Ennepe-Ruhr. Das Kreisveterinäramt und Tierärztin Julia Drowatzky warnen vor jungen Hunden aus dem Internet.

Große Knopfaugen, nasse Nase und viel zu große Pfoten für den kleinen Körper – beim Anblick mancher Welpenfotos schmilzt Tierliebhabern das Herz. Doch nicht alle hübschen Bilder zeigen die Wirklichkeit. Das Kreisveterinäramt warnt aktuell vor unseriösem Internethandel mit jungen Rassehunden.

„Der illegale Welpenhandel geht auf Kosten der Tiere. Sie werden meist unter tierschutzwidrigen Bedingungen im Ausland gezüchtet, viel zu früh vom Muttertier getrennt, sind ungeimpft und nicht selten krank. Die Hunde werden nicht ausreichend sozialisiert, was ebenfalls häufig zu Problemen führt“, erklärt Amtstierärztin Dr. Bettina Buck. Als Ursache für den illegalen Handel benennt Dr. Buck deutlich zu niedrige Strafen für das lukrative Geschäft mit den Vierbeinern sowie die internationalen Tierschutzbedingungen.

Altersgrenzen

Grundsätzlich darf kein Welpe in einem Alter von unter 8 Wochen von der Mutter getrennt und abgegeben werden. Innerhalb der EU dürfen Jungtiere über 15 Wochen legal über Grenzen gebracht werden. Erst ab diesem Alter ist ein vollständiger Schutz gegen Tollwut möglich.

Die Impfung kann ab einem Lebensalter von 12 Wochen erfolgen, der Aufbau der Antikörper dauert drei Wochen.

Bei der Einfuhr aus einem Drittland darf der Welpe frühestens mit sechs Monaten über die Grenze.

30 Tage nach der Impfung muss eine Blutkontrolle auf Antikörper erfolgen, anschließend gilt eine Wartezeit von drei Monaten.

Julia Drowatzky ist Tierärztin in Wetter, und das Thema des illegalen Welpenhandels ist ihr schon lange ein Dorn im Auge. „Das ist schon lange ein Problem. Die Geiz-ist-geil-Mentalität nimmt immer mehr zu“, sagt sie. Sie hat schon oft Welpen aus solchen illegalen Geschäften bei sich in der Praxis behandelt. „Die Tiere sind meistens nicht geimpft, nicht entwurmt, haben lange Transportwege ohne Wasser und Futter hinter sich. Sie wurden viel zu früh von ihrer Mutter getrennt, haben keine Sozialisierung erfahren und sind eigentlich tickende Zeitbomben“, zählt die Tierärztin auf. Viele Tiere seien voll von Parasiten, die an Vitamine und Nährstoffe gehen, die eigentlich für die Jungtiere lebensnotwendig sind. Zudem schleppten sie andere Krankheiten mit sich herum, die es in Deutschland gar nicht gebe.

Während gewerbliche Züchter in Deutschland eine sogenannte §11-Erlaubnis benötigten, die sowohl eine Sachkundeprüfung als auch regelmäßige amtliche Tierschutzkontrollen der Haltung beinhalte, gebe es diesen Paragrafen im Ausland so nicht – mit schwerwiegenden Folgen für das Wohl der Tiere. „Die Muttertiere werden häufig in winzigen dunklen Käfigen als reine Brutmaschinen gehalten und die Männlichen teilweise mit Hilfe von Elektroschocks zur Samenspende bewegt. Wir erleben oft, dass die Tiere zu jung von ihrer Mutter getrennt wurden, damit diese schnell wieder neue Nachzucht liefern können“, so Dr. Buck.

Das bestätigt auch Drowatzky. „Bei einem guten Züchter wird die Hündin frühestens nach drei Jahren zum ersten Mal gedeckt. Nicht direkt, wenn sie das erste Mal läufig ist und auch nicht bei jeder Läufigkeit, sondern maximal dreimal“, erklärt die Wetteranerin. „Beim illegalen Welpenhandel haben die Muttertiere kein schönes Leben. Sie werden als Gebärmaschine benutzt. Sie haben keinen Auslauf, keine Sozialkontakte und sind körperlich ausgelaugt. Letzteres kann sich auch auf die Welpen übertragen“, erklärt sie.

