Hohenlimburg. Daliborka Colic kümmert sich mit ihrem Tierschutzverein in Hohenlimburg um Straßenhunde in Bosnien – und vermittelt die Tiere nach Deutschland:
„Ich liebe die über alles“, sagt Daliborka Colic über ihre Hunde Prinz und Sisi. Fast 14 Jahre sind die beiden nun alt, genauso alt wie der SOS vergessene Pfoten Tierschutzverein e. V. am Alten Henkauser Weg, den Colic 2009 gründete und dessen Vorsitz sie bis heute innehat. Der Verein hat sich der Rettung von Straßenhunden aus Bosnien-Herzegowina verschrieben. Zufall ist die Altersgleichheit zwischen dem Verein und den Hunden nicht, denn mit ihnen habe der Tierschutz erst angefangen.
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Gebürtige Bosnierin
Als die gebürtige Bosnierin nach über einem Jahrzehnt wieder in ihr Heimatland zurückkehrte, war sie schockiert von den Bilder, die sich ihr zeigten. „Ich habe die ersten sechs Monate nur geweint“, erinnert sie sich zurück. „Das werde ich nie im Leben vergessen.“ Dann traf sie auf einen Wurf an Welpen, unter ihnen ihr Hund Prinz. „Ich habe die gesehen und gesagt: Die müssen wir jetzt sofort retten und das war dann so der Lauf.“ Ein Lauf der immer noch anhält. Mit ihrem Verein konnte Colic mittlerweile über 11.000 Fellnasen von der Straße retten. Jede Woche würde ein Transport aus dem Tierheim des Vereins aus der bosnischen Stadt Gradiška nach Deutschland fahren. An Bord: Die geretteten und vermittelten Hunde.
Vierbeiner sucht neues Zuhause
Doch die Arbeit bis der Hund von den Straßen Bosniens nach Deutschland kommt, ist lang und aufwendig. “Das ist so viel Arbeit, die die Menschen im Hintergrund nicht sehen“, erklärt Colic. Über die Aufgaben vor Ort im Ausland, die Vorbereitung in Deutschland und die Vermittlung der Tiere an die künftig neuen Familien. Während die Hunde in Bosnien-Herzegowina gerettet, aufgepäppelt und medizinisch versorgt werden, sucht Colic ein neues Zuhause für die Vierbeiner. Dabei lerne sie die Bewerber durch Selbstauskünfte, persönliche Gespräche und Videocalls kennen. Vor allem achte sie dabei auf die Augen. „In erster Hinsicht gucke ich mir das Gesicht an, die Augen, dass wir sehen, ob die Wärme da ist. Das ist für mich wichtig.“
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Vermitteln würde der Verein neben Deutschland auch nach Österreich, Belgien und in die Schweiz. Neben den neuen Familien kommen rund 45 Hunde pro Monat zu Tierheimen, die mit dem vergessene Pfoten Tierschutzverein kooperieren. Die Hunde, die noch keine Interessenten haben, oder noch etwas Stärkung benötigen, kommen zu Pflegestellen, so Colic. Dort werden sie dann gepflegt, bis sie ein neues Zuhause gefunden haben. „Wir sind angewiesen auf die Pflegestellen. Mehr Unterstützung wäre da super“, wünsch sich die Tierfreundin.
Die grausame Realität
Und eine Tierfreundin ist Colic durch und durch. Man könnte meinen das wurde ihr bereits in die Wiege gelegt. So erzählt sie von einer Kindheit aufgewachsen zwischen Tieren. „Wir hatten alles“, über Schildkröten und Goldfischen, Wellensittichen, Katzen und Hunde, ihre Famile habe sogar Enten, Hasen und ein Pferd gehabt. Doch ihr Herz gehöre den Hunden. „Das sind ganz tolle Lebewesen.“ Und die Straßenhunde seien auf die Hilfe und den Schutz des Menschen angewiesen, denn alleine wären sie dem Schicksal überlassen.
Durch Schutzorganisationen wie „SOS vergessene Pfoten“ seinen viele Straßenhunde bereits kastriert. Das Problem bestehe, so Colic, bei den freilaufenden Privathunden, die immer weiter Nachwuchs produzieren. Die Welpen werden dann einfach an der nächsten Straßenecke entsorgt, „wie Müll“, erklärt Colic das nie endende Problem. Die Situation der Hunde in Bosnien sei „schlimmer als schlimm“. „Das kann man sich gar nicht vorstellen. Das muss man selber gesehen haben.“ Doch dagegen kämpfe Colic an, mit viel Herzblut. „Man ist wirklich Tag und Nacht am retten und arbeiten“, erklärt sie.
