Hagen. 11 Wohnungen sollten entstehen. Damit wurden Investoren in Hagen gelockt. Passiert ist seit dem Verkauf nichts. Der Fall beschäftigt das Gericht:
Es geht um Millionen: Ein kleiner Verhandlungsraum in der dritten Etage am Landgericht Hagen. Auf der einen Seite: die Ex-Eigentümerin der heruntergekommenen, denkmalgeschützten Immobilie in der Natorpstraße. Auf der anderen Seite: ein Käufer von einer der elf Wohnungen (sie kostete 339.000 Euro), die dort entstehen sollten. Der zweite Kläger (zwei Wohnungen, 489.000 Euro) ist im Urlaub – sein Fall wird parallel mitverhandelt.
Es geht um die Rückabwicklung der Kaufverträge. Um die Frage, ob die Wohnungen vom Ex-Eigentümer oder den Käufern selbst saniert werden sollten und ob vor Abschluss des Kaufvertrags kommuniziert worden ist, dass durch einen Brandschaden im Dachgeschoss die Standsicherheit des ganzen Hauses gefährdet sein könnte. Der eigentliche Auslöser des Rechtsstreits ist aber: Seit dem Kauf vor zwei Jahren ist vor Ort nichts passiert.
Auch in Düsseldorf war zuletzt eine Klage anhängig, dort hatte man sich einigen können. So hätte auch dieser Tag hier am Landgericht starten können. Zumindest gab es von beiden Seiten die Bestrebung, die Sache unter sich zu klären. Daraus aber wurde nichts.
Vielmehr folgte eine stundenlange Zeugenbefragung. Eine Entscheidung fiel an diesem Tag nicht, in einem nächsten Termin sollen zunächst weitere Zeugen gehört werden.
Viele persönliche Verbindungen
Das Kuriose ist: Fast alle Beteiligten – niemand stammt aus Hagen – kennen sich untereinander. Dreh- und Angelpunkt in der Geschichte scheint ein Vermittler (51) zu sein, der nach eigener Aussage mal eine Liebesbeziehung mit einer der Käuferinnen (57) hatte und bei einer wiederum anderen Käuferin im Immobilienbüro angestellt war. Zudem geladen waren der Vater der Ex-Eigentümerin (54), ein Mitarbeiter der beklagten Firma (43) sowie ein weiterer Käufer (41), der ebenfalls geklagt sich aber mit der Firma geeinigt hatte.
Der 51-jährige Vermittler hatte in der Vergangenheit schon häufiger Immobilien als Investition an Bekanntenkreis oder langjährige Kunden vermittelt, zu denen auch die beiden jetzigen Kläger zählen. Er hatte den Ex-Eigentümern, Vater und Tochter, die er wiederum über seine 57-jährige Ex-Frau kennenlernte, wohl versprochen, Käufer für das Wohnprojekt in der Natorpstraße an der Hand zu haben. Die Verträge wurden unterschrieben – dann erst ging der ganze Ärger los. Es passierte nämlich nichts.
Bislang keine Einigung
Die Geschäftsführerin der beklagten Immobilienfirma zeigte sich grundsätzlich mit einer Rückabwicklung der Verträge einverstanden. Die beiden Käufer würden ihre Wohnungen zurückgeben und dafür auf einen Teil des gezahlten Kaufpreises verzichtet. Es liefen bereits Gespräche mit einer Bank, über die die Finanzierungen abgewickelt wurden. Die Bank sei grundsätzlich bereit, neue Käufer in die Darlehensverträge aufzunehmen und weitere Zahlungen solange auszusetzen. Vorgeschlagen wurde eine Frist von drei Monaten. „Das wäre für meinen Mandanten ein Risikogeschäft, zumal sich nicht abschätzen lässt, zu welchem Preis die Wohnungen in der aktuellen Lage verkauft werden könnten. Wir brauchen eine belastbare Sicherheit“, betonte der Rechtsanwalt der Klägerseite.
Baufirma ging pleite
Lag zunächst beim Termin am Zivilgericht vor allem der Fokus darauf, ob die Käufer über den Brandschaden aufgeklärt worden waren, nahm der Fall eine andere Wendung. Immer mehr kristallisierte sich heraus, dass wohl der 51-jährige Vermittler der Auslöser aller Probleme sein könnte. Während er selbst angab, dass die Ex-Eigentümer alle Entscheidungen trafen, zeichneten die Zeugen ein anderes Bild.
Ein Immobilienkaufmann, der das Projekt damals technisch begleitete, erzählte: „Der Bauunternehmer wollte eine Anzahlung vor dem Baustart.“ Der 51-Jährige wiederum habe andere Angebote einholen wollen. In der Zwischenzeit seien die Preise gestiegen, die ursprüngliche Firma hätte ihr Angebot nicht halten können und ging pleite.
Der Vater der Beklagten sagte dazu aus: „Er hatte uns das alles schmackhaft gemacht. Alternativ hätten wir das Haus als Ganzes verkauft, das war der ursprüngliche Plan. Wir haben uns nur umentschieden, weil er sagte, er habe genug Käufer an der Hand.“
Auch ein anderer Wohnungskäufer (41) schilderte, dass er vorwiegend Kontakt zu dem 51-Jährigen gehabt habe: „Mir wurden damals Bilder von ihm gezeigt, wie die Wohnungen saniert aussehen könnten. Ich hatte in München schon ein Objekt über ihn gekauft.“
Ähnlich wie die anderen Kläger war er davon ausgegangen, die Wohnungen würden saniert übergeben. Das sei aber nie der Plan gewesen – zumindest nicht der Plan der Ex-Eigentümer.
Richterin Inga Schulz stellte nach einem langen Tag fest: „Es wird ein weiterer Termin nötig sein, um weitere Zeugen zu hören. Der 51-Jährige scheint der Dreh- und Angelpunkt zu sein – beide Seite scheinen von ihm über Absprachen im Unklaren gelassen worden zu sein. Es ist im Interesse aller, dass jeder gut aus der Sache rauskommt. Wir werden einen neuen Termin ansetzen.“
Vielleicht ist bis dahin ja auch ein konkretes Vergleichsangebot auf dem Tisch. Und vielleicht kann es dann an dem denkmalgeschützten Gebäude irgendwann bauliche Fortschritte geben.