Während der Pandemie ist die Nachfrage nach Haustieren stark angestiegen, was die Verkäufe aus illegalem Handel weiter angekurbelt hat. Die Tierschutzorganisation Vier Pfoten zählt 2021 über 1.800 entdeckte Tiere, rund 140 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Dunkelziffer dürfte noch deutlich höher liegen. Für die neuen Besitzer können illegal erworbene Junghunde durch die schlechte Aufzucht schnell zur Kostenfalle werden. Sie werden meist in hygienisch bedenklichen Umgebungen geboren und nicht lange genug gesäugt, die Impfunterlagen sind häufig gefälscht. So kann es zu langen Klinikaufenthalten kommen, die nicht selten tödlich enden und hohe Behandlungskosten verursachen, warnt das Kreisveterinäramt.

Urvertrauen fehlt

Seriöse Züchter finden

Wer sich ernsthaft für einen Hund interessiert und überlegt, sich ein Tier anzuschaffen, hat verschiedene Möglichkeiten, sich im Vorfeld zu informieren.

„Der VDH (Verband für das Deutsche Hundewesen) bietet auf seiner Internetseite beispielsweise Informationen zu den in Deutschland gelisteten Rassen. Da steht, wie groß sie sind, welche Persönlichkeit sie haben und welche Bedürfnisse“, erklärt Tierärztin Julia Drowatzky. Dort gibt es auch ein Verzeichnis zertifizierter Züchter. Auf der Seite kann nach speziellen Rassen oder nach Postleitzahl gesucht werden. Der VDH gibt online auch Tipps, was zu beachten ist, bevor ein Hund angeschafft wird, denn neben der Bereicherung fürs Leben, erfordert ein Hund eben auch Zeit und Geld: Auslauf, Pflege, Futter, Tierarztkosten und vieles mehr.

Wer noch unentschlossen ist, welche Rasse es letztlich werden soll, der ist beim VDH ebenfalls gut aufgehoben. Auf der Web-Seite gibt es einen Online-Fragebogen, der Hilfestellung bei der Suche nach dem richtigen tierischen Partner gibt. Dabei können auch die Zuchtausstellungen helfen. „Zweimal im Jahr finden die in Dortmund statt“, weiß Drowatzky.

Der Verband für das Deutsche Hundewesen gibt aber nicht nur Tipps, wie sich seriöse Züchter finden lassen, sondern weist auch auf die Unseriosität der Schwarzen Schafe hin. Er gehört zu einer Arbeitsgemeinschaft aus mehreren Initiativen, die unter dem Link www.wuehltischwelpen.de auf das Problem aufmerksam machen.

Bei Hunden aus dem Ausland kann auch die Tollwutimpfung zu einem finanziellen Problem werden. Ist ein Nachweis über die Immunisierung nicht möglich, kommt der Hund für eine mindestens 30-tägige Quarantäne in ein Tierheim. Die Kosten, oft mehrere tausend Euro, muss der Tierhalter tragen. Neben den medizinischen Schwierigkeiten, unter denen die Hunde häufig zu leiden haben, gibt es weitere Probleme, auf die Julia Drowatzky aufmerksam macht. „Wenn sie so früh von der Mutter getrennt werden, können sie sich nicht vernünftig sozialisieren. Ihnen fehlt das Urvertrauen, sie können ängstlich bis hysterisch sein“, weiß die Tierärztin. Für sie ist es unverständlich, warum sich Menschen trotz all dieser Nachteile trotzdem Tiere im Internet kaufen. „Das geschieht nicht aus Unwissenheit“, ist sie sich sicher. „Jeder Mensch, der beispielsweise einen Jahreswagen von Tesla im Internet für 10.000 Euro angeboten bekommt, der weiß, dass das kein seriöses Angebot sein kann und hinterfragt das, aber eine französische Bulldogge oder einen Chihuahua für 200 Euro aus einem Kofferraum zu kaufen soll in Ordnung sein?“, fragt sie.

Für Kaufinteressierte hat Dr. Buck Tipps, um unseriöse Angebote zu erkennen: „Welpen sollten nicht über Internetanzeigen gekauft werden, die die Herkunft, Elterntiere und die Haltungsbedingungen verschleiern. Übergaben an der Haustür, im Park oder aus dem Kofferraum sind immer verdächtig. Hellhörig sollte man auch werden, wenn ein Anbieter verschiedene Rassen verkauft.“ Verantwortungsvolle Anbieter bieten ein vorheriges Kennenlernen an, zeigen sich offen für Fragen der Interessenten und wickeln den Kauf mit einem Vertrag ab. Auf Anfrage zeigen sie die Zuchtstätten mit sauberem Wurfbereich.

Bei Verdacht auf illegalen Welpenhandel werden Bürgerinnen und Bürger gebeten, sich an die Polizei oder das Veterinäramt zu wenden, E-Mail: vet.amt@en-kreis.de, Tel.: 02336 93 2472.