aber insbesondere Zeichen des Glaubensbekenntnisses von uns Christen hier bei uns in der Region – in Balve und darüber hinaus. Deshalb sollten wir alle gemeinsam ein Zeichen setzen. Das Zeichen heißt: Die Gemeinden stehen nicht alleine.“
Abgeordneter Ziemiak packt an
Zugleich hat Ziemiak eine Idee. Er will, dass die Kreuze wieder an Ort und Stelle stehen. Die Finanzierung soll über eine Benefiz-Aktion laufen, die von der ganzen Bevölkerung getragen wird. Er selbst will mitmachen. Details sollen die Kirchenvorstände und der Verwaltungschef des Pastoralverbundes Balve-Hönnetal, Markus Hablowetz, besprechen. Dechant Schulte bestätigt den Plan: erleichtert.
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Erleichtert ist auch Landrat Marco Voge: „Ich bin seit Wochen da dran.“ Der CDU-Politiker ist nicht nur Chef der Kreispolizei, er wohnt auch in Mellen, dem letzten Tatort: „Das hat alles vor meiner Haustür stattgefunden.“