Hagen. Viele Hagener fremdeln nach wie vor mit der Fernuniversität. Dabei verortet sich das Institut auch geistig zunehmend in Hagen.
Die Stadt Hagen und die Fernuniversität wachsen enger zusammen. Jüngstes Beispiel der Zusammenarbeit ist eine großzügige Schenkung des Heimatbundes, der der Universitätsbibliothek rund 250 Bücher aus seinem umfangreichen Archiv zur Verfügung stellt.
Die Bände dienen als Anschub-Geschenk für den Aufbau einer Sammlung mit Literatur zur Hagener Geschichte. „Einige Bücher mit regionalem Bezug hatten wir bereits“, so Dr. Jeanine Tuschling-Langewand, Fachreferentin für Geschichte: „Diesen Schwerpunkt wollen wir vertiefen, weil wir unseren Sitz in Hagen haben und nicht irgendwo.“
Lange Zeit haben sich die Hagener schwer getan mit dem Bewusstsein, eine Universitätsstadt zu sein – viele tun das bis heute. Daran ändert weder der Zusatz „Stadt der Fernuniversität“ auf den Ortseingangsschildern etwas noch die Tatsache, dass die 1974 gegründete Bildungseinrichtung zu den größten Arbeitgebern in Hagen gehört. Es fehlen nun einmal die Studenten vor Ort, die eine Stadt mit Präsenz-Universität prägen.
Anknüpfungspunkt für eine enge Zusammenarbeit
Dabei habe es schon immer Bemühungen gegeben, die Fernuni im regionalen Geschehen zu verankern, betont Uni-Sprecher Gerd Dapprich, der seit Jahrzehnten auf dem Campus tätig ist und die Entwicklung der Fernuni aus nächster Nähe verfolgt hat: „Der ehemalige Rektor Helmut Hoyer hat zum Beispiel den Forschungs- und Technologietransfer im Blick gehabt und sich dafür eingesetzt, die regionale Wirtschaft weiter zu bringen.“ Aber es brauche eben seine Zeit, bis ein solches Engagement Fahrt aufnehme.
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Einen Anknüpfungspunkt für eine enge Zusammenarbeit bietet auch die „sehr lebendige Geschichtsszene“ in Hagen. Als solche empfindet Dr. Fabian Fechner, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fernuni am Lehrgebiet Geschichte Europas in der Welt, die Beschäftigung mit historischen Themen in der Stadt. Gemeinsam mit seiner Kollegin Barbara Schneider hat Fechner die Epoche des Kolonialismus in Hagen erforscht und herausgefunden, dass viele Menschen aus dieser Stadt zahlreiche Spuren auf allen Kontinenten dieser Erde hinterlassen haben.
Historiker der Fernuni treten dem Heimatbund bei
Und erst Anfang dieses Monats klärten Stadtheimatpfleger Michael Eckhoff und Jens Bergmann, Vorsitzender des Heimatbundes, auf einem Wochenendseminar Studenten der Fernuni über die Bedeutung der Straßennamen in Hagen auf.
Dabei erfuhren die Studierenden unter anderem, dass sich an den wechselvollen Bezeichnungen der heutigen Straße „Am Hauptbahnhof“, die zuvor Kölner, dann Haupt-, dann Adolf-Hitler- und dann Ebertstraße hieß, einiges über die wechselvolle Hagener Geschichte ablesen lässt. Eckhoff und Bergmann seien jedenfalls um keine Antwort verlegen gewesen, staunte Historiker Fechner, der inzwischen ebenso wie Barbara Schneider dem Heimatbund beigetreten ist.
Hochschule will sich in Hagen stärker verankern
Allmählich sickert die Einsicht um den Standortvorteil einer Universitätsstadt in das Selbstverständnis manchen Hageners mit ein, auch wenn von einer identitätsstiftenden Rolle der Fernuni noch keine Rede sein kann. Auf der anderen Seite möchte sich die Hochschule mit ihren rund 75.000 über ganz Deutschland verteilten Studierenden stärker örtlich verankern. Fachreferentin Tuschling-Langewand betonte diesen Aspekt ganz bewusst, als sie die Buchspende des Heimatbundes in Empfang nahm: „Das sind besondere Bestände, die im Buchhandel nicht mehr erhältlich sind.“
Die Historikerin betonte, dass die Buchbestände der Fernuni nicht nur Studierenden und Wissenschaftlern zugänglich seien: „Wir wollen über das akademische Potenzial hinaus auch die Bürger ansprechen.“ Vielen Hagenern sei wahrscheinlich gar nicht bewusst, dass sie sich als Nutzer registrieren lassen könnten.
So wächst etwas zusammen, von dem man vielleicht irgendwann in der Zukunft einmal sagen wird, dass es zusammen gehört.