Hagen. Die vierte städtische Gesamtschule für Hagen rückt wieder ein Stück näher: Grundlage dafür ist ein Grundstücksdeal mit der FESH.
Die nächste Teiletappe auf dem Weg zu einer vierten städtischen Gesamtschule, die von so vielen Hagener Familien seit Jahren herbeigesehnt wird, ist geschafft. Der Rat der Stadt hat nach Informationen der Stadtredaktion in seiner jüngsten Sitzung im nicht-öffentlichen Teil gegen die Stimmen von SPD und Linken entschieden, über einen Zeitraum von zehn Jahren über einen sogenannten „unechten Mietkauf“ das Schulzentrum in Vorhalle an die FESH (Freie Evangelische Schule Hagen) zu übertragen. Der Gesamtpreis einschließlich Verzinsung liegt bei gut 3,1 Millionen Euro, als monatliche Rate werden exakt 26.171 Euro gefordert. Damit liegt die Forderung sogar 1,4 Millionen Euro unter dem aktuellen Bilanzwert der Immobilie mit 14.000 Quadratmetern Grund.
Hintergrund dieser Entscheidung ist eine große Schulrochade, über die bereits vor drei Jahren entschieden wurde: So soll die vierte öffentliche Gesamtschule der Stadt im bestehenden Schulzentrum in Wehringhausen an der Eugen-Richter-Straße etabliert werden. Dafür muss die dort derzeit residierende FESH-Gesamtschule ins Schulgebäude Voßacker umsiedeln, wo zurzeit noch ein Außenposten der Geschwister-Scholl-Schule untergebracht ist. Dieser soll wiederum zum Hauptstandort in die Boelerheide zurückkehren, wo durch eine Klassencontainer-Lösung der notwendige Raumbedarf befriedigt werden soll. Diese Container müssen von der Stadt jedoch zunächst noch erworben werden.
Mangel schon seit Jahrzehnten
Dass es in Hagen tatsächlich den dringlichen Wunsch von Schülern und Eltern gibt, eine vierte Gesamtschule zu etablieren, wird inzwischen selbst von der CDU nicht mehr bestritten. Neben den bestehenden Angeboten in Haspe, Helfe und Eilpe soll es diesmal eine Schule im Stadtbezirk Mitte werden, wobei es durchaus strittig ist, ob der jetzt ausgeguckte Standort an der Grenze zu Haspe dieses so wesentliche Kriterium tatsächlich adäquat erfüllt. Hauptargument bleibt jedoch, dass es für diese Schulform seit Jahren einen nicht abebben wollenden Anmeldeüberhang gibt: Zuletzt wollten 628 Familien nach der Grundschulphase ihre Mädchen und Jungen an einer Gesamtschule anmelden, doch die drei bestehenden Standorte konnten lediglich 494 Plätze anbieten – 134 Kinder mussten gegen ihren Willen auf andere Schulformen ausweichen.
Ursprünglich war angedacht, dass die FESH das Gebäude in Vorhalle erwirbt. Doch plötzlich erklärte der Träger zum Ärger sämtlicher Ratsfraktionen, einen Kauf sowie eine Sanierung des Gebäudes nicht stemmen zu können. Somit kam zuletzt ein unechter Mietkauf ins Spiel, was letztlich einem Ratenkauf gleichkommt. Dabei gilt der Vertrag von Anfang an als Kaufvertrag, sodass das wirtschaftliche Eigentum bereits zu diesem Zeitpunkt auf die FESH übergeht und diese auch im Grundbuch eingetragen wird. Auf diesem Weg wird der konfessionelle Träger zugleich in die Lage versetzt, sich bei den Banken die notwendigen Mittel für eine Sanierung des Objektes – geplant sind Maßnahmen im Volumen von etwa einer Million Euro – zu beschaffen.
Neue Schule im Sommer 2026
Nach der aktuellen Planung geht die FESH davon aus, nach dem Schuljahr 2023/24, also im kommenden Sommer, das Gebäude in Wehringhausen räumen zu können. Voraussetzung ist natürlich, dass es der Stadt gelingt, zeitnah das Objekt am Voßacker zu räumen, damit dort die notwendigen Sanierungsarbeiten beginnen können. Allein dieser Umbau soll absehbar sechs bis neun Monate benötigen. Damit dieser Zeitplan funktionieren kann, müsste die FESH direkt nach den jetzt anstehenden Sommerferien entsprechende Aufträge an den Architekten vergeben. Das setzt wiederum die verbindliche Zusage der Stadt voraus, dass die Immobilie zum Jahreswechsel 2023/24 übergeben wird und die Bauschaffenden anrücken können. Bis dann auch in Wehringhausen die vierte kommunale Gesamtschule starten kann, dürfte nach den auch dort erforderlichen Umbau- und Sanierungsarbeiten absehbar das Schuljahr 2026/27 vor der Tür stehen.
Für die Stadt hat darüber hinaus absolute Priorität, dass das Gebäude dauerhaft für den Schulbetrieb genutzt werden kann. Dafür sollen sogar entsprechende Rückfallklauseln vertraglich vereinbart werden, falls der FESH beispielsweise finanziell die Puste ausgeht. Dieses Szenario erscheint allerdings als äußerst unwahrscheinlich, weil die FESH über das Land NRW die Kaufpreisrate als Mietzuschuss refinanziert bekommt.
Erhebliche Zweifel bei Opposition
Abseits der Sitzung hinter verschlossenen Türen machte die SPD deutlich, dass sie angesichts der anhaltenden Schulraum-Knappheit in Hagen einen Verkauf der Vorhaller Immobilie aus städtischem Besitz grundsätzlich nicht mittragen könne. Zumal den Genossen aufstößt, dass die FESH über zehn Jahre lediglich gut drei Millionen Euro abstottert, während die Stadt bei dem gerade erst gefloppten Bettermann-Projekt für eine ähnliche Gebäudefläche etwa 33 Millionen hätte aufbringen müssen.
Zudem habe der Träger sich zuletzt keineswegs als ein verlässlicher Partner empfohlen. Zunächst sollte in Haspe neu gebaut werden, dann passte nach erheblichen planerischen Vorleistungen durch die Stadt plötzlich das Grundstück nicht mehr, jetzt wird das Geld selbst für einen Kauf in Vorhalle zu knapp. Eine Chronologie, die in der Politik zuletzt durchaus Zweifel an der Seriosität der Käufer-Seite aufkommen ließ.