Hagen. Der Lehrstuhl für Internationale Ökonomie an der Fernuni Hagen vergleicht Spritpreise in Hagen und Österreich. Das Ergebnis ist überraschend.
Noch bis Ende August soll der Tankrabatt Autofahrerinnen und Autofahrer mit niedrigeren Spritpreisen entlasten. Wie viel sparen die Verbraucherinnen und Verbraucher wirklich? Oder stecken sich die Mineralölkonzerne die Steuerreduktion ein?
Erste Ergebnisse, die in einem Projekt mit Studierenden der Fernuniversität in Hagen von den Kursbetreuenden Jaqueline Hansen und Professor Hans-Jörg Schmerer vom Lehrstuhl für Internationale Ökonomie gewonnen wurden, zeigen: Die Steuererleichterung ist bei den Kundinnen und Kunden in den ersten Junitagen weitgehend angekommen.
Das gehe aus einem einfachen Experiment hervor, das Spritpreise in Österreich mit Spritpreisen in Hagen vergleicht, so die Fernuniversität in deiner Mitteilung zu der Studie. Die Preise seien zwar seit dem 1. Juni auch in Hagen wieder gestiegen, jedoch sei dieser Anstieg in der Kontrollgruppe Österreich ebenfalls zu beobachten. Es sei daher davon auszugehen, dass der Preisanstieg nicht mit der vorhergehenden Steuerreduktion zusammenhänge.
Preise zeitweise so hoch wie noch nie
Seit Beginn des Ukraine-Kriegs ist das Tanken deutlich teurer als zuvor, zeitweise waren die Preise so hoch wie noch nie. Darauf reagiert Deutschland mit der vorübergehenden Absenkung der Energiesteuer für drei Monate in Höhe von rund 30 Cent pro Liter Benzin und rund 14 Cent pro Liter Diesel.
Das Zwischenfazit fällt zunächst zugunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher aus. „Die Spritpreisreduktion kommt an, aktuell fast zu 100 Prozent“, sagt Schmerer mit Blick auf die ersten Junitage. Wichtiger Punkt sei dabei die Kontrollgruppe in Österreich. Aufgrund einer geringeren Steuer im Nachbarland fallen die Spritpreise dort im Schnitt 20 bis 30 Prozent geringer aus. „In Österreich wurden bislang noch keine Maßnahmen ergriffen. Aus der Entwicklung der Preisdifferenzen ergibt sich der Effekt“, erklärt Jaqueline Hansen.
Konsumenten sollten strategisch handeln
Die beiden Ökonomen befürchten, dass sich die Mineralölindustrie die Steuererleichterung mit der Bevölkerung in absehbarer Zeit teilen wird. „Die Konsumentinnen und Konsumenten haben die Entwicklung ein Stück weit in der Hand. Wenn jeder die günstigsten Preise vor dem Tanken über das Smartphone abrufen würde und eventuelle Wartezeiten an den günstigsten Tankstellen in Kauf nimmt, könnte dies zu einem enormen Wettbewerbsdruck führen“, schildert Schmerer. „Dieser Wettbewerbsdruck könnte konkurrierende Tankstellen auch zukünftig zur Weitergabe der Steuererleichterung zwingen.“
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Da die Konsumentinnen und Konsumenten aber im Gegensatz zu den Anbietern nicht strategisch handeln würden, könnten sich die Spritpreise zukünftig bei einer Preisdifferenz von 15 Cent einpendeln. „Autofahrerinnen und Autofahrer würden sich dann mit der Ölindustrie das Steuergeschenk teilen“, vermutet Schmerer.
Politisch weder nachhaltig noch sinnvoll
Den Tankrabatt als politische Maßnahme stufen Hans-Jörg Schmerer und Jaqueline Hansen weder als nachhaltig noch als sinnvoll ein. „Dieses Experiment macht ökologisch und ökonomisch keinen Sinn“, sagt Hansen. „Die Gewinnspanne der Tankstellen wird eher noch größer.“ Und Schmerer ergänzt: „Die Reduktion kommt vor allem bei wohlhabenden Menschen an und trägt sicherlich nicht zur Lösung des Ukraine-Konflikts bei.“
Zum Start der Maßnahme Anfang Juni hatten Schmerer und Hansen im Statistikkurs „Angewandte Ökonometrie“ mit Studierenden das Projekt zum Effekt des Tankrabatts angestoßen. „Wir haben ein Programm aufgesetzt, das in regelmäßigen Abständen die günstigsten Spritpreise in Hagen im Internet sucht und speichert“, erklärt Mentorin Hansen. Anhand dieser Daten werde analysiert, inwieweit die Steuerreduktion an die Kundinnen und Kunden weitergegeben wird.
Spannende Entwicklung
Für ihre Lehre ist die Auseinandersetzung mit den Spritpreisen schon jetzt ein Gewinn. Jedes Semester wird im Kurs „Angewandte Ökonometrie“ eine vorgegebene Fragestellung mit Hilfe einer Statistiksoftware analysiert. „Die Ökonometrie ist ein eher abstraktes Fach. Die Theorie hinter den angewandten Methoden verlangt den Studierenden einiges ab“, schildert Schmerer die Ausgangssituation. „Aber mit aktuellen Daten aus der Praxis ergeben sich total spannende Anwendungen der abstrakten Theorien.
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Gespannt blickt die Projektgruppe nun auf den angekündigten CO2-Zuschlag in Österreich ab Juli und auf das Auslaufen des Tankrabatts in Deutschland Ende August.