Zurzeit haben sie zwei Tierheime in Gradiška, ein drittes werde gerade gebaut. Die Tierheime bieten den Straßenhunden ein sicheres und angenehmes Zuhause und das neue Gebäude solle noch mal moderner sein, als die jetzigen, freut sich Colic. Dabei habe auch sie klein angefangen, denn das oberste Gebot lautet „Hauptsache gerettet und nicht tot“. Im September wolle sie schon die Neueröffnung der der Objekte im neuen Heim planen, hofft Colic. Für das vierte fehle es zurzeit noch an Spendengeldern, auf den der Verein zu größtenteils angewiesen ist, erklärt sie die Verzögerung im Ausbau. Dabei arbeiten die Mitarbeiter in Deutschland alle ehrenamtlich bei dem Tierschutzverein. Mit Fertigstellung aller Objekte biete der Tierschutzverein knapp 600 geretteten Hunden einen sicheren Ort in Bosnien.
Eine ausdauernde Reise
Den Tieren steht eine lange Fahrt von Bosnien nach Deutschland bevor. Morgens um sieben gehe es los. Der erste Stop ist das Hauptveterinäramt in Bosnien, wo die Vierbeiner nochmals durchgecheckt werden und ihre Papiere erhalten. Danach müssen die Tiere zur Spedition, dort werden ebenfalls wieder Papiere ausgestellt. Doch damit nicht genug, so gehe der Weg dann noch mal zum Veterinäramt, wo die ausgestellten Papiere dann gestempelt werden, so Colic. Ist dieser Prozess abgeschlossen, ist es den Tieren erlaubt auszufahren.
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Die Stadt Gradiška trennt nur ein Fluss und eine Brücke zu Kroatien, das erste Mitgliedsland der Europäischen Union, das die Tiere auf ihrer Fahrt durchqueren müssen. Und dort, an der Kroatisch-Bosnischen Grenze gehe der Prozess wieder von vorne los, erklärt Colic. Das heißt: Check-up der Tiere, Veterinäramt, Speditionspapiere, wieder zum Veterinäramt, bis die Einreise bewilligt und die eigentliche Fahrt beginnen kann. Durch die langen Wartezeiten seinen die Tiere und der Fahrer mittlerweile schon knapp zehn Stunden wach und nicht mal drei Kilometer gefahren, kritisiert Colic. Und nun stehen ihnen noch rund 1300 Kilometer bevor. Dabei achte der Verein streng darauf, dass es den Tieren gut gehe. Die Boxen seien mit Decken und Handtüchern ausgestattet, die Hunde haben Wasser zur Verfügung. Außerdem ist der Transporter sowohl mit einer Heizung für den Winter, als auch mit einer Klimaanlage für den Sommer ausgestattet. „Ohne die Wartezeiten sind die Tiere locker 15 bis 16 Stunden unterwegs“, überschlägt Colic die Dauer der Fahrt – vorausgesetzt man stehe nicht im Stau oder wartet an den Grenzübergängen.
Ein endloser Kreislauf
Doch in Deutschland angekommen, werden die Tiere von ihren künftigen Familien glücklich empfangen. Bei der Vermittlung achte Colic auch auf die Charaktere der Hunde. „Nicht nur der Mensch soll sein Herz befriedigen, wir wollen auch die Bedürfnisse der Hunde befriedigen“, erklärt sie den Gedanken dahinter. Die meist vermittelte Rasse: Die Mischlinge. „Die, die keine Rasse sind“, lacht Colic. Doch jede geglückte Rettung, jede freudige Vermittlung, kann nur kurz gefeiert werden, denn dann gehe es auch schon weiter. „Es wir wiederholt sich einfach nur. Du bist am retten, vermitteln, retten, vermitteln und es hört einfach nicht auf. Man sieht wie toll es den Hunden hier geht und sie eigentlich tot wären, aber dann kämpft man ja schon für den nächsten. Du rettest zwanzig und vierzig warten.“ Colic hofft auf Hilfe durch den Gesetzesgeber – bis jetzt vergeblich. Aber aufgeben werde sie noch lange nicht. „Das ist mein Lebensprojekt, mein Herzensprojekt“, erklärt sie und solange die Tiere ihre Hilfe benötigen, werde Colic sich um sie bemühen.